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in Märkte verstehen, Chancen nutzenLesedauer: 8 Minuten
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Erholungsszenarien nach Covid-19 Mit Wumms zum Swoosh

Hamburger Containerhafen: In keinem anderen europäischen Land – nicht einmal in den USA – war die unmittelbare fiskalische Antwort auf die Krise größer als in Deutschland (13,3 Prozent des BIP).
Hamburger Containerhafen: In keinem anderen europäischen Land – nicht einmal in den USA – war die unmittelbare fiskalische Antwort auf die Krise größer als in Deutschland (13,3 Prozent des BIP). | Foto: imago images / Markus Tischler

„Mit Wumms“, so Finanzminister Olaf Scholz Anfang Juni, solle die deutsche Wirtschaft dank Mammut-Konjunkturpaket aus der Corona-Krise herauskommen. Das wird vermutlich Wunschvorstellung bleiben. Der Neustart könnte statt des erwünschten „V“ eher die Form des „Swoosh“, des Firmenlogos eines beliebten US-Sportartikelherstellers, haben.

Kann der Staat ausfallende Investitions- und Konsumausgaben ersetzen?

Der Corona-Schock war in seiner Entstehung zunächst in erster Linie ein behördlich verordneter Angebotsschock. In der Folge ergab sich jedoch auch ein erheblicher Einbruch der Nachfrageseite.

Durch automatische Stabilisatoren wie Arbeitslosenversicherung oder Kurzarbeitergeld ist der Rückgang des verfügbaren Einkommens in Deutschland krisenbedingt allerdings weit weniger gravierend als etwa in den USA. Wir erwarten, dass das verfügbare Einkommen in Deutschland in diesem Jahr um nur etwas mehr als 2 Prozent fällt. Durch die reduzierte marginale Konsumquote aufgrund der höheren prognostizierten Sparquote wird sich dieser Rückgang beim privaten Konsum, der in Deutschland etwas mehr als 50 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmacht, allerdings entsprechend stärker bemerkbar machen.

Stillgelegte Produktionsbänder und Sorgen über die Zukunft haben die Investitionsbereitschaft gerade in der Industrie fast zum Erliegen kommen lassen. Frühindikatoren wie der Ifo-Index sowie der Einbruch bei den Auftragseingängen suggerieren einen Rückgang der Bruttoanlageinvestitionen in Deutschland in diesem Jahr um 5 Prozent. Durch den Rückgang des Welthandels steht zudem ein Einbruch der deutschen Exporte im niedrigen zweistelligen Prozentbereich gegenüber dem Vorjahr zu befürchten. Deutschland ist innerhalb der G7-Staaten nach wie vor die offenste Volkswirtschaft mit einem Offenheitsgrad (Importe plus Exporte im Verhältnis zum BIP) von 87,2 Prozent. Kaum ein anderes Land in der Welt ist daher so negativ durch die Friktionen innerhalb der internationalen Wertschöpfungsketten betroffen wie Deutschland.

Die große Frage lautet, inwieweit die Hilfs­- und Konjunkturmaßnahmen der deutschen Bundesregierung den Einbruch der Nachfrage auffangen können. Fakt ist: Nach Jahren der Zurückhaltung hat sich die deutsche Regierung in Sachen Stimulus weit vorgewagt. In keinem anderen europäischen Land – ja nicht einmal in den USA – war die unmittelbare fiskalische Antwort auf die Krise größer als in Deutschland (13,3 Prozent des BIP). Rechnet man Stundungen, Liquiditätshilfen und Garantiezusagen hinzu, beläuft sich der Impuls sogar auf fast 50 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Noch nie zuvor hat es in Friedenszeiten einen solchen Anschub durch den Staat gegeben.

Gerade die Senkung der Mehrwertsteuer hat das kurzfristige Potenzial, die Kaufkraft gerade jener Haushalte zu stärken, die einen hohen Anteil ihres Einkommens für den Konsum ausgeben. Haushalte mit mittlerem und hohem Einkommen könnten zudem Käufe von langlebigeren Verbrauchsgütern vorziehen und so den Konsum in diesem Jahr ankurbeln. Im Bereich der umfangreichen Zukunftsinvestitionen – etwa was die Digitalinfrastruktur oder die Positionierung Deutschlands als Weltmarktführer im Bereich der Wasserstofftechnologie angeht – besteht zudem keine große Gefahr, dass die Regierung private Investitionen verdrängt, da der Staat hier den „natürlichen“ Auftraggeber darstellt, der in der Lage ist, derart umfangreiche Investitionen zu tätigen. Unter dem Strich ist aus heutiger Sicht schwer zu prognostizieren, welchen Anteil des Nachfrageeinbruchs durch die fiskalischen Maßnahmen der Bundesregierung mit Blick auf das Gesamtjahr 2020 wettgemacht werden können. Eine grobe Schätzung ergibt jedoch, dass der Nachfrageeinbruch in Deutschland ohne die Gegenmaßnahmen der Bundesregierung mit hoher Wahrscheinlichkeit zweistellig negativ ausgefallen wäre.

Wie schnell sich die Wirtschaftsaktivität nach dem coronabedingten Lockdown normalisiert, hängt von vielen Faktoren ab. Im Idealfall bewirken die Stimulusmaßnahmen von Bundes- und Landesregierungen sowie der EZB eine V-förmig- Erholung.