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Bundesbank-Präsident Jens Weidmann im Interview „Eine Pandemie rechtfertigt dies ausnahmsweise“

Jens Weidmann
Jens Weidmann: Der Chef der Bundesbank ist gleichzeitig Mitglied des EZB-Rats. | Foto: Deutsche Bundesbank/Frank Rumpenhorst

Das Interview wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der Initiative Gesichter der Demokratie. Geführt hat es deren Gründer Sven Lilienström.

Herr Weidmann, Sie sind seit dem 1. Mai 2011 Präsident der Deutschen Bundesbank. Welchen Stellenwert haben Demokratie und demokratische Werte für Sie ganz persönlich?

Jens Weidmann: Wir sollten uns hin und wieder bewusstmachen, was für ein Glück es ist, in einer Demokratie zu leben. Umso wichtiger ist es, die Demokratie und ihre Werte zu verteidigen. Für mich persönlich bedeutet Demokratie, dass ich mit beeinflussen kann, wie sich unser Land in Zukunft entwickelt: mit meiner Stimmabgabe bei der Wahl, aber auch durch Engagement als Bürger. Und als Notenbanker ist es mir wichtig, meinen gesetzlichen Auftrag eng auszulegen. Denn die Unabhängigkeit der Notenbank geht Hand in Hand mit einem eingegrenzten Mandat - sonst würden demokratische Rechte ausgehöhlt.

In Ihrer Rede zum 60. Jubiläum der Bundesbank prognostizierten Sie dem Geldinstitut bereits ein 350. Jubiläum – um hinzuzufügen: „Aber wer weiß das schon.“ Warum brauchen wir die Bundesbank?

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Weidmann: Niemand kann so weit in die Zukunft blicken. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Bundesbank ihre Aufgaben noch lange gut erfüllen wird. Die Bundesbank steht für Stabilität in Deutschland und Europa. Als größte Notenbank im Eurosystem trägt sie wesentlich zu einem stabilen Euro bei. In Deutschland leistet sie ihren Teil für ein stabiles Finanzsystem. Und sie arbeitet daran mit, dass der Zahlungsverkehr reibungslos funktioniert.

Die „Gesichter der Demokratie“ setzen sich unter anderem für die Stärkung europäischer Werte ein. Sie sind Mitglied des EZB-Rats. Wieviel Europa steckt in Ihnen und welche Vision für ein geeintes Europa haben Sie?

Weidmann: Ich habe in Frankreich und Deutschland studiert und dabei auch zeitweise bei der Banque de France gearbeitet. Viele in meinem Freundeskreis kommen aus anderen europäischen Ländern oder leben dort. Und schließlich bin ich Teil des Entscheidungsgremiums einer wichtigen europäischen Institution, der EZB. Europa ist weit mehr als nur ein Binnenmarkt, mehr als wirtschaftlicher Wohlstand. Es ist ein Kontinent, der seinen Menschen viele Möglichkeiten eröffnet. Ganz praktisch kann Europa das Leben der Bürgerinnen und Bürger verbessern - durch gemeinsame Lösungen etwa beim Klimaschutz oder bei Fragen der äußeren Sicherheit. Dabei ist es wichtig, dass die demokratischen Strukturen gewahrt werden. Denn Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit prägen Europa als Friedens- und Wertegemeinschaft.