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Ernst Konrad: Was Anleger, Europa und die USA jetzt noch tun können

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Gerade die US-Konjunktur tut sich momentan schwer: Die Entschuldung der privaten Haushalte und die nach wie vor rückläufigen Immobilienpreise belasten den privaten Verbrauch und sorgen für eine nachlassende konjunkturelle Dynamik, die im Gegenzug wieder Unternehmen von Investitionen und Neueinstellungen abhält, wodurch das Wirtschaftswachstum abermals abnimmt.

Vor diesem Hintergrund hat auch die OECD ihre Prognose für das vierte Quartal von einem annualisierten Wachstum von 3 Prozent (gegenüber dem Vorquartal) auf 0,4 Prozent zurückgenommen. Ökonomen nennen diesen Zustand in Anlehnung an die Pilotensprache „stall speed“, womit die Geschwindigkeit bezeichnet wird, die ein Flugzeug benötigt, um sich gerade noch in der Luft halten zu können.

Damit die US-Konjunktur möglichst schnell wieder an Schubkraft gewinnt, hat Präsident Obama jüngst ein Konjunkturprogramm über knapp 500 Milliarden Dollar vorgeschlagen, dessen Kernpunkte Steuerentlastungen für Arbeitnehmer und kleinere Unternehmen und höhere Ausgaben für die öffentliche Infrastruktur nach dem Muster des New Deal aus den 1930er Jahren sind.

Nach ersten Schätzungen könnten durch diese Maßnahmen im nächsten Jahr ein Wachstumsimpuls von wenigstens 1,5 Prozent erzeugt und außerdem bis zu 2 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Gleichzeitig würde der negative Wachstumseffekt aus geplanten Haushaltskürzungen sogar mehr als ausgeglichen. Sollte Präsident Obama seine Pläne durch den Kongress bringen - die Chancen stehen nach Meinung der meisten politischen Beobachter gar nicht so schlecht, da die Republikaner im Wahljahr 2012 nicht als Jobkiller gelten wollen - , erscheint eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums auf 2,2 Prozent für 2012 nach erwarteten 1,6 Prozent in diesem Jahr plausibel.

Die Abschwächung in den USA bekommt mittlerweile auch die Eurozone deutlich zu spüren. Die OECD erwartet für die drei größten Länder Deutschland, Frankreich und Italien für das vierte Quartal sogar ein annualisiertes Negativwachstum von minus 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal, wobei vor allem Deutschland mit minus 1,4 Prozent negativ auffällt. Auch die Erwartungen für 2012 sind mit einem Plus von 2,0 Prozent wohl noch zu optimistisch.

Gerade für Italien kann die Situation dann noch prekärer werden, da die Finanzmärkte momentan nichts so sehr fürchten wie höhere Haushaltsdefizite infolge eines schwächeren Wirtschaftswachstums. Dass auch für Deutschland ein gewisser Konjunkturpessimismus gerechtfertigt ist, zeigt ein Blick auf den historischen Zusammenhang zwischen der Rendite zehnjähriger Bundesanleihen und dem nominalen Wirtschaftswachstum (siehe Grafik).

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Das aktuelle Zinsniveau in Deutschland impliziert eine deutliche Wachstumsabschwächung

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