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Aktualisiert am 15.10.2018 - 16:09 UhrLesedauer: 5 Minuten
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Emerging-Markets-Anleihen Wie Anleger jetzt die Bewertungsabschläge nutzen

Kirstie Spence, Anleihenportfoliomanagerin Capital Group: „Aktive Manager, die stark im Research sind, finden jetzt viele Einstiegsgelegenheiten in den Emerging Markets.“
Kirstie Spence, Anleihenportfoliomanagerin Capital Group: „Aktive Manager, die stark im Research sind, finden jetzt viele Einstiegsgelegenheiten in den Emerging Markets.“

In diesem Jahr waren die Emerging Markets bislang sehr volatil. Zwar halten wir die Bewertungen noch immer für attraktiv, doch behalten wir drei Dinge und ihre möglichen Folgen für andere Schwellenländer genau im Blick.

1. Handelskonflikte

Weltweit nehmen die Handelskonflikte zu. Immer mehr Länder regieren mit Revanchezöllen auf die US-Handelspolitik. Dazu zählen neben der EU und Kanada wichtige Emerging- Market-Länder wie Russland, Mexiko, die Türkei und China. Besondere Sorgen macht China, wegen der Größe seiner Volkswirtschaft und der Abhängigkeit vieler anderer Schwellenländer von der chinesischen Nachfrage. Die direkten Folgen dürften sich in Grenzen halten, außer in Sektoren wie Elektronik und IT-Technik, die die USA ins Visier genommen haben. Allerdings hängen die Schwellenländer stark vom Welthandel ab. Weniger Exporte und eine Verschlechterung der Marktstimmung würden den Emerging Markets insgesamt schaden.

2) US-Dollar-Aufwertung und steigende US-Zinsen

Sowohl Emerging-Market-Aktien als auch Emerging-Market-Anleihen sind wachstumsabhängig; die Kombination aus höheren US-Zinsen und einem stärkeren Dollar hat dem Weltwirtschaftswachstum meist geschadet. Und doch gibt es Grund zu der Annahme, dass die Folgen diesmal weniger gravierend sind als früher. Doch bislang hat eine US-Dollar-Aufwertung den Emerging Markets vor allem aus drei Gründen geschadet:

  • Die Emerging-Market-Währungen waren meist an den US-Dollar gebunden, sodass sie bei einer Dollaraufwertung ebenfalls aufwerten mussten. Dies schwächte oft die Exportwettbewerbsfähigkeit.
  • Die meisten Emerging-Market- Länder haben den Großteil ihrer Staatsschulden in US-Dollar begeben. Wenn ihre Währungen nicht parallel zum US-Dollar aufwerteten, stiegen – in lokaler Währung gerechnet – Verschuldung und Schuldendienst. Wenn dann noch die Dollarzinsen stiegen, wurde es noch problematischer. Allerdings wird die Situation etwas abgemildert durch das immer noch synchrone Weltwirtschaftswachstum, auch wenn es niedriger ist als letztes Jahr.
  • Sobald die US-Zinsen steigen, ziehen Investoren ihr Kapital aus den Emerging Markets ab und legen es wieder in den USA an.

Zum Teil wird dieses Problem gemildert durch die Tatsache, dass inzwischen die Wechselkurse der meisten Emerging-Market-Währungen flexibel sind; so konnten viele Schwellenländer ihre Leistungsbilanzdefizite verringert und haben mittlerweile mehr Anleihen in lokaler Währung begeben. Unternehmensanleihen sind aber nach wie vor überwiegend in US-Dollar denominiert.

Aber noch immer gibt es Länder, die vergleichsweise stark unter einem stärkeren US-Dollar und höheren US-Zinsen leiden – das sind jene, die einen großen Bedarf an Dollarfinanzierungen haben, wie etwa die im Krisenmodus befindliche Türkei. Hinzu kommen eine Reihe länderspezifischer Probleme, etwa in der Türkei, Brasilien und Argentinien.

3) Lokale Probleme

Türkei: Seit Jahresbeginn hat die türkische Lira etwa 40 Prozent abgewertet gegenüber dem US-Dollar. Ein Großteil davon entfiel auf den August, nach der Bekanntgabe amerikanischer Sanktionen gegen die Türkei. Türkische Aktien und Anleihen waren ebenfalls betroffen. Auch wenn die Sanktionen den Ausverkauf ausgelöst haben dürften, waren die Fundamentaldaten schon vorher schwach. Die scharfe Rhetorik in einer ohnehin krisenbelasteten Region tat ihr Übriges, ebenso wie die Verschlechterung der Staatsfinanzen und der Leistungsbilanz bei einer wenig vertrauenserweckenden Politik seit den Wahlen im Juni. Wir hoffen, dass am Ende die Vernunft siegt. Aber wie lange wird das dauern?

Brasilien: Auch wenn Brasilien heute weniger krisenanfällig ist als vor einigen Jahren (nach einer zweijährigen Rezession), bleiben die Staatsfinanzen schwach. Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober 2018 dürften für wirtschaftliche Unsicherheit und Marktrisiken sorgen.

Argentinien: Die Investoren verloren im April ihr Vertrauen in Argentinien, was zu einer massiven Währungsabwertung und abnehmenden Fremdwährungsreserven führte. Zwar reagierten die Behörden schnell mit starken Leitzinserhöhungen, und sie verhandelten rasch eine 50 Milliarden US-Dollar umfassende Kreditlinie beim Internationalen Währungsfonds mit drei Jahren Laufzeit. Dennoch steht das Land vor großen Herausforderungen. Das Haushaltsdefizit muss fallen, und die Geldpolitik muss straff bleiben, um die Folgen der Währungsabwertung zu begrenzen.