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Roundtable zu Nachhaltigkeit und Kosten von Fondspolicen
DAS INVESTMENT: Der BVI hat eine Studie veröffentlicht, demnach Fondsdepots mit Auszahlplan den Leibrenten wie zum Beispiel fondsgebundenen Rentenversicherungen überlegen sind. Was halten Sie davon, Herr Linnemann?
Robert Linnemann: Langfristiges Sparen hat immer einen Vorteil, egal in welcher Form man das macht. Laut unseren Studien und Marktbefragungen verstehen immer mehr Menschen, dass sie fürs Alter etwas tun müssen. Das ist schon mal eine gute Grundvoraussetzung. Für die langfristige Altersvorsorge führt jedoch kein Weg an der Rentenversicherung vorbei, weil nur sie die Langlebigkeit absichert. Darum geht es ja gerade auch in der Diskussion zwischen dem BVI und den Versicherungsverbänden. Die Fondsbranche sieht keine Notwendigkeit für lebenslange Rentenzahlungen. Doch wie wir ja wissen, können viele Menschen nicht immer gut mit Geld haushalten: Am Ende des Geldes ist noch so viel Monat übrig. Und wenn wir auf die Leibrenten verzichten, dann bleibt am Ende der Rente noch sehr viel Leben übrig. Des Weiteren bieten Fondspolicen Kostenvorteile in der Ansparphase: Jedes Mal, wenn ich im Sparplan einen Fonds tausche, entstehen Kosten, etwa durch Steuern und Ausgabeaufschläge. Das hat man bei den Fondspolicen nicht.
Gunnar Boysen: Ja, steuerliche Effekte während der Ansparphase sind ein wichtiges Argument für die Fondspolicen. Hinzu kommen noch andere Vorteile wie die Absicherung der eingezahlten Beiträge mit Garantien, die in einem gewissen Rahmen frei wählbar sind, um Sicherheit und Renditechancen auszugleichen.
Apropos Garantien: Die Allianz gehört zu den Vorreitern, was Fondspolicen mit reduzierten Garantien betrifft. Sie kündigte bereits im Oktober 2020 an, die 100-Prozent-Garantien auf fast alle Lebensversicherungsprodukte abzuschaffen. Anschließend zogen viele weitere Gesellschaften nach. Die Fondspolicen ohne beziehungsweise mit reduzierter Garantie kommen derzeit im Markt gut an. Welches Produkt passt zu wem?
Boysen: Bei der Allianz Leben reicht das Spektrum von Fondspolicen ohne Beitragsgarantie bis hin zu Varianten mit einer Garantie von bis zu 90 Prozent. Wir haben Kunden, die aktiv am Kapitalmarkt teilhaben und ihr Investment selbst steuern möchten. Für diese Gruppe eignen sich Policen mit geringen oder gar keinen Garantien. Andere Kunden bevorzugen eine ausgewogene Mischung aus Sicherheit und Renditechancen. Hier bieten wir die Möglichkeit, das Garantieniveau individuell festzulegen und damit die Aufteilung zwischen Fonds- und Sicherungsvermögen zu bestimmen. Als innovative Ergänzung des Portfolios haben wir noch die Private Finance Police. Diese spezielle Form der Rentenversicherung ermöglicht unseren Kunden die Partizipation an alternativen Anlagen, die in unserem Sicherungsvermögen mit über einem Drittel vertreten sind. Dieses Produkt zielt besonders auf Kunden ab, die neben der Altersvorsorge auch an einer effizienten Vermögensbildung interessiert sind.
Allerdings wollten nicht alle Lebensversicherer in der Niedrigzinsphase auf Garantien verzichten. Die Garantie sei ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal deutscher Lebensversicherer, erklärten 2020/2021 Anbieter wie Ideal und Alte Leipziger. Auch Canada Life bot bis Herbst 2021 Fondspolicen mit der 100-Prozent-Garantie an. Dann hat sie diese angesichts steigender Kosten für den Garantiebaustein angepasst.
Christoph Schröder: In der Vergangenheit haben wir mit unserem UWP-Fonds ein Garantiemodell geschaffen, das ein sehr gutes Rendite-Risiko-Profil aufweist und trotz der heute 90-prozentigen Garantiesumme noch zu 50 Prozent in Sachwerten investiert ist. Aber die Garantie ordnet sich immer der Renditechance unter. Deswegen kamen auch wir nicht daran vorbei, die Mindestgarantie auf 90 Prozent zu reduzieren. Das reicht auch aus. Es gibt Zielgruppen, da ist eine Garantie hoch attraktiv. Für junge Menschen mit langer Ansparphase ist sie aber nicht unbedingt nötig. Rein statistisch braucht man ab einer Laufzeit von 12 bis 14 Jahren keine Garantie. Auf der anderen Seite ist der Deutsche so, wie er ist. Eine fehlende Garantie schreckt viele junge Kunden im ersten Moment oft ab. Dabei muss ein solches Produkt ja nicht zwangsläufig mit einer 100-prozentigen Aktienquote einhergehen. Man kann auch auf deutlich konservativere Anlagestrategien wie zum Beispiel Multi-Asset-Fonds als Core-Investment setzen. Wichtig ist aber, auch innerhalb der Anlageklassen möglichst breit zu diversifizieren. Im Übrigen sind sich viele Kunden gar nicht darüber bewusst, dass sie mit ETFs oft überhaupt nicht ausreichend diversifiziert sind – die Top-Ten-Positionen in den gängigen ETFs bestimmen den gesamten Aktienmarkt.
Nach der Anhebung des Höchstrechnungszinses auf 1 Prozent bieten nun wieder einige Gesellschaften Policen mit 100-Prozent-Garantie an. Herr Schröder, werden solche Produkte künftig an Bedeutung gewinnen?
Schröder: Ja, ich glaube schon, dass solche Garantieprodukte wieder an Bedeutung gewinnen werden. Wir sehen das teilweise auch bei einzelnen Versicherern. Ich persönlich finde das aber nicht gut. Wenn der Markt jetzt wieder auf 100-Prozent- oder weitere Garantien setzt, dann führt das dazu, dass die Produkte nicht attraktiver werden. Ich kann das aus Investmentsicht nicht unbedingt begrüßen. Man würde den Fehler der Vergangenheit einfach noch einmal wiederholen.
Linnemann: Oder man macht es sich dann wieder leicht. Dann heißt es wieder 'Kunden lieben Garantien' und dann glaubt man wieder, dass sich die Produkte von selbst verkaufen. Aber das ist eine Falle.
Boysen: Wir hoffen, dass wir als Gesellschaft nun genug gelernt haben, um zu sagen: Garantien kosten Geld, und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheit und Rendite ist das, was wir haben wollen. Und das ist nicht gleichbedeutend mit der 100 Prozent Beitragsgarantie. Nichtsdestotrotz gibt es bestimmte Zielgruppen und bestimmte Segmente, wie beispielsweise bei der Ablösung von bAV-Zusagen, wo ich die 100 Prozent Garantie brauche. Das geht arbeitsrechtlich gar nicht anders. Wir als Allianz Leben werden das weiterhin anbieten. Aber es ist kein Produkt für die breiten Sparprozesse. Da sind wir auch dafür, dass abgesenkte und angepasste Garantien dort sinnvoll sind.
Andere Versicherer bieten jetzt schon Produkte mit einem höheren Garantiezins an? Plant Ihre Gesellschaft das auch?
Boysen: Bei Allianz Leben haben wir uns dazu positioniert, dass wir bei langfristiger Altersvorsorge in der dritten Schicht bei Privatverträgen den garantierten Rentenfaktor bei hybriden Produkten rückwirkend erhöhen. Das werden wir ab dem ersten Quartal 2025 machen. Ansonsten bleiben unsere Produkte unverändert. Das hat auch gute Gründe: Bei der Konzeption unserer Altersvorsorge führen wir eine Rentenberechnung erst zu Rentenbeginn durch. Da ist es egal, ob man 2024 oder 2025 abgeschlossen hat, wir überprüfen das bei Renteneintritt mit dem dann gültigen Rechnungszins und den sonstigen Rechnungsgrundlagen. Hinzu kommt, dass die Effekte einer Höchstrechnungszinsanpassung auf die Gesamtleistung eher zu vernachlässigen sind.
Linnemann: Das sehen wir bei der Axa genauso. Unsere Verträge sind so konstruiert, dass zum Verrentungszeitpunkt der dann für das Neugeschäft gültige Rentenfaktor zur Ermittlung der Rente herangezogen wird. Das heißt, es findet automatisch mit der Anhebung des Rentenfaktors für Verrentungen ab nächstem Jahr der höhere Rentenfaktor Anwendung.
Reddmann: Wir werden erst zum Ende des Jahres bekanntgeben, welche Maßnahmen in den einzelnen Tarifen ergriffen werden. Allerdings sind wir da auch etwas anders aufgestellt: Unsere Klientel, sowohl im Makler- als auch im Endkundenbereich, besitzt mehr Investmentaffinität und setzt nicht so sehr auf Garantie. Außerdem tun wir jetzt so, als wäre die Rechnungszinserhöhung von 0,25 auf 1 Prozent eine riesige Sache, nur weil es zum ersten Mal seit 30 Jahren passiert. Unterm Strich, bei Laufzeiten von 30 bis 40 Jahren, die bei Altersvorsorge, Vermögensaufbau und Whole Life Policen üblich sind, halte ich diese Diskussion nicht für die richtige. Eine Marketingaktion, dass wir jetzt den erhöhten Höchstrechnungszins in diesem Jahr berücksichtigen, bedarf es meines Erachtens nicht.
Schröder: Canada Life ist nicht von der Thematik der Rechnungszinsen betroffen. Deswegen können wir auch keine Rechnungszins-Erhöhung anbieten. Als reiner Fondspolicen-Anbieter setzen wir konsequent auf die Rendite-Chancen der Kapitalmärkte – falls gewünscht auch mit bedarfsgerechten endfälligen Garantien.