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Von in BaFinLesedauer: 5 Minuten
Symbolbild für eine Insolvenz
Ohne neuen Rückversicherer scheint der Gang in die Insolvenz für Element unvermeidlich. | Foto: Midjourney

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat einen Insolvenzantrag für das Insurtech Element gestellt. Das geht aus einem heute Mittag veröffentlichten Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg hervor (Az. 36e IN 8660/24).

Auf Nachfrage von DAS INVESTMENT bestätigte die Aufsichtsbehörde den Vorgang: „Gemäß § 312 VAG kann der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Versicherungsunternehmens nur von der Bafin gestellt werden.“ Zu den Gründen für ein Insolvenzverfahren wollte sich ein Bafin-Sprecher indes nicht äußern.

Vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt

Der Vorgang findet sich bereits im Insolvenzregister wieder. In dem dortigen Eintrag steht betreffs Element im Wortlaut folgende Anordnung: „1. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einschließlich der Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung gegen die Schuldnerin werden untersagt, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind; bereits begonnene Maßnahmen werden einstweilen eingestellt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wird Herr Rechtsanwalt Friedemann Ulrich Schade (...) bestellt.“

Schade ist Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht. In einer ersten Stellungnahme erklärte er, dass der Geschäftsbetrieb unter der vermögensrechtlichen Aufsicht des vorläufigen Insolvenzverwalters weiterlaufen soll. „Ich werde mir jetzt zusammen mit meinem Team einen Überblick über die aktuelle Lage der Element Insurance AG verschaffen. Die Löhne und Gehälter der rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind über das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit gesichert“, sagte er.

Drohende Insolvenzgefahr wurde nicht thematisiert

Überraschend kommt die Bekanntmachung nicht. Branchenkenner hatten gegenüber DAS INVESTMENT die Befürchtung eines möglichen Element-Aus bereits geäußert. Nach Recherchen unserer Redaktionen bestehen offensichtliche Mängel in der Risikobewertung und es gab fragwürdige Praktiken in der Personalpolitik.

Pikant ist auch: Laut eines aktuellen Berichts des „Manager Magazin“ erfolgte der Gang zum Insolvenzrichter bereits Anfang der Woche. Das ginge aus Investorenkommunikation hervor. Erst gestern hatte die Element vertretende Kanzlei Höcker gegenüber DAS INVESTMENT mitgeteilt, dass das Unternehmen zu gegebener Zeit eine Stellungnahme abgeben werde.

Von einer Insolvenzgefahr, nach der unsere Redaktion bereits vor Weihnachten gefragt hatte, war weiterhin keine Rede. Zu diesem Zeitpunkt war von der Bafin ein Neugeschäftsverbot verhängt worden.

Zweistelliger Millionenbetrag war nicht aufzubringen

Krisenauslöser war der Absprung des Rückversicherers Hannover Rück Ende vergangenen Jahres. Das „Manager Magazin“ verweist auf einen Insider: Demnach habe die Aufsicht dem Versicherer bereits im Nacken gesessen, um schnellstmöglich einen zweistelligen Millionenbetrag aufzutreiben. Das kurzfristig benötigte Kapital habe das Start-up jedoch offenbar nicht aufbringen können. Die Investoren, die schon mehrfach nachgeschossen hatten, standen offenbar nicht mehr bereit, heißt es in dem Bericht. Letztlich sei als scharfes Schwert der Behörde nur noch der Neukundenstopp geblieben.

Offene Fragen für Kunden

Negativ betroffen von der Entwicklung dürften neben den Assekuradeuren, die mit Element zusammenarbeiten und sich zu Anfragen von DAS INVESTMENT nicht äußern wollten, auch die Kunden sein. Das Insolvenzverfahren von Element wirft insbesondere Fragen zu laufenden Schadenregulierungen oder ausstehenden Rückzahlungen auf.

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Verfügt das Insurtech noch über ausreichend liquide Mittel, könnten Schadenregulierungen mit Zustimmung des Insolvenzverwalters noch durchgeführt werden. Ist dies nicht der Fall, müssen Kunden ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden.

Einen Sicherungsfonds wie bei Lebensversicherungen gibt es nicht. Denkbar wären auch Schadensersatzansprüche, falls Hinweise auf Fehlverhalten oder Pflichtverletzungen des Unternehmens vorliegen. Das könnte für Betroffene allerdings langwierige und teure juristische Auseinandersetzungen mit sich bringen.

Investor muss wohl Kapital abschreiben 

Negativ betroffen sind auch die Investoren. Nach einer Recherche der „Wirtschaftswoche“ schrieb einer der größten Geldgeber, das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin, zur finanziellen Lage: „Wird 2024 besser für uns als 2023? Das muss man wohl mit einem klaren Nein beantworten.“ Im Vorjahr hatte es bereits Abschreibungen auf verschiedene Beteiligungen im zweistelligen Millionenbereich gegeben.

Anders könnte es bei der Signal Iduna aussehen. Der Versicherer hat laut eines Berichts von „Versicherungswirtschaft heute“ mit seinem Risikokapitalfonds Signals Venture Capital offenbar rechtzeitig die Reißleine gezogen. Das Unternehmen war zuletzt mit knapp 13 Prozent bei Element beteiligt. Man ist „nicht mehr an Element beteiligt“, sagte ein Konzernsprecher. (Aktualisierung am 10. Januar).

 

Einstiger Hoffnungsträger unter den Digitalversicherern

Element galt einst als einer der größten Hoffnungsträger der Insurtech-Szene. Die Berliner hatten als eines der wenigen Start-ups eine Versicherungslizenz der Bafin. Gut 150 Millionen Euro steckten institutionelle und private Geldgeber in die Firma.

Element fungiert als Risikoträger und baut als White-Label-Versicherer Policen unter der Marke von Partnerunternehmen, die diese an ihre eigene Klientel verkaufen. Mehr als 200.000 Verträge zählten die Berliner zwischenzeitlich, bei einem Umsatz von zuletzt 50 Millionen Euro.

Dabei wurde aber im Versicherungsgeschäft auch ein Verlust von 24,4 Millionen Euro eingefahren. Auch nach Abrechnung mit dem Rückversicherer lag das Minus noch bei 19,6 Millionen Euro. An der Entwicklung vermochte auch die ehemalige Axa-Vorständin Astrid Stange, die vor gut zweieinhalb Jahren das Ruder bei Element übernahm, nichts zu ändern.

Sinnbild der Insurtech-Krise

Die Entwicklung fügt sich ein in eine schon seit längerem andauernden Krise der Insurtech-Szene in Deutschland. Aus 32 Neugründen im Jahr 2018 wurden null im vergangenen Jahr. Der Digitalversicherer Coya hat bereits aufgegeben. Der einstige Branchenstar Wefox produzierte im Vorjahr permanent Negativschlagzeilen und erfährt derzeit einen beispiellosen Schrumpfkurs.

Nach jahrelangem Wachstumskurs wollten viele der einstigen Start-ups endlich in der Gewinnzone. Gelungen ist das freilich bisher fast keinem. Auch wenn die Player, wie auch Element, manche Innovationen in die Branche gebracht haben, die großen Heilsversprechen einer Revolution des Versicherungsmarktes konnten sie nicht erfüllen.

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