LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in AnalysenLesedauer: 4 Minuten

Vermögensverwalter wägt ab Ist der Aktien-Bullenstimmung zu trauen?

Seite 2 / 2

Es ist also nicht verwunderlich, dass die Anlegerstimmung derzeit hervorragend ist. So gut war das Sentiment in all den Bullenmarktjahren seit dem Ende der Finanzmarktkrise nicht. In Teilbereichen des Marktes zeigen sich jetzt allerdings Parallelen zur 2000er-Blase. Es gibt viele Neuemissionen mit ausgereizten Bewertungen, die meist auch nicht profitabel arbeiten. Kaum an der Börse, werden deren Kurse von euphorischen Anlegern noch weiter in die Höhe getrieben. Glücklicherweise trifft das nicht auf den breiten Markt zu.

Der S&P 500 war im Jahr 2000 etwa mit dem 27-Fachen der erwarteten Gewinne bewertet. Allerdings befand sich der Zins für zehnjährige US-Staatsanleihen im Januar 2000 bei 6,7 Prozent. Die Inflation stand damals bei 2,7 Prozent, die Realzinsen erreichten mithin rund vier Prozent. Bei einem Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von 27 lag die Gewinnrendite von Aktien, also der erwirtschaftete Jahresgewinn pro Aktie eines Unternehmens relativ zum Aktienkurs, bei 3,7 Prozent. Die Aktien-Gewinnrendite für den S&P 500-Index lag also um drei Prozent-Punkte unter der Verzinsung von Staatsanleihen.

Heute werden die Unternehmen aus dem S&P 500 im Durchschnitt mit dem 23-Fachen des für dieses Jahr erwarteten Gewinnniveaus und für nächstes Jahr mit einem KGV von knapp 20 bewertet. Der zehnjährige Zins für US-Treasuries steht bei 1,2 Prozent. Die Aktien-Gewinnrendite von vier bis fünf Prozent liegt also heute drei- bis viermal höher als bei US-Staatsanleihen. Die Bewertungen von heute unterscheiden sich also deutlich von denen von vor gut 20 Jahren.

Vor Korrektur nicht gefeit

Dennoch gilt weiter: Die Börse ist keine Einbahnstraße. Die Finanzmärkte neigen zu Übertreibungen (nach unten wie im März 2020, sowie nach oben wie aktuell). Der recht gut funktionierende Bull-&-Bear-Indikator der Bank of America steht kurz vor einem Verkaufssignal: Wir haben Rekordzuflüsse bei Aktienfonds, die Aktienallokation ist auf ein Mehrjahreshoch gestiegen. Die Cash-Levels in den Fonds befinden sich auf einem Neun-Jahres-Tief. Die Gründe dafür sind nachvollziehbar, aber die guten Nachrichten aus der Berichtssaison zum 4. Quartal sind mittlerweile eingepreist. Im Durchschnitt verliert der MSCI Welt in den drei Monaten nach einem Verkaufssignal rund neun Prozent.

Wir könnten also kurzfristig vor einer Konsolidierung stehen. Wohlgemerkt: Eine Trendwende ist eher unwahrscheinlich, aber fünf bis zehn Prozent Korrektur gehen schnell am Aktienmarkt. Dafür braucht es nicht unbedingt einen Auslöser. Ein möglicher Rücksetzer bietet Anlegern dann allerdings wieder Einstiegsmöglichkeiten, denn Bullen-Märkte enden erfahrungsgemäß in der Regel durch Zinserhöhungen. Und die sind trotz höherer Inflation in 2021 so schnell nicht in Sicht.


Über den Autor:
 
Marco Herrmann ist seit 1992 für unterschiedliche Banken und Fondsgesellschaften tätig. Seit 2010 verantwortet er als Geschäftsführer die Anlagestrategie der Vermögensverwaltung Fiduka.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion