War die Lage bisher eins der ausschlaggebenden Kriterien beim Immobilienkauf, scheint sich die Situation zu ändern – denn auch der energetische Zustand gewinnt nun zunehmend an Bedeutung. Eine aktuelle Analyse der Immobilienplattform Immoscout 24 zeigt: Je schlechter der energetische Zustand einer Immobilie, desto größer fallen die Abschläge der Angebotspreise aus.

Dennoch bleibt die Lage weiterhin wichtig. So sind die Preisabschläge je Energieeffizienzklasse in kleinen und mittelgroßen Städten sowie im ländlichen Raum höher als in den Metropolen und dem Umland.

„Die Wärmewende ist dabei, den Markt neu aufzuteilen und hinterlässt bereits jetzt deutliche Spuren bei den Angebotspreisen“, erklärt Gesa Crockford, Geschäftsführerin von Immoscout 24. „Die Ungewissheit, was letztendlich an Auflagen und Förderungen wirklich im neuen Gebäudeenergiegesetz stehen wird, führt zu einer immensen Verunsicherung – sowohl auf Verkäufer- als auch Käuferseite“, so Crockford weiter.

 

Bis zu 50 Prozent: Immobilien auf dem Land verzeichnen die größten Preissenkungen im Vergleich

In kleineren und mittelgroßen Städten sowie in ländlichen Gebieten fallen die Preise für Immobilien mit einer schlechten Energieeffizienzklasse im Vergleich zur Klasse A am stärksten. Bereits Immobilien mit dem Energiestandard B verzeichnen im ländlichen Raum einen Preisrückgang von 16 Prozent. In kleineren und mittelgroßen Städten beträgt dieser Rückgang 19 Prozent.

Bei Immobilien mit der Energieeffizienzklasse C sinken die Angebotspreise auf dem Land um 25 Prozent und in den Städten um 30 Prozent.

Der Preisabschlag für Immobilien mit der Energieeffizienzklasse D beträgt etwa ein Drittel im Vergleich zu Immobilien mit der Energieeffizienzklasse A.

Für Immobilien mit der schlechtesten Energieeffizienzklasse H sind die Angebotspreise in kleineren und mittelgroßen Städten im Durchschnitt um 45 Prozent niedriger. In ländlichen Gebieten sind sie mit mehr als 51 Prozent sogar um mehr als die Hälfte reduziert.

 

In den Metropolen fallen Preisabschläge geringer aus

Auch in den sieben Metropolen Deutschlands verzeichnen Immobilien mit einer niedrigeren Energieeffizienzklasse als A Preisrückgänge. Das gilt ebenso für Immobilien in Großstädten ab 100.000 Einwohnern und im verdichteten Umland.

Während die Preissenkungen für Immobilien mit Energieklasse B in Metropolen 5 Prozent betragen, so sind sie in den Großstädten und Speckgürtel etwa doppelt so hoch. Für die Energieklassen F bis H betragen die Preisabschläge je nach Lage 30 bis 36 Prozent und machen damit gut ein Drittel des Angebotspreises für Immobilien mit Klasse A aus. 

Preisschere öffnet sich weiter

Ebenso kam das Immobilienunternehmen JLL nach einer Analyse von rund 5.000 Angebotsdaten von Mehrfamilienhäusern zu dem Ergebnis, dass die Preisschere zwischen energieeffizienten Wohnimmobilien und Gebäuden mit schlechter Energiebilanz sich weiter öffnet.

Im ersten Quartal 2023 sollen demnach die Angebotspreise für Mehrfamilienhäuser der schlechtesten Energieklassen G und H im Durchschnitt rund 28 Prozent unter denen der besten Energieklassen (A/A+) gelegen haben. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor betrug der Unterschied dagegen nur 21,6 Prozent.

Preisabschläge nach Energieeffizienzklassen
Preisabschläge nach Energieeffizienzklassen im Jahresvergleich. © JLL

Im Vergleich zum Vorquartal sind die Preise für Objekte mit der schlechtesten Energieeffizienz damit noch einmal um rund 3,6 Prozentpunkte gesunken. Auch im Durchschnitt über die einzelnen Energieeffizienzklassen hat sich der Preisabschlag um rund 2,6 Prozentpunkte vergrößert.

„Mit dem starken Anstieg der Energiepreise im Jahr 2022 hat das Thema Energieeffizienz von Gebäuden bei Investoren noch einmal deutlich an Relevanz gewonnen“, unterstreicht Roman Heidrich von JLL Deutschland die Ergebnisse.

 

Preise nach Energieeffizienz wird ein Dauerthema

Nach Ansicht von Helge Scheunemann, Forschungsleiter bei JLL Deutschland, sprechen mehrere Argumente dafür, dass es sich um einen dauerhaften Trend handele. „Zum einen ist der Gebäudesektor für die Erreichung der Klimaziele besonders relevant und damit auch nachhaltigen Veränderungen unterworfen. Zum anderen erwarten wir, dass die Baukosten mittelfristig auf hohem Niveau bleiben.

Deshalb ist Scheunemann überzeugt: „In einem vollkommenen Markt muss sich dieser Kostenanstieg für die energetische Ertüchtigung der Immobilie in Form eines Abschlags in den Marktpreisen niederschlagen.“ Seit 2021 ziehen die Baukosten an, was wiederum zu höheren Kosten für energetische Sanierungen führt.

>> Welche Städte in Sachen Energieeffizienz vorne liegen, erfährst du hier