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Energie: Treibstoff der Inflation

Ölpreis hoch, Inflation hoch: Die Energiepreise werden in den kommenden Jahren weiter steigen. Das ist gut für die Förderländer, aber schlecht für die Industriestaaten.

Venezolanische Fahnen in der South Bronx. Dort, wo die Verlierer der US-Gesellschaft ihr Zuhause haben, zeigt sich ein lateinamerikanisches Land als Helfer: Venezuelas Staatschef Hugo Chávez spendete im Dezember wieder Heizöl an sozial schwache US-Familien. Die 170 Millionen Liter des schwarzen Goldes kann sich der Linkspopulist für seinen PR-Feldzug gegen Erzfeind George W. Bush locker leisten.

Karibikstaat schwimmt im Geld


Unter dem Land an der Südküste der Karibik liegt das weltweit siebtgrößte Reservoir an Öl. Das beschert Venezuelas Staatshaushalt viele Petrodollars. Denn nicht nur die Ausfuhren der jüngst verstaatlichten Ölförderer steigen. Auch der Preis für jedes ihrer 159-Liter-Fässer (Barrel) ist rasant gestiegen. Mitte November 2007 erreichte der Preis für die amerikanische Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) mehr als 98 US-Dollar pro Barrel. Damit war der Treibstoff der westlichen Zivilisation so teuer wie nie zuvor. Fürs Erste dürfte Schluss sein mit der Rekordjagd.
„Wir gehen derzeit davon aus, dass der Ölpreis weiter korrigiert wird“, erklärt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank. Denn zum einen werde die Weltkonjunktur in diesem Jahr etwas ruhiger laufen als 2007. Zum anderen steige das Ölangebot aus Staaten, die sich nicht den Beschränkungen des Erzeugerkartells Opec unterwerfen. Im Jahresverlauf seien daher 70 Dollar pro Fass möglich.
„Langfristig müssen wir aber mit einem Anstieg des Ölpreises auf 200 oder sogar 250 Dollar rechnen“, sagt Claudia Kemfert im Interview mit der „Berliner Zeitung“. „Die Ölnachfrage dürfte auch weiterhin stärker steigen als das Angebot“, so die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Steigende Nachfrage kommt vor allem aus Asien. Dort wird die Ölnachfrage nach Angaben der Internationalen Energieagentur im Jahr 2012 mehr als doppelt so hoch sein wie 1997.

Chinesische Drachen brauchen Öl


„Steigendes Einkommen in den Schwellenländern ist verbunden mit dem Schritt zu westlichen Konsumgewohnheiten“, sagt Michael Geister vom britischen Vermögensverwalter ETF Securities. „In den USA hat durchschnittlich jeder Zweite ein Auto, in China bisher nur jeder Vierzigste.“ Beim Stromverbrauch liegen die Chinesen derzeit noch bei einem Drittel eines deutschen Durchschnittsverbrauchers. Die Stromnach- frage im Reich der Mitte steigt aber jährlich um 15 Prozent.
Auch der weltweite Verbrauch an Kohle hat zugenommen, seit 2000 um das Anderthalbfache. 40 Prozent des Kohleverbrauchs gehen auf das Konto von Chinas Konsumenten und der boomenden Stahlindustrie des Landes. „Die Schwellenländer bereiten uns das zweifelhafte Vergnügen einer Rohstoffpreisinflation“, so Ad van Tiggelen, Seniorstratege bei ING Investment Managers.
Nicht nur die Preise an der Tankstelle und auf der Stromrechnung steigen. Die ­Europäische Zentralbank (EZB) warnt vor einem globalen Preishoch für Nahrungsmittel, das die Inflation in der Eurozone antreibt. Der Grund dafür sei, dass viele Agrarrohstoffe wie Weizen und Mais statt für Brot und Popcorn verwendet zu werden, als Grundlage für Biokraftstoffe dienen. Mehr Unabhängigkeit vom Öl wird also mit höheren Preisen für Lebensmittel erkauft.
Steigende Energiepreise für fossile und Biokraftstoffe bedeuten aber auch Unterstützung für die Hersteller von Strom aus Wasser, Luft und Sonne. Sie befinden sich hierbei in ungewohnter Gesellschaft: Die Kernkraft erlebt eine Renaissance. „Der Ausbau der Nutzung von Atomenergie in den Boomregionen Asien und Russland dürfte den Uranpreis weiter steigen lassen“, sagt Eckart Keil von der Investmentboutique Era Resources.


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