LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in MärkteLesedauer: 4 Minuten

„Es wird nicht beim stabilen Schweizer Franken bleiben“

Seite 2 / 2


Sichere Häfen sind nicht mehr so wichtig

Im Augenblick ist der Franken aufgrund dieser letzten Höherbewertung deutlich überbewertet. Nach der historischen Betrachtung müsste er eher bei 1,40 Schweizer Franken je Euro liegen. Das zeigen auch Kaufkraftvergleiche. Jeder, der über den Jahreswechsel in der Schweiz Urlaub gemacht hat, dürfte das aus eigener Erfahrung bestätigen.  

Für eine Abwertung in dieser Größenordnung spricht auch, dass der Krisenmodus auf den Finanzmärkten nachgelassen hat. Es gibt nicht mehr so viele Fluchtgelder aus den südeuropäischen Peripherieländern.  Die Risikobereitschaft der Investoren hat sich erhöht. „Sichere Häfen“ wie die Schweiz sind nicht mehr so stark gesucht. Natürlich kann (und wird) sich das auch mal wieder ändern, was dann erneut zu Geldzuflüssen in der Schweiz führen kann. Aber generell sieht  das Umfeld günstiger aus.  

Andererseits spricht auch eine Reihe von Faktoren gegen eine stärkere Abwertung des Franken. Vor allem kann ich mir nicht vorstellen, dass die Notenbank ihr Wechselkursziel auf 1,25 Schweizer Franken je Euro anhebt. Das wäre eine Feinsteuerung, die auf unruhigen Devisenmärkten für eine Notenbank von der Größe der Schweiz kaum durchzuhalten wäre.

Die Notenbank war schon glücklich, dass es ihr dank außerordentlicher Anstrengungen gelungen ist, die Grenze von 1,20 Schweizer Franke je Euro durchzuhalten. Sie würde das Schicksal sicher nicht durch ein neues Ziel herausfordern wollen.  

Schweizer Wirtschaftsboom

Freilich kann man annehmen, dass die Notenbank sich nicht gegen eine vom Markt herkommende Abwertung des Franken stellen würde. Das würde den Interessen der Schweizer Wirtschaft entgegenlaufen. Was sie in einem solchen Fall allerdings tun würde, wäre zu versuchen, einen Teil ihrer hohen Währungsreserven abzugeben. Sie würde damit die Abwertung leicht abbremsen.  

Gegen eine größere Abwertung des Franken spricht auch, dass die Wirtschaft der Eidgenossenschaft mit dem hohen Wechselkurs besser zurande kommt, als das ursprünglich zu erwarten war. Das reale Bruttoinlandsprodukt entwickelt sich günstiger als das von Deutschland (obwohl die Schweiz ja auch viel in die von der Eurokrise betroffenen Länder exportiert).

Im vergangenen Jahr dürfte es sich um ein Prozent erhöht haben (Deutschland plus 0,7 Prozent). Für dieses Jahr rechnet die Notenbank mit einer Expansion von 1 Prozent bis 1,5 Prozent (Deutschland 0 Prozent bis 0,5 Prozent).  

Dazu trägt auch bei, dass sich die Wirtschaft an das hohe Wechselkursniveau angepasst hat. Nicht nur haben die exportorientierten Firmen außerordentliche Anstrengungen unternommen. Auch das gesamtwirtschaftliche Preisniveau ist dank der niedrigeren Importpreise gefallen. Es dürfte im vergangenen Jahr um 0,7 Prozent zurückgegangen sein, während sich die Preise in Euroland um 2,5 Prozent erhöht haben. Das ergibt eine interne Abwertung der Schweizer Währung um über 3 Prozent gegenüber dem Euro. Auch dadurch hat sich die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz verbessert.   

Für den Anleger  

Zwei Schlussfolgerungen. Erstens sieht es sehr danach aus, dass sich der Schweizer Franken gegenüber dem Euro im Verlauf des Jahres stärker abwerten würde (vielleicht in eine Größenordnung von 1,30 Franken).

Zweitens wird es nicht bei der Stabilität des Franken bleiben. Wenn sich der Kurs von der Marke 1,20 löst, wird die Zentralbank nicht mehr so viel intervenieren und die Schwankungen werden größer. Da muss ein Anleger in Schweizer Papieren wieder mehr an Kursabsicherungen denken. Kreditnehmer, die sich in Franken verschuldet haben, sollten die Abwertung freilich nicht zum Anlass nehmen, noch mehr Währungsrisiken einzugehen. Das Blatt kann sich auch schnell wieder wenden.  

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion