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Einmal QE, immer QE Japanische Zinsverhältnisse im Euroraum

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Ausgangspunkt ist eine Situation, in der die Geschäftsbanken Wertpapiere (Staatsanleihen) in Höhe von 100 und Basisgeld in Höhe von 100 auf der Aktivseite sowie gleichzeitig auf der Passivseite Giroguthaben der Kunden (Geldmenge M1) in Höhe von 200 ausweisen (siehe Beispiel 1).



Nehmen wir an, die Zentralbank kauft den Banken Staatsanleihen in Höhe von 100 ab und bezahlt mit neuem Basisgeld. Die Bilanz der Zentralbank verlängert sich dadurch um 100. In der Bilanz der Banken gibt es einen Aktivtausch: Wertpapiere nehmen um 100 ab, das Basisgeld steigt in Höhe von 100. Die umlaufende Geldmenge M1 ändert sich dadurch nicht.

Der Staat muss nun Zins- und Tilgungszahlungen auf seine Anleihen leisten (siehe Beispiel 2). Nachdem die Zentralbank die Papiere gekauft hat, erhält sie die die Zins- und Tilgungszahlungen. Nehmen wir an, die Laufzeit der Anleihe beträgt ein Jahr und die Zinsen betragen 5 Prozent jährlich, so dass sich die Überweisung für Zins und Tilgung auf 105 beläuft.



Überweist der Staat 105 an die Zentralbank, sinkt die Basisgeldmenge um 105 (auf 95), gleiches gilt für die Geldmenge M1. Die Zentralbankbilanz verkürzt sich entsprechend um 105 (auf 95). Mit anderen Worten: Die Zins- und Tilgungszahlungen, die der Schuldner leistet, wirken deflationär: Sie verringern die umlaufende Geldmenge M1 – und in der Folge vermutlich auch die Preise.

Die Zentralbank muss also, wenn sie ein Schrumpfen der Geldmenge M1 verhindern will, mit den erhaltenen Zins- und Tilgungszahlen neue Wertpapiere kaufen. Dabei reicht es nicht aus, wenn sie von Banken die Papiere kauft! Die Zentralbank muss Wertpapiere von Nichtbanken (Versicherungen, Pensionskassen et cetera) kaufen. Nur wenn die Zentralbank von Nichtbanken kauft, kann sie die Geldmenge M1 direkt erhöhen.

Eine QE-Politik läuft daher letztlich darauf hinaus, dass die EZB die Neuemissionen der Staaten kauft: Den Staaten würde der Kaufpreis auf deren Konten überwiesen – und wenn die Staaten das neu geschaffene Geld ausgeben (für Lohn- und Auftragszahlungen), erreicht es die Konten der Nichtbanken. Die QE-Politik führt also in die monetäre Staatsfinanzierung. In der Währungshistorie ging das bekanntermaßen stets zu Lasten des Geldwertes.

Dauerhafter Abwärtsdruck auf die Zinsen

Sollte die EZB zu QE greifen, würde auch noch die letzte große Zentralbank der Welt zu einem bedeutenden Nachfrager auf den Anleihemärkten. Die Folge wäre ein dauerhafter Abwärtsdruck auf die Renditen, nicht nur im Euroraum, sondern weltweit.

Wenn die EZB in das QE einsteigt, wird es um sehr große Beträge gehen. Man bedenke nur: Der Euro-Bankenapparat – und den will die EZB mit QE „retten“ – ist der weltweit größte mit einer Bilanzsumme von etwa 30.500 Milliarden Euro (zum Vergleich: Die Bilanzsumme des US-Bankenapparates beläuft sich umgerechnet auf nur 19.500 Mrd. Euro).

Sinkende Euro-Zinsen haben das Potenzial, die Zinsen in anderen Währungsräumen ebenfalls nach unten zu ziehen; etwa dadurch, dass Euro-Investoren ihre Nachfrage nach Anleihen in anderen Währungsräumen ausweiten (was dazu beitragen sollte, den Euro-Wechselkurs zu schwächen). Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich im Euroraum japanischen Zinsverhältnisse einstellen.

Übrigens: Selbst wenn zum Beispiel die amerikanische Zentralbank (Fed) ihre monatlichen Anleihekäufe weiter zurückführt, bedeutet das noch keinen Ausstieg aus den Anleihekäufen. Solange die Fed die gekauften Anleihen nicht wieder verkauft (was derzeit und auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist), wird sie die erhaltenen Zins- und Tilgungszahlungen zu neuen Wertpapierkäufen einsetzen müssen: Solange der Zins nicht null Prozent ist, wird sie ihre Netto-Anleihenachfrage sogar ausweiten müssen.

Schlussfolgerungen

Aus den voranstehenden Überlegungen lassen sich einige Schlussfolgerungen für die Geldanlage ziehen:

(1) Die Euro-Anleihe- und Aktienmärkte erhalten einen „Draghi-Put“, sobald die EZB zu QE greift (vermutlich in der zweiten Jahreshälfte 2014); die „Crash“-Gefahr ist vermutlich heute schon begrenzt.

(2) Mit neuerlichen „Spekulationsblasen“ ist zu rechnen; (Vermögenspreis)Inflation, nicht Deflation ist und bleibt die zentrale Bedrohung für das Geldvermögen.

(3) Anlegern in Festverzinslichen drohen reale Vermögensverluste, weil die Zinsen niedriger sein werden als die Inflation.

(4) Das Aufwertungspotential des Euro dürfte ausgeschöpft sein, mit einem wieder stärkeren US-Dollar kann gerechnet werden.

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