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ESG und Covid-19 Gesellschaftliche Verantwortung statt Renditegier

Apple-Store in Peking: Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist in der globalen Krise in den Fokus gerückt.
Apple-Store in Peking: Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist in der globalen Krise in den Fokus gerückt. | Foto: imago images / UPI Photo
Jenn-Hui Tan, Global Head of Stewardship and Sustainable Investing bei Fidelity

Im vergangenen Jahr hat das nachhaltige Investieren weltweit einen kräftigen Schub erfahren. Die Kapitalzuflüsse in Fonds, die neben finanziellen auch ökologische und soziale Faktoren sowie eine gute Unternehmensführung berücksichtigen, sind gestiegen. Und dann kam das Coronavirus. „Nachdem Covid-19 das globale Wirtschaftswachstum ausgebremst hat, hätte die steigende ESG-Welle wieder abebben können. Skeptiker sahen ESG ohnehin als ein Bullenmarkt-Phänomen. Alles andere war jedoch der Fall“, sagt Jenn-Hui Tan, Global Head of Stewardship and Sustainable Investing bei Fidelity. Die Pandemie habe ESG erst richtig in den Vordergrund gerückt. „Während der extremen Volatilität im März und den Nettoabflüssen quer durch alle Finanzmärkte verzeichneten ESG-Fonds weiterhin stete Zuflüsse“, sagt Tan.

Gleichzeitig hat die Krise den Blick für neue Facetten des Nachhaltigkeitsbegriffs geschärft. Bislang dominierte das E (Environment) die Diskussion. Der Klimawandel, seine Auswirkungen und Ideen, wie man mit diesen am besten umgeht, waren die zentralen Themen. Mit der Krise haben soziale Aspekte an Bedeutung gewonnen. „Das Wohlergehen der Mitarbeiter und die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in einer globalen Krise sind in den Fokus gerückt“, meint Tan. Eine Reihe von Unternehmen haben ihr Know-how und ihre Ressourcen alternativ eingesetzt. So hat der Luxusgüterkonzern LVMH statt Parfüm Handdesinfektionsmittel produziert. Ford hat statt Airbags Masken hergestellt. Dabei ging es vor allem darum zu helfen und weniger um kurzfristige Gewinnmaximierung. „Unternehmen schützen so ihre Marke und ihr Geschäft und sollten, wenn die Pandemie unter Kontrolle ist, auch beweglich genug sein, um neue Wachstumschancen zu ergreifen“, so Tan.

Auf dem Weg zur nachhaltigen Marktwirtschaft

Die neu entdeckte „soziale Ader“ der Unternehmen muss kein vorübergehendes Phänomen sein. Eine Fidelity-Umfrage im Mai unter den hauseigenen Analysten aus aller Welt hat zum einen ergeben, dass viele Unternehmen als direkte Antwort auf die Pandemie ihren Fokus verstärkt auf Mitarbeiter, Kunden und die gesellschaftliche Wirkung lenken. Zum anderen erwarten fast 70 Prozent der Analysten, dass die jetzt in dieser Hinsicht getätigten Veränderungen oder zumindest einige davon dauerhaft sein werden. In den kommenden Jahren könnte die Pandemie daher als Meilenstein auf dem Weg der Unternehmen zu mehr sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung betrachtet werden.

Schon im Sommer 2019 haben große, einflussreiche US-Firmen verkündet, dass sie sich nicht mehr länger nur dem Wohle des Aktionärs verschreiben, sondern alle Stakeholder in den Fokus rücken wollen. „Bis Covid-19 ausbrach, war dies vor allem eine Absichtserklärung“, meint Andrew McCaffery. Jetzt sieht der Global CIO Asset Management bei Fidelity gute Gründe, dass diese Bewegung mehr als eine vorübergehende Modeerscheinung und die Entwicklung zu einer nachhaltigen Marktwirtschaft unaufhaltsam ist.

Mit dem ESG-Score steigt die Widerstandsfähigkeit in der Krise

Fidelity will in seinem Engagement mit Firmen, in die der Asset Manager investiert, weiter  verstärkt soziale Aspekte zur Sprache bringen. „Wir wollen verstehen, wie die einzelnen Firmen ihre Geschäftsmodelle drehen, um soziale Zwecke stärker in den Fokus zu rücken“, sagt ESG-Experte Tan. Dazu wurde auch eine Best-Practice-Anleitung für die Portfoliomanager und Analysten entwickelt, die sie bei Gesprächen mit Unternehmen unterstützen soll. Ökologische Themen bleiben jedoch ebenso wichtig. Der Klimawandel und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes sind weiterhin zentrale Punkte in der Diskussion mit Unternehmen.

Covid-19 hat Investoren die Wichtigkeit von nicht-finanziellen Faktoren bei der Unternehmensbewertung deutlich vor Augen geführt. Dass Nachhaltigkeit keine Rendite kosten muss, ist bereits in vielen Studien belegt. „Mittlerweile wächst auch die Zahl der Beweise, die darauf hindeuten, dass Unternehmen mit hohem ESG-Standard widerstandsfähiger sind, typischerweise niedrigere Kapitalkosten aufweisen und höhere langfristige Erträge erzielen“, beobachtet Tan.

Tatsächlich haben jüngst gleich mehrere Untersuchungen gezeigt, dass die Aktienkurse von Unternehmen mit hohem ESG-Score in der Pandemie-Hochphase weniger stark eingebrochen sind als die mit schlechter Nachhaltigkeitsbewertung. So haben sich etwa Unternehmen mit negativem ESG-Ausblick schwächer entwickelt als solche mit stabilem oder sich verbesserndem Ausblick. Insgesamt betrachtet fielen ihre Kurse während des Markteinbruchs um durchschnittlich -29,6 Prozent. Bei Unternehmen mit stabilem Ausblick waren es -26,5 Prozent und bei solchen mit positiven Ratingtrend -27,6 Prozent.

Eine weitere Betrachtung von Fidelity, die auf dem hauseigenen ESG-Rating der Investmentgesellschaft beruht, verdeutlicht: Vom 19. Februar bis 27. März 2020 haben mit der Bestnote A bewertete Aktien im Schnitt 23,1 Prozent nachgegeben, der S&P 500 verzeichnete ein Minus von -26,9 Prozent. Je schlechter die ESG-Note ausfiel, desto schlechter war im Durchschnitt die Performance*. Im Anleihebereich war eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Diese Betrachtung umfasst natürlich nur einen sehr kurzen Zeitraum und ist daher sicherlich kein nachhaltiger Beweis, dass ESG-starke Unternehmen Krisen an den Finanzmärkten grundsätzlich besser überstehen. Aber sie ist doch ein weiteres Indiz.

* Siehe „Die Krise schneller überwinden: Mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit“, S. 3

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