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Chancen in Schwellenland-Anleihen: Potenziale auf den Emerging Markets
Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Transkript der dritten Episode der zweiten Staffel des M&G-Podcasts „Investment Business“.
Dieser Podcast ist nur für professionelle Anleger in Deutschland und Österreich und qualifizierte Anleger in der Schweiz bestimmt.
Die Key-Takeaways:
- Die Herausforderungen bei der Kategorisierung von Schwellenländern, einschließlich ihrer wirtschaftlichen, politischen und sozialen Indikatoren.
- Die rasante Entwicklung des Anlageuniversums von Emerging Market Bonds und die Rolle verschiedener Länder und Währungen in diesem Sektor.
- Wie Schwankungen bei globalen Rohstoff- und Ölpreisen Schwellenländer beeinflussen können.
- Welche Auswirkungen Zinserhöhungen der Fed auf Emerging Market Bonds haben.
Sprecher: Dr. Wolfgang Bauer, Fondsmanager und Fixed Income-Experte bei M&G Investments
Host: Christoph Seeger, Wirtschaftsjournalist, Content Director bei mjnt., gehört zur Edelstoff Media Gruppe (DAS INVESTMENT / private banking magazin)
Christoph Seeger: Hallo und herzlich willkommen zur dritten Folge des M&G Podcasts Investment Business. Mein Name ist Christoph Seeger und als Experte zu Gast im Studio ist wieder Dr. Wolfgang Bauer, Fondsmanager und Fixed-Income-Experte bei M&G Investments. Hallo Wolfgang, schön, dass du da bist. Ich grüße dich.
Dr. Wolfgang Bauer: Sei mir gegrüßt, lieber Christoph. Auf geht's in die dritte Runde.
Christoph Seeger: So ist es, Wolfgang. Nachdem wir uns in Episode eins mit der Rolle und Funktionsweise der Zentralbanken, insbesondere der EZB, beschäftigt haben und in Episode zwei einen Blick auf das spannende Feld der Euro Corporate Bonds mit Investment Grade geworfen haben, wird es heute etwas exotischer. Wir sprechen über Emerging Market Bonds, also Anleihen aus Schwellenländern. Und da können wir gleich einsteigen. Was verstehen wir denn eigentlich unter Schwellenländern?
Dr. Wolfgang Bauer: Das klingt erst mal nach einer relativ harmlosen Frage, die du mir hier, lieber Christoph, zum Einstieg stellst, aber in der Praxis ist es gar nicht mal so einfach und trennscharf zu beantworten. Ich versuche mich mal an einer allgemeinen Definition. Auf Deutsch werden die Emerging Markets in der Regel als Schwellenländer bezeichnet. Und wie der Begriff Schwellenland bereits suggeriert, geht es hierbei um Länder, die an einer gewissen Schwelle hinsichtlich ihrer Entwicklung stehen und sich in Bezug auf verschiedene wirtschaftliche, aber auch politische und soziale Indikatoren einer Industrienation westlicher Prägung annähern, aber noch nicht ganz dort angekommen sind. Im Vergleich zu etablierten Industrienationen, die auf Englisch auch Developed Markets heißen, weisen Schwellenländer in der Regel ein höheres Wirtschaftswachstum auf, aber oftmals eben auch einhergehend mit höheren Risiken für Investoren. Allerdings ist für mich der Begriff Schwellenland ein durchaus zweischneidiges Schwert. Einerseits gibt es durchaus die positiven Konnotationen. Es geht um Entwicklung, um Fortschritt, um Wirtschaftswachstum, Wohlstandvermehrung. An sich ja alles sehr gute Dinge. Diese Länder sind also im Aufstieg begriffen, was ja auch der englische Begriff Emerging Markets impliziert.
Aber andererseits schwingt dabei natürlich auch immer irgendwie so eine Art gönnerhaften Weltbild mit, in dem der Westen, also primär Europa und Nordamerika plus Japan, Australien und Neuseeland als ein über allem schwebendes Ideal angesehen werden, das von allen anderen Nationen gefälligst anzustreben sei. Also der Begriff Schwellenland ist daher für mich durchaus auch politisch etwas aufgeladen. Und ehrlich gesagt wundert es mich fast, dass es in unseren Zeiten erhöhter Sensibilität und politischer Erregbarkeit noch keine lautstarken Rufe gibt, den Begriff zu canceln. Meine Damen und Herren, hier haben Sie es zuerst gehört. #CancelingEmergingMarkets
Christoph Seeger: Sehr schön. Abgesehen von der politischen Dimension, Wolfgang, welche weiteren Probleme gibt es aus deiner Sicht mit dem Konzept der Schwellenländer?
Dr. Wolfgang Bauer: Also die große Schwäche der Kategorie Schwellenländer ist für mich die Unschärfe des Begriffs. Ich habe es ja bereits eingangs angesprochen, dass verschiedene wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklungsindikatoren hier zur Klassifizierung von Volkswirtschaften herangezogen werden. Und je nachdem, welchen Parameter man nun zu Rate zieht, ergibt sich dann mitunter ein völlig anderes Bild. Blickt man zum Beispiel auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, dann dürften ja eigentlich Länder wie Katar oder auch die Vereinigten Arabischen Emirate keine Schwellenländer mehr sein, da sie ja in Bezug auf diese Messgröße teilweise sogar deutlich vor manch einer westlichen Industrienation liegen.
Politische und soziale, aber auch andere wirtschaftliche Parameter führen allerdings dazu, dass diese Länder in der Gesamtschau doch zumeist den Schwellenländern zugerechnet werden. Welche Indikatoren jedoch berücksichtigt werden und wie diese in einer Analyse dann relativ zueinander gewichtet werden, das ist jedoch höchst subjektiv. Daher ist es auch prinzipiell unmöglich, eine wirklich verbindliche Liste aller Schwellenländer zu erstellen.
Ein weiterer Punkt ist, das Konzept der Schwellenländer geht implizit davon aus, dass diese sich immer weiter in Richtung westlicher Industrienationen entwickeln. Eine rückwärtige Bewegung, also eine wachsende Kluft zum Westen, ist so ja gar nicht vorgesehen. Es geht um Emerging, nicht um die Demerging Markets, also es geht um Konvergenz, nicht um Divergenz. Und dass die Entwicklung von Ländern aber nur sehr selten eine lineare Entwicklung darstellt, ist, denke ich, auch keine wirklich bahnbrechende Erkenntnis.
Wenn wir uns hier beispielsweise die berühmten BRICS-Staaten ansehen, die oftmals ja auch als Kern der Schwellenländer angesehen werden, dann wird dies auch sehr schnell deutlich. Die Abkürzung BRICS steht für Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Und diesen Staaten gehörte ja vor nicht allzu langer Zeit angeblich sogar die Zukunft. Und das mag ja auch durchaus alles mal irgendwann so sein, wer weiß das schon. Aber bei mindestens zwei der BRICS-Staaten, nämlich Südafrika und ganz besonders natürlich Russland, stehen die Zeichen zumindest momentan ja nicht wirklich auf Konvergenz und Annäherung an die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Standards des Westens, um es mal ganz vorsichtig auszudrücken.