Chefvolkswirt von Alliance Bernstein Erholung wird nur von kurzer Dauer sein


Darren Williams, Chefökonom beim Asset Manager Alliance Bernstein (AB)
Es scheint ganz so, als könne das Leben bald wieder in einigermaßen geordneten Bahnen verlaufen. Doch übertriebener Optimismus ist verfrüht: Die Hoffnungen auf ein umfassendes Konjunkturpaket in den USA sind verflogen, und ein erneuter Anstieg der COVID-19-Fallzahlen im Winter dürfte das Produktionswachstum in Europa und den USA bremsen. Und auch langfristige Trends machen uns Sorgen.
Zwar ist Zuversicht durchaus angebracht. China und die übrigen asiatischen Länder haben gezeigt, wie schnell sich Volkswirtschaften erholen können, wenn das Virus erst einmal eingedämmt ist – vorausgesetzt, die Geld- und Fiskalpolitik bieten hinreichende Unterstützung. Und das kräftige Wiederanziehen der Konjunktur, das im dritten Quartal in den USA und im Euroraum zu beobachten war, lässt vermuten, dass die Entwicklung in diesen beiden Regionen ganz ähnlich verlaufen könnte, sobald die COVID-19-Pandemie endlich unter Kontrolle ist.
Langfristige Trends trüben Ausblick
Die entscheidende Frage lautet also nicht, ob sich die Weltwirtschaft 2021 erholen wird. Vielmehr müssen wir uns fragen, ob diese Erholung nachhaltig und von einer breiter angelegten Reflation begleitet sein wird, die für eine höhere Inflation und steigende Anleiherenditen sorgt. Wir dürfen nicht vergessen: Auch vor der Pandemie war das Produktivitätswachstum schwach und die demografische Entwicklung verlief ungünstig. Drei langfristige Trends überschatteten die längerfristigen Aussichten: Populismus, die wachsenden geopolitischen Spannungen zwischen China und der westlichen Welt sowie die erhöhte Verschuldung. Und die Covid-19-Krise wird diese Entwicklungen wohl eher verstärken als eine Trendwende herbeiführen. Aus diesem Grund sind wir zwar zuversichtlich, was das Jahr 2021 und auch noch das Jahr 2022 betrifft, raten aber davon ab, deshalb von einer nachhaltigen Verbesserung der längerfristigen Aussichten auszugehen.