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Pläne zur Elementarschadenversicherung: Das denkt die Branche

Die Reaktionen kommen langsam und vereinzelt – für die zukünftigen Koalitionäre ist dies wahrscheinlich ein gutes Zeichen. Entscheidungen, die zu Aufregern taugen, werden anders kommentiert als aktuell die sich abzeichnenden Pläne zur Elementarschadenversicherung. Vergangene Woche war mit Bezug auf ein Arbeitsgruppenpapier aus den Koalitionsverhandlungen bekannt geworden, dass sich Union und SPD über eine verpflichtende Elementarschadenversicherung geeinigt hätten.
Auch DAS INVESTMENT zitierte aus dem Papier: „Wir führen ein, dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten wird, und im Bestandsgeschäft sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden. Dabei prüfen wir, ob dieses Modell mit einer Opt-Out-Lösung zu versehen ist. Um eine langfristige Rückversicherbarkeit sicherzustellen, führen wir eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden ein. Die Versicherungsbedingungen werden weitgehend reguliert.“
GDV sieht gute Basis und ungeklärte Fragen
Unmittelbar meldete sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zu Wort. Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen nannte den Text eine gute Basis „für einen ganzheitlichen Ansatz mit wirksamer Prävention und einer engen Zusammenarbeit zwischen Staat und Versicherern – insbesondere die Überlegungen zum Opt-out bei einer Pflichtversicherung.“ Aber: „Die Details einer Rückversicherungslösung müsste man sich im Gesetzgebungsverfahren genau ansehen, da erscheint vieles offen zu sein.“
Versicherer: Zweifel bei der ALH-Gruppe
Mittlerweile äußerten sich auch einige Branchenunternehmen, die derzeit ihre Geschäftsergebnisse für das Vorjahr auf breiter Front der Öffentlichkeit vorstellen. So begrüße die Versicherungskammer Bayern die Pläne aus dem politischen Berlin, wie es in einem Bericht des Branchendienstes „Versicherungsmonitor“ heißt. Der Versicherer, der einen Großteil der Risiken in Bayern versichert, hatte 2024 erneut mit hohen Elementarschäden zu kämpfen, vor allem durch Überschwemmungen.
Kritischer sieht es offenbar die ALH-Gruppe. Vorstandsmitglied Kai Waldmann sagte bei der Jahrespressekonferenz des Konzerns, dass es einerseits positiv sei, dass die Politik das Thema endlich ernsthaft diskutiere. Andererseits dürfe eine Pflichtversicherung nicht zu einer „Entlastung der Lokalpolitik aus der Verantwortung“ führen. Denn solange neue Baugebiete weiterhin in Überschwemmungsgebieten ausgewiesen würden, sei jede Form der solidarischen Risikoübernahme durch die Versicherungswirtschaft kontraproduktiv. Es müsse klare Vorgaben zur Klimaanpassung und Raumordnung geben, wenn eine Pflichtversicherung überhaupt funktionieren solle.
Vermittlerverband mit weitgehender Zustimmung
Der Bundesverband Deutscher Versucherungskaufleute (BVK) äußert sich derweil postiv in einer
ersten Bewertung zu demn Plänen der Koalitionsarbeitsgruppe. „Vor dem Hintergrund der sich häufenden Hochwasserkatastrophen im Zuge des Klimawandels und dem dann immer wieder aufwallenden Ruf nach staatlicher Hilfe für Flutopfer begrüßen wir diesen konstruktiven Vorschlag, der auch weitestgehend unserer Forderung entspricht“, sagt PVK-Präsident Michael H. Heinz.
Der BVK plädiert dafür, die noch diskutiert Abwahlmöglichkeit des Produkts als Zusatz zur Wohngebäudeversicherung nur nach vorhergehender Beratung durch Vermittler über das damit verbundene Deckungsrisiko zu ermöglichen. Heinz weiter: „Privatwirtschaftliche Lösungen unter Einbeziehung der Vermittler können in der Regel auch schneller und unkomplizierter umgesetzt werden als staatliche Obligatorien. Für eine langfristige Rückversicherbarkeit halten wir eine staatliche Rückversicherung daher für zielführend.“
Bund der Versicherten sieht keine echte Pflichtversicherung
Der Verbraucherschutzverein Bund der Versicherten (BdV) stellte fest, dass die Pläne keine echte Pflichtversicherung darstellen. Dennoch gehe das Vorhaben in die richtige Richtung. „Deutschland hängt bei der Naturkatastrophenabsicherung hinterher – wie bei vielen anderen infrastrukturellen Themen auch. Wir diskutieren seit einem Vierteljahrhundert über eine sinnvoll ausgestaltete und vor allem auch flächendeckende Elementarschadendeckung. Es braucht eine Hauruckaktion, um den Rückstand aufzuholen“, sagt BdV-Vorstand Stephen Rehmke.
Es sei essenziell, zügig eine hohe Versicherungsdichte zu erreichen, um die Risiken möglichst breit und tragfähig zu verteilen. Wie erfolgreich die Pläne der Koalitionspartner sein werden, hänge unter anderem davon ab, wie ein Mindeststandard für den Elementarschutz in den Versicherungsbedingungen definiert werden soll– insbesondere hinsichtlich Leistungsvoraussetzungen, Deckungsumfang, Selbstbeteiligungen und Prämiengestaltung.
Dass die Partei prüfen, ob Versicherte über eine Opt-Out-Lösung den Elementarschutz auch ablehnen können, birgt aus BdV-Sicht die Gefahr, dass zu viele Eigentümer auf eine Absicherung verzichten, wenn der geplante gesetzliche Mindeststandard dann nicht überzeugt. „Es gibt bessere Lösungen, als lediglich den Abschluss einer marktgängigen Elementarversicherung verpflichtend zu machen“, sagt Rehmke. Es brauche ein flächendeckendes Konzept, das Versicherungs-, Präventions- und staatliche Schutzmaßnahmen miteinander verknüpft und integraler Bestandteil einer staatlich getragenen Klimafolgenanpassung sein sollte.
Mehr staatliche Beteiligung – aber auch öffentlich-private Partnerschaften
Positiv zu bewerten sei die Absicht, dass auch der Staat mehr in die Verantwortung gehen soll. Die staatliche Prävention dürfe sich allerdings nicht darauf beschränken, überschwemmungsbedrohte Gebiete aus den Bebauungsplänen zu streichen. „Wir brauchen öffentlich-private Partnerschaften, in denen Maßnahmen koordiniert werden, mit denen man Katastrophenschäden eindämmen und so den Versicherungsschutz bezahlbar halten kann. Über den verpflichtenden Abschluss einer Elementarversicherung können dem Staat Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, die er zweckgebunden in Präventionsmaßnahmen stecken kann“, sagt Rehmke.
Die Lobbyisten machen sich in einem Positionspapier für ein kollektives Pflichtsystem zur Absicherung von Elementarschäden über einen öffentlich verwalteten Risikopool stark. Dieses System soll laut BdV von den Bundesländern zusammen mit der Versicherungswirtschaft in einem „Public-Private-Partnership“ bereitgestellt und durch einen Zuschlag auf die Grundsteuer finanziert werden.