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Emerging Markets Vorsicht vor rohstoffreichen Ländern ohne kluge Regierungspolitik

Aluminiumgießerei Wenatchee, Washington, USA. Foto: Alcoa
Aluminiumgießerei Wenatchee, Washington, USA. Foto: Alcoa
Zweifellos haben zehn Jahre Preisanstieg bei Energierohstoffen, Metallen und landwirtschaftlichen Produkten in den rohstoffreichen Ländern Lateinamerikas, Europas, Afrikas und Zentralasiens für steigende Volkseinkommen gesorgt. Abbildung 1 zeigt, wie sich der Rohstoffboom auf das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausgewirkt hat, gemessen an der Veränderung des Import/Export-Verhältnisses („Terms of Trade“).



Wie erwartet hat sich die Differenz zwischen Import- und Exportpreisen (Terms of Trade) rohstoffreicher Länder wie Venezuela und Russland und damit auch ihre Realeinkommen erheblich verbessert. Die Türkei, Südkorea und andere rohstoffabhängige Länder hatten hingegen das Nachsehen.

Unterschiedliche Auswirkungen des Rohstoffbooms

Nach den Analysen des Investmenthauses AB bedeutet Rohstoffexport allein aber noch nicht, dass sich die Kreditqualität eines Landes verbessert oder sein Wachstum kräftig steigt, wenn Rohstoffe teurer werden. Tatsächlich sind einige der scheinbar großen Gewinner des Rohstoffbooms heute in einer schlechteren Verfassung als früher. Zugleich haben viele Rohstoffimporteure dem Sturm getrotzt und stehen heute sehr gut da.

Warum hatte der einzigartige Rohstoffboom der letzten zehn Jahre so unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Emerging Markets? Aus einem einfachen Grund: Nur sehr wenige rohstoffreiche Länder haben den warmen Regen und die neue Flexibilität genutzt, um Reformen voranzubringen, die für mehr Wachstum und Diversifikation sorgen – und damit die Rohstoffabhängigkeit verringern.

Stattdessen floss das Geld oft in Sozialprogramme, höhere Gehälter für Staatsangestellte und andere Initiativen, um sich beim Volk beliebt zu machen. Als die Rohstoffpreise nicht weiter stiegen, taten sich Lücken auf, und es gab wenig politisch akzeptable Sparmöglichkeiten. Kurz gesagt: Viele der vermeintlichen Gewinner waren am Ende die Verlierer.

Die Schattenseiten des Rohstoffbooms

Venezuela ist vielleicht das beste Beispiel. Die immer höheren Energiepreise haben das Bruttoinlandseinkommen in den letzten zehn Jahren um enorme 240 Prozent steigen lassen. Aber die Regierung hat den größten Teil der Einnahmen versickern lassen. Heute ist das Land genauso krisenanfällig wie 2003.In der Ukraine sieht es ähnlich aus. Das Land ist ein großer Metallexporteur, aber den möglichen Gewinnen aus dem Rohstoffboom standen Kapitalflucht und höhere Staatsausgaben gegenüber.

Die Ukraine mag ein extremes Beispiel sein. Tatsächlich hat sich das Regierungshandeln den Kennziffern zufolge in den letzten zehn Jahren in allen Regionen verschlechtert, und zwar in rohstoffexportieren Ländern deutlich stärker als in rohstoffimportierenden.

Zu viele Rohstoffexporteure verhielten sich so, als würde der Boom nie enden. Die Staatsfinanzen zeigen dies deutlich: In den letzten zehn Jahren haben die Staatsfinanzen der Emerging Markets durchweg Fortschritte gemacht, aber bei Rohstoffexporteuren haben sie sich im Schnitt verschlechtert (Abbildung 2).


Politische Stabilität ist der Schlüssel zum Erfolg

Die scheinbaren Verlierer des Rohstoffbooms – also die Nettoimporteure – waren insgesamt sehr diszipliniert. So hat der Rohstoffpreisanstieg die Türkei (einen Nettoimporteur) zu Reformen gezwungen, um die höheren Nahrungsmittel- und Energiepreise abzufedern. Heute herrscht hier erheblich mehr Haushaltsdisziplin als 2003.

Kasachstan, Mexiko, Kolumbien und Indonesien sind die einzigen rohstoffreichen Länder, deren Kennzahlen sich in den letzten zehn Jahren verbessert haben.

Nach Ansicht von AB hängt der wirtschaftliche Erfolg eines Schwellenlands am Ende von der Politik ab. In Ländern mit einer disziplinierten Haushaltspolitik und dem Mut auch zu unbeliebten Reformen sind die Realeinkommen am stärksten gestiegen. Hier hat sich auch die Kreditqualität am meisten verbessert, und zwar unabhängig vom Rohstoffreichtum.

Für Investoren ist das eine wichtige Erkenntnis. Die Länder mit den weitreichendsten Reformen haben die besten Aussichten auf Wachstum und Wohlstand, vor allem wenn die Rohstoffpreise in den nächsten zehn Jahren nicht mehr steigen oder sogar fallen.

Die Analysen von AB haben auch gezeigt, wie wichtig es ist, bei Investitionen in Emerging-Market-Anleihen selektiv zu sein. Nicht alle Emerging Markets sind gleich. Rohstoffe mögen die Performance zwar beeinflussen, aber der wichtigste Erfolgsfaktor sind sie sicher nicht.

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