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Storycoach empfiehlt So werden Finanzberater durch Storytelling noch erfolgreicher

Adriana Richter
Adriana Richter: „Finanzen auf eine allgemeinverständliche Ebene holen, die Menschen auch intuitiv anspricht." | Foto: Adriana Richter

DAS INVESTMENT: Beim Thema Finanzen spielen Zahlen eine zentrale Rolle. Sie jedoch raten, dass Finanzberater die Informationen für ihre Kunden lieber in Geschichten verpacken sollten. Wie passt das zusammen?

Adriana Richter: Für mich sind Fakten und Geschichten kein Widerspruch. Geschichten sprechen direkt das Herz an und öffnen mein Gegenüber für die Informationen, die darin stecken. Finanzen sind ein komplexes und abstraktes Thema: Das Sparbuch, die Aktie, der Fonds, der ETF, das Krypto-Wallet – wir Berater müssen Finanzen auf eine allgemeinverständliche Ebene holen, die Menschen auch intuitiv anspricht.

Sollten Finanzberater also lieber ganz auf Zahlen verzichten, wenn sie Kunden etwas erklären wollen?

Richter: Das müssen sie nicht. Aber es würde den Erfolg der Beratung steigern, weniger Zahlen, Daten, Fakten zu verwenden. Denn mit den nackten Fakten steuern wir die auf Logik fokussierte linke Hirnhälfte unseres Zuhörers an. Entscheidungen werden jedoch mit der rechten Hälfte getroffen, der Hirnhälfte, die für Emotionen zuständig ist. Ich gebe meinen Kunden manchmal folgende Aufgabe: Verzichten Sie in Ihrer Präsentation komplett auf Charts, Renditekennzahlen und Berechnungen. Das ist ungewohnt, setzt aber Kreativität frei.

Geschichten könnten auf einige Kunden möglicherweise auch unseriös wirken. Befürchten Sie das nicht?

Richter: Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit stechenden Schmerzen im Brustkorb zum Arzt. Und der Arzt erklärt Ihnen anhand des Vergleichs mit einem Baum, wie die Nervenstränge verlaufen. Wo diese bei Ihnen gequetscht sind und wie man Abhilfe schaffen kann. Nur weil der Arzt Ihre Beschwerden mit einem Bild erklärt, würden Sie wohl nicht an seiner Expertise zweifeln.

 

Viele Berater schwören auf Empfehlungen durch ihre Kunden. Sind die nicht wirksamer, als wenn ein Berater eine Geschichte über sich selbst erzählt?

Richter: Empfehlungen sind in der Tat ein Königsweg. Aber warum funktionieren Empfehlungen so gut? Weil dann die Kunden das Storytelling für den Berater übernehmen. Sie halten dem Freund oder der Freundin keine trockene Präsentation, sondern erzählen eine kleine Geschichte. Das ist emotional und bleibt hängen. Wenn wir Menschen privat kommunizieren, erzählen wir ständig kurze Storys. Im Business hören wir plötzlich damit auf.

Wie lassen sich Finanzprodukte via Storytelling vorstellen, haben Sie dafür ein Beispiel?

Richter: Ich habe beispielsweise schon Mikrofinanz-Fonds verkauft. Dabei habe ich meinen Kunden von Muhammad Yunus erzählte. Er hat für sein Konzept zur Vergabe von Kleinstkrediten den Friedensnobelpreis bekommen. Zu einem Healthcare-Fonds nutze ich die Geschichte von der Krebserkrankung meiner Schwägerin. Ich erzähle, dass sie vor 15 Jahren an diesem Krebs sehr sicher gestorben wäre und wie sie aufgrund ihres unbeirrbaren Willens und dem Fortschritt in der Wissenschaft jetzt wieder gesund ist.

Wie können Berater Storytelling in ihren Joballtag einbinden?

Richter: Es gibt sehr hilfreiche Leitlinien. Erstens: Werden Sie persönlich. Erzählen Sie von sich oder von einem Kunden. Der Zuhörer braucht eine Identifikationsfigur. Zweitens: Give them a hero. Die Person muss eine Krise erfolgreich überwinden. Helden, die keine Krise durchmachen, sind Langweiler. Der klassische Plot ist der von Aschenputtel. Er startet schon in der Krise. Oder von Captain Pete Mitchell in ,Top Gun Maverick ́. Klingt abgedroschen, aber wir können uns daran nicht sattsehen. Drittens: Schenken Sie Ihrem Zuhörer ein ,Take away ́, eine Erkenntnis, die er am Schluss mitnimmt.

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Nicht jeder stellt sich gerne in den Mittelpunkt. Was kann jemand tun, dem das schwerfällt?

Richter: Wer nicht gern von sich selbst erzählt, dem empfehle ich, Kunden von sich erzählen zu lassen. Am besten eignet sich dazu ein Testimonial-Video.

Muss es unbedingt ein Video sein – reichen nicht auch schriftliche Testimonials?

Richter: Schriftliche Kundenstimmen sind auch gut. Aber Videos vermitteln potenziellen Kunden oder Mitarbeitern schnell das Gefühl, ob Sie zu ihnen passen. Das erhöht die Chance, dass sich die ,richtigen ́ bei Ihnen melden.

 

Am deutschen Beratermarkt gibt es viele ältere Profis. Möglicherweise haben deren ebenfalls ältere Kunden wenig Draht zum Internet.

Richter: Wer das behauptet, dem glaube ich nicht. Mehr als 80 Prozent der Deutschen konsumieren täglich Bewegtbild. Auch ältere Menschen sind digital und auf sozialen Netzwerken unterwegs. Mein Ansatz beim Coaching fürs Storytelling ist es, mit dem Kunden die passenden Geschichten für seine Botschaft herauszuarbeiten. Was ihn ausmacht. Ob er das dann per Videos oder als Text verbreitet, entscheiden wir im zweiten Schritt.

Das kann aber nicht nur ein Storycoach leisten, oder?

Richter: Nein, das kann auch der Partner oder die Partnerin sein. Aber auch Roger Federer hatte bis zum Schluss einen Trainer – nicht, weil er nicht gut Tennis spielen konnte. Es ist nützlich, jemanden zu haben, der die richtigen Fragen stellt: Wer bist du, was ist dir wichtig und warum?

Wenn jemand zu viel von sich erzählt, kann das Kunden möglicherweise auch nerven.

Richter: Es geht nicht darum, immer von sich zu sprechen, sondern eine Geschichte zu erzählen, mit der die Zielgruppe sich identifizieren kann. Man muss sich fragen: „Wie erreiche ich meinen Kunden?“ Da sind Stories einfach unschlagbar. Sie gehen über den Bauch direkt in den Kopf.


Über die Interviewte:
Adriana Richter arbeitet seit 2007 als selbstständige Finanzberaterin. Außerdem betätigt sie sich als Autorin und Storycoach für Finanzberater und tritt als Speakerin auf. Richter hat Ausbildungsabschlüsse als Diplom-Juristin und Finanzökonomin. Zudem ist sie staatlich geprüfte und beeidigte Dolmetscherin und Übersetzerin für Spanisch.

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