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Nachhaltige Investments Es ist an der Zeit, die Spreu vom Weizen zu trennen

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Diese Lobbyisten haben es auch geschafft, die Umsetzung der Taxonomie-Verordnung bis zum Sommer 2022 zu verzögern – eine Verzögerung, die sich unsere Welt angesichts des Klimanotstandes gar nicht leisten kann. Die Taxonomie-Verordnung ist ein wichtiger Mechanismus, wenn es darum geht, den einzelnen Unternehmen dabei zu helfen, ihren Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu planen und ihre Investitionen und Aktivitäten zur Unterstützung dieses Übergangs zu verlagern.

Damit die Taxonomie-Verordnung sinnvoll ist und ihren angedachten Zweck erfüllen kann, muss sie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und darf die natürlichen Grenzen unseres Planeten nicht überschreiten. Weder Verwässerung noch Verzögerung der Taxonomie-Verordnung dürfen das Ziel sein. Volkswirtschaften und Industrien müssen sich zusammenschließen und gemeinsam für ihre Umsetzung kämpfen – und zwar eher früher als später.

Glücklicherweise ist die Einführung der Taxonomie-Verordnung nicht völlig zum Erliegen gekommen. So wurden die ersten beiden Ziele bereits fertiggestellt und die Entwürfe der anderen vier Ziele werden im Laufe des Jahres veröffentlicht. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen kam die Europäische Kommission zu dem Schluss, dass fossile Brennstoffe nicht als nachhaltig anzusehen sind. Nichtsdestotrotz hat die Europäische Kommission beschlossen, im Laufe des Jahres zu prüfen, ob für Erdgas eine Ausnahme gemacht werden kann, damit es von den Ländern genutzt werden kann, die von der Kohle wegkommen möchten.

Aus unserer Sicht wäre dies eine falsche Entscheidung, weshalb Triodos zusammen mit über 200 anderen Organisationen einen Aufruf des WWF unterzeichnet hat. Dies erfordert, dass Erdgas nicht als nachhaltige Energiequelle betrachtet werden darf. Das Gleiche gilt für die Bioenergie – die Verbrennung von organischem Material wie Holz zur Energiegewinnung. Bei der Verbrennung von Holz wird noch mehr CO2 in die Atmosphäre freigesetzt als bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe, und es kann Jahrzehnte dauern, bis die gefällten Bäume wieder nachgewachsen sind.

Auch Triodos IM wird demnächst zur Berichterstattung verpflichtet. So können wir nachweisen, inwieweit unsere Anlageportfolios mit der Taxonomie-Verordnung übereinstimmen. Ich erwarte nichts anderes als die Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Denn wir treffen bewusste Investitionsentscheidungen, die auf strengen Nachhaltigkeitskriterien beruhen. So investieren wir zum Beispiel in Organisationen wie die Nrw Bank, die ihre Rahmenbedingungen für die Ausgabe von grünen Anleihen bereits an der EU-Taxonomie-Verordnung ausrichtet.


Aber obwohl wir ein hundertprozentiger Impact-Investor und als solcher dunkelgrün sind, wissen wir bereits, dass auch wir nicht für alle unsere Fonds eine hundertprozentige Übereinstimmung mit der EU-Taxonomie-Verordnung erzielen werden. Unsere Strategie berücksichtigt eine Vision und eine Theorie des Wandels – wir denken über die globalen Probleme nach, die wir angehen wollen, und das führt uns letztlich zu den Lösungen, in die wir investieren. Es bedeutet aber auch, dass sich viele unserer Fonds auf soziale Ergebnisse konzentrieren, die noch nicht durch die Taxonomie-Verordnung abgedeckt sind.

Dies ist ein Anliegen, das mich dazu bringt, für die Aufnahme zusätzlicher Auswahlkriterien zu plädieren, die sich an den in der Agenda 2030 und an allen 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, wie sie von den Vereinten Nationen festgelegt wurden, skizzierten sozialen Herausforderungen orientieren. Wir brauchen intelligente, aktive Investitionen, die nicht nur ökologische Verbesserungen erzielen, sondern auch zu breiteren gesellschaftlichen Themen wie Ernährungssicherheit, Bildung und Gesundheit Stellung beziehen.

Mehr denn je brauchen wir ein nachhaltiges und gerechtes Wirtschaftssystem. Dafür ist die EU-Taxonomie-Verordnung unerlässlich. Wir sollten uns auf eine Taxonomie-Verordnung einigen, die unsere Branche in Richtung Transparenz und echte Nachhaltigkeit lenkt und das Kapitel Greenwashing ein für alle Mal hinter uns lassen.


Über den Gastautor:
Jacco Minnaar ist Vorstandsvorsitzender bei Triodos Investment Management. Die Asset-Management-Tochter der niederländischen Triodos Bank hat sich auf nachhaltige Vermögensverwaltung spezialisiert. In 16 Fonds und mehr als 750 Investitionen betreut sie rund 5,4 Milliarden Euro.

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