


Knapp drei Jahre nach der bislang teuersten Naturkatastrophe für die Versicherer hierzulande (siehe Grafik unten), bekräftigt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) seine Forderungen zum Katastrophenschutz. Aktuellen Anlass hierfür bietet, dass die Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über Konsequenzen aus den Hochwassern beraten wollen. Konkret geht es dann um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. Sie werden beispielsweise durch Hochwasser, Stürme oder Erdrutsche verursacht und sind nicht standardmäßig von allen Wohngebäude-Policen abgedeckt.

Elementarschäden: Pflichtversicherung wird Chefsache
Erst am Freitag hatte der Bundesrat einen weiteren Entschließungsantrag zu dem langjährigen Streitthema verabschiedet. Darin wird die Bundesregierung erneut aufgefordert, einen geeigneten Vorschlag zu machen, wie eine bundesweite Pflichtversicherung gegen solche Elementarschäden eingeführt werden kann. Die Landesregierungen verweisen auf die jüngsten Extremwetterereignisse und die dadurch ausgelösten Großschäden. Obwohl 99 Prozent der Immobilien in Deutschland per Wohngebäudeversicherung abgesichert sind, ist nicht einmal die Hälfte auch gegen Elementarschäden versichert (siehe Grafik unten).

Vermittlerverband für privatwirtschaftliche Lösung
Das will auch der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) ändern – aber auf privatwirtschaftlichem Weg, wie es in einem heute verbreiteten Statement heißt. Der Vermittlerverband verweist auf eine erfreuliche Tendenz: „Die Durchdringung der Elementarschadenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland wächst kontinuierlich an.“ Im Jahr 2010 waren demnach erst etwa 30 Prozent der Immobilien entsprechend abgesichert. Und: „Der Einschluss der Naturgefahrenversicherung im Neugeschäft ist mit etwa 75 bis 80 Prozent hoch. Die Mitglieder des BDVM raten ihren Kunden stets zum Abschluss einer Elementargefahrendeckung, was in aller Regel auch erfolgt.“
Dagegen schaffe eine Pflichtversicherung mehr Probleme, als sie löst, steht für den BDVM fest. „Anstelle einer Pflichtversicherung, deren Kontrolle für die 20 Millionen Wohngebäude zudem einen immensen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen würde, sollte das auf Information der Bürgerinnen und Bürger, Prävention (baulicher Schutz vor Hochwasser und Starkregen, keine Neubauten in Überschwemmungsgebieten) und privatwirtschaftlicher Versicherung bestehende System konsequent weiter vorangetrieben werden.“
Versicherer fordern mehr Hochwasserschutz
Hierin stimmen die Vermittler mit dem GDV überein, der anlässlich der anstehenden Entscheidung am Donnerstag seine Forderung nach mehr Klimafolgenanpassung und Hochwasserschutz wiederholte. Eine alleinige Elementarschadenpflichtversicherung reicht aus Sicht der Versicherer nicht aus: „Naturkatastrophen verschonen Häuser doch nicht, nur weil sie versichert sind. Es kommt darauf an, die Menschen und ihren Lebensraum vor Wetterextremen zu schützen“, sagte die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja-Käfer-Rohrbach am Dienstag in Bad Neuenahr. „Wir sehen hier, dass viel gebaut und saniert wurde. Aber wie viele andere Orte in Deutschland ist das Tal heute immer noch wenig geschützt. In vielen Regionen in Deutschland liegen Extremwetter-Katastrophen auf Wiedervorlage.“
Forderungskatalog mit fünf Punkten
Deutschlands Versicherer haben einen Forderungskatalog für umfassenden Naturgefahrenschutz vorgelegt. Unabhängig von einer möglichen Versicherungspflicht in der Zukunft sollten demnach die folgenden fünf Punkte berücksichtigt werden: Erstens solle es ein bundesweites Naturgefahrenportal für transparente und offene Information über Risiken, Gefahren und Möglichkeiten der Prävention für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer geben. Zweitens müsse man bestehende Regelwerke zur Prävention und Anpassung an den Klimawandel konsequenter anwenden, Schutzmaßnahmen vorantreiben und hinreichend finanzieren. Drittens sei die Gesetzgebung in Bezug auf dem Klimawandel angepassten Planen, Bauen und Sanieren anzupassen. Viertens fordert der GDV einen konsequenten Baustopp für Neubauten in Überschwemmungsgebieten und fünftens die Entsiegelung von Flächen.
Als milderen Eingriff des Staates und Alternative zu einer Versicherungspflicht befürwortet der GDV, dass neue und bestehende Gebäudeversicherungen ab einem bestimmten Stichtag automatisch auch den Elementarschutz umfassen sollten – sofern die Kunden dem nicht ausdrücklich widersprechen. Dieses Opt-Out-Verfahren unterstützt neben dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) auch der BDVM.
BDVM will Versicherungssteuer auf Elementarbaustein senken
Außerdem fordert der Maklerverband, die Versicherungssteuer auf den Elementarbaustein massiv zu senken oder sogar ganz abzuschaffen. Der Staat verdiene bereits an der Umsatzsteuer für die Schadenbehebung bei Privathaushalten nach Unwetterereignissen. „Eine Absenkung / Abschaffung der Versicherungssteuer auf den Elementarversicherungsschutz würde die weitere Verbreitung der Naturgefahrenversicherung ebenso unterstützen wie auch eine klare Kommunikation, dass nach Naturkatastrophen keine finanziellen Unterstützungen in Form von Soforthilfe, sondern nur noch Härtefallregelungen im Einzelfall geleistet werden“, heißt es vom BDVM.