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Globale Aktienmärkte Eine kurzlebige Erholungsphase steht bevor

Shopping in Soho, New York
Shopping in Soho, New York: Das geringste Anzeichen einer Beruhigung bei der Inflation und infolgedessen der Politik der Zentralbanken könnte eine sofortige – vorübergehende – Erholung der Märkte auslösen. | Foto: Imago Images / Levine-Roberts
Geoffroy Goenen, Candriam

Seit Jahresbeginn erleiden die Märkte, darunter insbesondere europäische Aktien, eine heftige Korrektur. Die Marktteilnehmer warten derweil auf den Tiefpunkt, von dem aus sie sich langfristig neu positionieren können. Wir bei Candriam sind davon überzeugt, dass sich die Erholung in drei Phasen abspielen dürfte.

Erste Phase: Value ist Trumpf

Die seit Jahresbeginn zu beobachtende Korrektur an den Märkten resultiert vor allem aus dem starken Anstieg der langfristigen Zinsen in den USA und Europa. Hohe Zinsen belasten die Bewertungen der Unternehmen und drücken in erster Linie auf Qualitäts- und Wachstumstitel. Deren aktueller Wert wird stark beeinflusst, da die zukünftige Bewertung der Cashflows automatisch nach unten korrigiert wird.

Wir erwarten, dass bei einem Anstieg der langfristigen US- und europäischen Zinsen um 100 Basispunkte die Bewertung aller Qualitäts- und Wachstumsaktien um rund 15 Prozent zurückgeht. Auch wenn wir eine kurzfristige Übertreibung bei der Entwicklung der langfristigen Zinsen nicht ausschließen können, sind wir der Überzeugung, dass wir uns dem Höchststand bei den Zinsen nähern.

Grafik: Entwicklung von US-Zinsen und Aktienmärkten

Quelle: Bloomberg, Stand: 14.06.2022

Wir beobachten jedoch, dass viele Titel, die zum Ende des vergangenen Jahres übermäßig teuer geworden waren, heute wieder relativ attraktiv sind. Wenn wir unseren Bewertungsmodellen den sogenannten risikofreien Zinssatz in Höhe von 2,5 Prozent zugrunde legen, erhalten wir ein durchschnittliches Aufwärtspotenzial von rund 20 Prozent für unsere Strategie, die in innovative europäische Aktien (Schlusskurse zum 17. Juni 2022) investiert. Sofern sich die Zinserwartungen unserer Ökonomen bestätigen, halten wir es für sehr wahrscheinlich, dass wir uns dem Ende der ersten Phase des übermäßigen Verkaufs von Aktien nähern. Denn trotz einer Volatilität, die wahrscheinlich anhält, dürften wir in der Nähe des Höchststands der langfristigen Zinsen und der Kerninflation stehen, vor allem in den USA. Die Untergrenze, vor allem bei den Wachstumswerten, könnte daher rasch erreicht werden. Ab dort sollten sie von einem erheblichen Aufwärtspotenzial profitieren.  

Zweite Phase: Das Wachstum kehrt zurück

Auf der einen Seite verstärken die verschiedenen Maßnahmen der Zentralbanken, in erster Linie die Reduzierung ihrer Bilanz, aber auch ihre Zinserhöhungen, die Konjunkturabschwächung. Derweil leiden die meisten Länder unter einem zu hohen Verschuldungs- und Defizitniveau. Daher ist es für die Regierungen äußerst schwierig, das Wachstum in einem solchen Umfeld zu unterstützen. So hat etwa die Biden-Administration große Mühe, ihre Investitionspläne durch die US-Instanzen zu bekommen.

Angesichts der zu erwartenden Konjunkturabschwächung dürften die Unternehmen in den kommenden Quartalen – zusätzlich zu den bestehenden Margenproblemen – mit ernsthaften Ertragsrisiken konfrontiert werden. Erst wenn der Anstieg der langfristigen Zinssätze in den Markt integriert ist, sollten wir wieder einen „normalen“ Gewinnzyklus sehen. Einige Unternehmen werden natürlich kleinere Gewinne einfahren, andere werden sich behaupten. Die großen Gewinner werden diejenigen sein, denen es gelingt, in sich ausweitenden Marktsegmenten zu wachsen.

In einer solchen Marktphase entwickeln sich Wachstumswerte im Allgemeinen überdurchschnittlich, dennoch trennt Selektivität die Spreu vom Weizen. Wir sehen zahlreiche Marktbereiche, in denen sich in den kommenden Jahren Chancen auftun; insbesondere für Unternehmen, die in den Bereichen Energiewende, neue Gesundheitstechnologien, Digitalisierung und Automatisierung der Wirtschaft tätig sind.

Dritte Phase: Startschuss für den neuen Konjunkturzyklus

Der Zeitpunkt für den Beginn dieser dritten Phase dürfte durch den von den Märkten erreichten Tiefstand bestimmt werden. Was das Marktwachstum angeht, sind wir wahrscheinlich (wie bereits erwähnt) nicht weit von einer Talsohle entfernt. Der Nasdaq beispielsweise ist von mehr als 16.000 Punkten auf derzeit 11.000 Punkte gefallen, was uns vermuten lässt, dass die Korrektur bei Wachstumstiteln im Großen und Ganzen hinter uns liegt. Wir könnten eine weitere Übertreibung nach unten beobachten, aber insgesamt dürfte die Unterseite der Drawdown-Phase bald erreicht sein. 

Im Value-Segment erscheinen uns Bergbau- und Erdölunternehmen auf dem aktuellen Niveau sehr teuer. Die Bewertungen spiegeln historisch hohe Rohstoffpreise, die durch vorübergehende Defizite auf Angebotsebene getrieben werden. Angesichts des zu beobachtenden globalen Konjunkturabschwungs, der sich 2023 sicherlich fortsetzen wird, dürften die derzeit teuren Rohstoffmärkte jedoch wieder zu einer Balance finden.

Zudem ist historisch gesehen festzustellen, dass die Märkte, insbesondere die zyklischen Werte, eine neue Phase des Konjunkturzyklus sechs bis zwölf Monate vorwegnehmen. Obwohl das Festlegen eines bestimmten Zeitpunkts weiterhin Schwierigkeiten birgt, erwarten wir dennoch im Zeitraum bis Ende 2023 einen Tiefpunkt der Märkte zu sehen. In der Zwischenzeit ist nicht auszuschließen, dass das geringste Anzeichen einer Beruhigung bei der Inflation und infolgedessen der Politik der Zentralbanken eine sofortige – aber vorübergehende – Erholung der Märkte auslösen könnte. Diese kurzlebige Erholungsphase an der Börse dürfte jedoch lediglich als Chance für Gewinnmitnahmen anzusehen sein – es sollte keinesfalls als Signal für eine echte nachhaltige Konjunkturerholung interpretiert werden.

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