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Larry Fink auf der BlackRock-Konferenz 2021 „Eine ungleiche Welt macht mir Angst“

Forst-Programm im Norden der USA
Forst-Programm im Norden der USA: Auf der Blackrock-Konferenz 2021 konnten Kunden direkt etwas für mehr Nachhaltigkeit tun. Für jedes ausgefüllte Feedback-Formular werden fünf Bäume gepflanzt. | Foto: Imago Images / Cavan Images

Ende September hielt Blackrock zwei Tage lang die virtuelle Blackrock-Konferenz 2021 ab. Mit dabei waren eine Vielzahl von Analysten, Fondsmanagern und Fachexperten, die sich über die Entwicklung der Märkte austauschten. Den prominentesten Beitrag steuerte der Blackock-CEO Larry Fink bei. Der Gründer des Vermögensverwalters war von zu Hause aus zugeschaltet und beantwortete Fragen von Wei Li, Chef-Investmentstrategin des Blackrock Investment Institute.

Li nahm die Sicht der Anleger ein, von denen viele von Sorgen des zu späten Einstiegs (Fear of missing out, FOMO) geplagt seien, während andere der Taktik des mutigen Zugreifens in Schwächephasen des Marktes (Buy the dip, BTD) folgen würden. Sie wollte von Larry Fink wissen, in welche Richtung sich die Weltwirtschaft weiter entwickeln dürfte.

Larry Fink, CEO von Blackrock
(Bild: Imago Images / Xinhua)

„Die Weltwirtschaft wird in Abhängigkeit der Verfügbarkeit von Impfstoffen vorankommen“, gab Fink zu verstehen. „Solange die globale Durchimpfung nur ungleichmäßig vorankommt, werden wir weiterhin Ungleichgewichte sehen.“ Die Welt müsse zusammenfinden, um benachteiligten Ländern rasch im ausreichenden Maß Impfstoffe zur Verfügung zu stellen. Medizinern zufolge gebe es durch die vielerorts ungehinderte Ausbreitung der Pandemie, die zu Mutationen führt, bereits fünf neue nachgewiesene Virusvarianten. „Wir werden nicht Monate, sondern noch viele Jahre mit dem Virus leben müssen. Solange nicht rasch geimpft wird, werden sich die globalen Ungerechtigkeiten weiter verschärfen.“

Gut hätten sich in den vergangenen Monaten China und die USA entwickelt; die US-Notenbank müsste ihre Stimuli bereits zurücknehmen. „In den Vereinigten Staaten droht dauerhafte Inflation, der Preisschub ist nicht temporär. Die Rückverlagerung von wichtigen Produktionsbereichen und die gestörten Lieferketten heizen diese Entwicklung an.“ Finks Fazit zum Fortkommen der Weltwirtschaft: „Wo geimpft wird, wächst die Wirtschaft, wo nicht, werden die Schwierigkeiten nicht geringer.“ Die Welt müsse zusammenfinden, doch dieser Wille zu entschlossener Gemeinsamkeit, der die Ungleichheiten bei der Impfstoffversorgung abstelle, sei nicht zu erkennen. Der 68-Jährige dazu: „Eine ungleiche Welt macht mir Angst.“

Gute Investmentaussichten für Europa

Chef-Investmentstrategin Wei Li fragte Fink nach seinen Eindrücken aus Europa, wohin es ihn auf seiner ersten Reise nach der Pandemie gezogen hatte. Fink zeigte sich optimistisch für die Region, speziell für Italien, Deutschland und Frankreich. „Mario Draghis Zuversicht hilft Italien. Zwar ist Frankreichs Volkswirtschaft bereits über das Niveau vor Corona hinausgewachsen, doch Italien könnte diesen Sprung bis 2024 ebenfalls schaffen. In Deutschland kommt die E-Mobilität gut voran und auch andere Innovationen beeindrucken. Europa ist daher jetzt ein sehr guter Ort für Investments – nicht zuletzt, weil die US-Bewertungen bereits stark gestiegen sind. Hier erscheint ein höheres Exposure sinnvoll.“

Drei Millionen neue Aktienanleger in Deutschland

Fink betonte insbesondere auch neue Investorentrends ins Deutschland: Es zeige sich eine Demokratisierung des Aktienbesitzes. Drei Millionen neue Anleger seien ein gutes Zeichen, das Hoffnung mache. Die Menschen würden erkennen, dass sie für ihren Wohlstand im Alter Vorsorge tragen müssten. „Europa hat traditionell per Sparbuch gespart, es ist ein Kontinent des Pessimismus, weil hier zwei Weltkriege wüteten. Viele Menschen trauen hier nicht dem langfristigen Blick in die Zukunft. Ihre Psyche steht ihnen im Weg, ihre von der Geschichte herrührende Prägung suggeriert ihnen immer noch, dass das Bankkonto am sichersten sei. Mit Branchenkollegen habe ich in den vergangenen Jahrzehnten viel darüber gesprochen.“ Doch jetzt beginne sich diese Einstellung fundamental zu ändern. Der Fokus liege inzwischen auf Wachstum und Zukunft. „US-Investoren haben einen viel längeren Blick über die Zeiten. Die hier seit Beginn der Industrialisierung gewachsene und gelebte Anlegerkultur mit ihrem Wissen um die Chancen von langfristigen Investments setzt sich jetzt allmählich auch in Europa durch“, führte Fink aus.

Der Trend zur Kapitalanlage an den Märkten werde Europa verändern. Die neue Kultur der Beteiligung an den globalen Produktivkräften des Wachstums werde mehr Kapital in den Ausbau von Infrastrukturen und in innovative, gut aufgestellte Firmen lenken. „Das führt automatisch zu mehr Wachstum. Wenn der Trend der Kapitalanlage in Mutual Funds und ETFs anhält, werden sich langfristiges Wachstum und Wohlstand einstellen.“

Klimarisiken sind Investmentrisiken

Gefragt wurde Fink auch danach, wie Anleger ihren Beitrag leisten können, um CO2-Neutralität erreichen. „Klimarisiken sind Investmentrisiken“, betonte der Blackrock-Chef. „Deshalb müssen die Unternehmen ihre Berichterstattung noch weiter verbessern. Die Unternehmen stehen vor gewaltigen Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit. Wir müssen sicherstellen, dass die großen Unternehmen mit Hilfe ihrer Aktionäre und Stakeholder hier vorankommen. Gleichzeitig ist aber auch die durch die Umbrüche entstehende Inflation im Blick zu behalten. Die äußerst energieintensive Herstellung von Zement und Stahl muss neu gedacht werden. Doch gerade auch aus dieser Umbruchsituation heraus ergeben sich gewaltige Investmentchancen: Die nächsten 30 ,Einhörner‘ könnten Unternehmen sein, die mit neuen Technologien die Nachhaltigkeitsbestrebungen der Welt voranbringen. Wir brauchen daher nicht noch einen Lieferdienst, sondern zukunftsweisende Nachhaltigkeitsideen. Einiges tut sich hier bereits: Wir sind Zeuge der Anfänge einer neuen Transformation an den Kapitalmärkten, die von möglichst exakten Daten und Informationen getrieben sein wird. Auf diese Weise können wir Investoren sowohl den Unternehmen als auch unseren Kunden gegenüber argumentieren: Klimarisiken sind Investmentrisiken.“

Mit China sollte man weiterhin rechnen

Auf die Frage, wie er die Zukunftschancen von China beurteile, gab Fink zur Antwort: „Ich bin sehr optimistisch. Mit Blick auf die zuletzt stark unter Druck gekommenen Tech-Aktien ist jetzt ein guter Einstiegszeitpunkt. Chinesische Unternehmen müssen allerdings bei der Bilanzierung zu den USA und Europa aufschließen. In China ergeben sich jetzt großartige Chancen. In Abständen rekalibriert das Land seine Wirtschaftsstrukturen, so wie wir es jetzt gerade erleben. Die Regierung will das Wirtschaftssystem des Landes auf eine breitere Basis stellen, um das Rentensystem zu stärken. Sparer sollen zu Investoren werden und in führende, stabile Unternehmen in China investieren. Die aktuelle Regulierungswelle ist ein Marsch nach vorn und kein Rückzug. China ist weiterhin abhängig von ausländischem Kapital und Peking weiß: Je schneller der Binnenmarkt entwickelt werden kann, desto besser für das Land.“ Anlegern gab Fink einen Tipp mit auf den Weg: „Wer in China untergewichtet ist, wird es bedauern.“

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