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Altersvorsorge in Deutschland „Erstmals Gesamtüberblick aller Einkünfte im Rentenalter“

Martin Stenger und Sven-Frederik Balders
Martin Stenger und Sven-Frederik Balders: Der Vertriebsdirektor bei Franklin Templeton Investment Services und der Geschäftsführer der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung (GVG) kommentieren im Doppel-Interview die säulenübergreifende Renteninformation. | Foto: Franklin Templeton Investment Services, GVG

DAS INVESTMENT: Rohrkrepierer oder erfreulicher Vertriebsimpuls!? So lautet der Untertitel eines aktuellen Webinars der Reihe Stengers Vorsorgecheck, in dem es um die säulenübergreifende Renteninformation geht. Wie lautet Ihre Antwort auf diese kontroverse Frage?

Sven-Frederik Balders: Die digitale Rentenübersicht ist ganz sicherlich kein Rohrkrepierer. Ich will noch nicht von einem Jahrhundertgesetz sprechen, aber es ist ein Meilenstein der Rentenpolitik. In der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung gab es bereits in den Nullerjahren Bemühungen, eine solche Gesamtübersicht zu starten. Seinerzeit fehlte noch der notwendige politische Druck, um das Projekt in die Tat umzusetzen. Das änderte sich dann aber im Zuge des Betriebsrentenstärkungsgesetzes und in dem 2018 geschlossenen Koalitionsvertrag wurde das Thema dann wieder aufgegriffen. Dort heißt es: „Wir werden eine säulenübergreifende Renteninformation einführen, mit der Bürgerinnen und Bürger über ihre individuelle Absicherung im Alter Informationen aus allen drei Säulen erhalten und möglichen Handlungsbedarf erkennen können.“

Martin Stenger: Das bringt es auf den Punkt. Denn Sinn der digitalen Rentenübersicht ist es, dem Verbraucher erstmals einen gebündelten Gesamtüberblick seiner Einkünfte im Rentenalter zu bieten, und zwar aus allen drei Säulen der Altersvorsorge. Die Antwort auf die Frage „Wo stehe ich?“ führt zu der Frage „Was muss ich noch tun?“. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der Verbraucher den Stand seiner Altersvorsorge erfährt, solange er seine Lage noch mit langem Anlagehorizont verbessern kann. Das Rentenportal ist damit ein Quantensprung, auch wenn noch viele Dinge im Detail verbessert werden können.

DAS INVESTMENT: Wie soll das Projekt zur Digitalen Rentenübersicht konkret umgesetzt werden?

Balders: Zu den wichtigsten Punkten des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zählt, dass alle Ansprüche aus der gesetzlichen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge aufgeführt werden. Dabei sind sowohl die garantierten als auch die prognostizierten Werte zu nennen. Alle Vorsorgeeinrichtungen, die per Gesetz dazu verpflichtet sind, jährliche Standmitteilungen zu versenden, müssen sich ab dem Jahr 2024 an die sogenannte Zentrale Stelle für Digitale Rentenübersicht, kurz ZfDR, anschließen. Die ZfDR als Online-Portal wird von der Deutschen Rentenversicherung Bund betrieben. Ohne einen – freiwilligen – Abruf durch den Nutzer werden dem Portal jedoch keine Daten übermittelt. Der Nutzer kann seine Daten in einem Nutzerkonto speichern.

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DAS INVESTMENT: In der aktuellen Niedrigzinsphase setzen immer mehr Sparer auf Investments am Kapitalmarkt, um eine auskömmliche Rendite zu erzielen. Warum werden aber beispielsweise Fondssparpläne, die zur privaten Altersvorsorge eingerichtet wurden, bislang nicht in der digitalen Rentenübersicht aufgeführt?

Balders: Voraussetzung für die Aufnahme in das Portal ist, dass ein Produkt der gesetzlichen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge zugeordnet werden kann. Ein Kriterium dafür ist ein rentennaher Beginn, also zum Beispiel keine Auszahlung vor dem 60. Lebensjahr. „Somit sind Sparverträge oder zum Beispiel Fondssparpläne ohne erkennbare Zweckbindung zur Altersvorsorge grundsätzlich nicht erfasst (Ausnahme: Altersvorsorgeverträge in Form von Fonds- oder Banksparplänen), da diese typischerweise kein Ablaufdatum vorsehen und somit zwar im Einzelfall für die Altersvorsorge genutzt werden können, aber von der Produktgestaltung her ebenso ohne Einschränkungen schon zu einem früheren Zeitpunkt und für andere Zwecke eingesetzt werden können“, heißt es daher im Gesetzesentwurf. Auch Investmenthäuser haben zwar durchaus eine wichtige Funktion für die Altersvorsorge vieler Menschen. Aber das Informationsportal soll für einen durchschnittlich gut informierten Verbraucher verständlich bleiben. Eine Gesamtaggregation von vorsorgeformabhängigen Werten führt insoweit eher in die Irre. Wohl überrascht würde der Verbraucher auf eine Rentenübersicht schauen, die mit 15 Fußnoten versehen ist.

Stenger: Ich finde es interessant, dass in den Gesprächen mit Branchenvertretern zu diesem Thema vor allem Anbieter von Lebensversicherungen fragten, warum Sparpläne für Investmentfonds außen vor gelassen wurden. Es wäre besser, wenn sie künftig ebenfalls in das Portals aufgenommen würden.

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