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ETF der Woche: Mit dem Momentum-Faktor den Markt schlagen
Im Gegensatz zu traditionellen ETFs, die in der Regel nach Marktkapitalisierung zusammengesetzt sind, verwenden Smart-Beta-ETFs eine alternative Gewichtung der Wertpapiere nach bestimmten Faktoren. Diese können verschiedene Eigenschaften wie Performance, Dividendenrendite, Volatilität oder andere fundamentale Kennzahlen berücksichtigen.
Ziel ist es, im Vergleich zu traditionellen Indizes entweder überdurchschnittliche Renditen oder eine geringere Volatilität zu erzielen. Es gibt verschiedene Faktoren wie Value, Momentum, Quality, Low Volatility und Size, um nur einige zu nennen. So können Anleger gezielt Faktoren berücksichtigen, von denen sie glauben, dass sie sich in einem bestimmten Marktumfeld besser entwickeln. Nach einer Schwächephase in den vergangenen zwei Jahren gewinnt Momentum derzeit stark an Fahrt.
Rasante Renditejagd: Geschwindigkeit als Erfolgsfaktor
Die Momentum-Strategie an der Börse lässt sich anhand des Motorsports veranschaulichen. Stellen wir uns den Aktienmarkt als Rennstrecke vor und die Kursentwicklung einer Aktie als die Fahrt eines Rennautos. Bei der Momentum-Strategie geht man davon aus, dass das Motorsport-Team, das in den vergangenen Rennen eine hohe Geschwindigkeit erreicht hat, diese auch in den kommenden Rennen beibehalten wird. Übertragen auf den Aktienmarkt bedeutet dies, dass eine Aktie, die sich in der Vergangenheit positiv entwickelt hat, diesen Trend wahrscheinlich fortsetzen wird. Ähnlich wie bei einem gut abgestimmten Sportwagen wird von Aktien mit positivem Momentum erwartet, dass sie ihren Aufwärtstrend beibehalten und weiter steigen. Unvorhergesehene Ereignisse, vergleichbar mit unerwarteten Wendungen im Rennverlauf, sind aber natürlich auch an den Finanzmärkten möglich und müssen bei der Umsetzung der Strategie berücksichtigt werden.
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Relative Stärke als Auswahlkriterium
Die Ursprünge der Momentum-Strategie gehen auf den amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Robert Levy zurück. Im Jahr 1969 veröffentlichte Levy, Professor an der Northwestern University, zusammen mit Richard J. Mergenthaler einen wegweisenden Artikel mit dem Titel „Relative Strength as a Criterion for Investment Selection“. In diesem Artikel stellten sie eine einfache, aber effektive Methode zur Auswahl von Vermögenswerten auf der Grundlage ihrer relativen Stärke oder ihres Momentums vor.
Im Mittelpunkt der Analyse standen die Kurse von rund 200 an der New Yorker Börse notierten Aktien. Levy beobachtete, dass bestimmte Werte über einen Zeitraum von fünf Jahren wiederholt besser abschnitten als der Gesamtmarkt. Auf der Suche nach einem Maß für die Dynamik dieser Titel identifizierte er deren relative Stärke als aussagekräftigen Indikator. Zur Berechnung des Momentums wurde der aktuelle Schlusskurs einer Aktie mit dem durchschnittlichen Schlusskurs der vergangenen sechs Monate verglichen. Ein Wert größer eins deutete auf ein positives Momentum hin.
Im Laufe der Zeit wurden weitere Indikatoren entwickelt, um das Momentum einer Aktie zu messen. Dabei wird immer der aktuelle Kurs ins Verhältnis zu einem Durchschnittskurs der Vergangenheit gesetzt. Studien wie die von Narasimhan Jegadeesh und Sheridan Titman aus dem Jahr 1993 sowie zahlreiche weitere Forschungsarbeiten haben das Konzept des Momentums an den Finanzmärkten weiter vertieft.
Prozyklisch investieren: Mit der Masse schwimmen und Renditen steigern
Der Momentum-Effekt macht sich letztlich das prozyklische Verhalten der Anleger zunutze. Das Herdenverhalten beruht darauf, dass jeder die Gewinner schätzt und diese in seinem Portfolio haben möchte. Anleger investieren nur zu gern in Titel, die gerade „einen Lauf“ haben. Im Gegensatz dazu werden Verliereraktien systematisch aussortiert: Sobald eine Aktie Anzeichen für einen Abwärtstrend zeigt, wird verkauft. Die allseits bekannte Börsenweisheit „The trend is your friend“ beschreibt diese Neigung, einem Trend an der Börse zu folgen.
Das Momentum wird durch die Rate of Change (ROC) dargestellt, ein technischer Indikator, der die prozentuale Veränderung des aktuellen Kurswertes im Vergleich zu einem früheren Zeitpunkt misst. Dieser Indikator wird häufig verwendet, um die Dynamik eines Vermögenswertes zu bewerten und potenzielle Trendwendepunkte zu identifizieren. Auch Trader verwenden das ROC, um Veränderungen in der Stärke und Richtung von Trends zu erkennen.
Xtrackers MSCI World Momentum ETF: Einfacher Weg zum Börsen-Momentum
- Asset-Schwerpunkt: Aktienfonds Welt
- Auflegung: 05.09.2014
- Fondsgesellschaft: DWS Investment S.A.
- ISIN: IE00BL25JP72
- Maximal Drawdown seit Auflage: 31,48%
- Performance YTD: 7,03%
- Performance 1 Jahr: 16,34%
- Performance 5 Jahre: 80,99%
- Sharpe Ratio 5 Jahre: 0,85
- Volatilität 5 Jahre: 17,32%
- Volumen in Mio. EUR: 878
Anleger müssen sich jedoch nicht mit der komplexen Berechnung der Rate of Change (ROC) herumschlagen, um die Aktien mit dem höchsten Momentum auszuwählen. Diese Aufgabe übernehmen breit diversifizierte Momentum-ETFs, die es sowohl für die Regionen USA und Europa als auch für das globale Aktienuniversum gibt. Als erster ETF startete hierzulande der im September 2014 aufgelegte Xtrackers MSCI World Momentum ETF.
Für den Indexfonds werden aus dem 1.600 Werte umfassenden MSCI World, die 350 Aktien herausgefiltert, die den stärksten Aufwärtstrend aufweisen. Die Gewichtung der einzelnen Titel erfolgt auf Basis der Performance der letzten 6 bis 12 Monate und wird halbjährlich überprüft. Für diese Dienstleistung berechnet der ETF-Anbieter Xtrackers eine Gebühr von 0,25 Prozent. Hinzu kommen Portfoliotransaktionskosten von 0,10 Prozent.
Beeindruckender Lauf gegenüber dem Sektordurchschnitt
Seit seiner Auflage konnte sich der ETF deutlich besser als sein Vergleichssektor entwickeln und ist auch dem MSCI World einige Performancepunkte voraus. Das Plus des Momentum-ETFs beträgt 185 Prozent, während der Sektor Aktienfonds All Cap Welt nur um 90 Prozent zulegen konnte. Der Weltindex kam im gleichen Zeitraum nur auf ein Plus von 158 Prozent.
Auch im laufenden Jahr hat der Xtrackers MSCI World Momentum bereits kräftig Fahrt aufgenommen und liegt mit einem Plus von 8,7 Prozent bereits deutlich vor dem Sektor und der Benchmark. Seit Beginn der Berechnung im Juni 1996 weist der Indexanbieter MSCI für die Momentum-Strategie eine jährliche Rendite von 10,69 Prozent aus. Damit hat er den MSCI World um 2,59 Prozentpunkte pro Jahr geschlagen.
Wertentwicklung seit 2010: MSCI World Momentum versus MSCI World:
Jahr | MSCI World Momentum | MSCI World |
2023 | +12,25 Prozent | +24,42 Prozent |
2022 | -17,34 Prozent | -17,73 Prozent |
2021 | +14,95 Prozent | +22,35 Prozent |
2020 | +28,70 Prozent | +16,50 Prozent |
2019 | +28,26 Prozent | +28,40 Prozent |
2018 | -2,38 Prozent | -8,20 Prozent |
2017 | +32,59 Prozent | +23,07 Prozent |
2016 | +4,75 Prozent | +8,15 Prozent |
2015 | +4,54 Prozent | -0,32 Prozent |
2014 | +7,03 Prozent | +5,50 Prozent |
2013 | +30,28 Prozent | +27,37 Prozent |
2012 | +14,79 Prozent | +16,54 Prozent |
2011 | +4,79 Prozent | -5,02 Prozent |
2010 | +16,54 Prozent | +12,34 Prozent |
Quelle: MSCI
Dennoch solltest du dir genau überlegen, ob die Strategie zu deinem Depot und deiner Risikoneigung passt. Vor allem, wenn du bereits ETFs auf den MSCI World besitzt. Denn Überschneidungen mit dem Mutterindex sind vorprogrammiert. Derzeit dominieren bei den Momentum-ETFs - wenig überraschend - die Highflyer aus den Standardindizes. So kommen die vier Unternehmen Meta, Amazon, Microsoft und Nvidia auf eine Gewichtung von knapp 20 Prozent. Broadcom, Novo Nordisk, Eli Lilly, Alphabet und Adobe sind ebenfalls in den Top 10 vertreten. US-Aktien sind mit 61 Prozent gewichtet. Technologiewerte überwiegen mit 31 Prozent.
Bemerkenswert im Vergleich zu den traditionellen Indizes ist die überdurchschnittliche Präsenz japanischer Aktien, die derzeit über 17 Prozent des Portfolios ausmachen. Zurückzuführen ist das auf den anhaltenden Höhenflug des japanischen Nikkei im Vergleich zu anderen Börsen der Industrieländer. Entsprechend hoch gewichtet sind Nippon-Aktien wie Toyota oder die Mitsubishi UFJ Financial Group. Auch deutsche Unternehmen wie Linde und SAP sind im ETF vertreten.
Risiko von Überbewertungen: Herausforderungen für Momentum-Anleger
Die Momentum-Strategie hat jedoch auch Nachteile und ist nicht frei von Risiken. Aufgrund ihres Erfolgs in der Vergangenheit sind Momentum-Aktien in der Regel höher bewertet und häufig überbewertet. Aktuell liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Aktien im ETF bei 25,27. Bei einem unerwarteten Einbruch des Aktienmarktes sind diese Aktien meist besonders anfällig, was zu überproportionalen Verlusten führen und die Volatilität des ETF erhöhen kann. Zudem kann die nur halbjährliche Rotation dazu führen, dass Aktien zu spät gekauft oder verkauft werden, was sich negativ auf die Gesamtrendite des Portfolios auswirken kann.
Ein Beispiel hierfür ist das Jahr 2022, in dem der ETF zu spät von Technologieaktien, die sich zuvor gut entwickelt hatten, auf Ölaktien wie etwa Chevron umgeschichtet hat. Obwohl die Ölwerte bis zu diesem Zeitpunkt eine stark positive Performance aufwiesen, blieben sie in der Folge hinter dem Gesamtmarkt zurück, was sich in der Folge negativ auf die Rendite des Momentum-ETFs auswirkte.
Außerdem ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass die Momentum-Strategie keinen Schutz vor Verlusten in einer Bärenmarktphase bietet. In einem zyklischen Abschwung des Gesamtmarktes tendieren Aktien stärker zur Gleichförmigkeit. Eine echte Portfoliodiversifikation durch historisch starke Aktien ist in solchen Phasen nicht möglich, da diese meist im Gleichschritt mit dem Gesamtmarkt fallen.
Weitere ausgewählte Momentum-ETFs auf einen Blick:
Fondsname | ISIN | Schwerpunkt | Entwicklung 5 Jahre |
Xtrackers MSCI World Momentum ESG | IE000TL3PL69 | Aktien Welt ESG | - |
iShares Edge MSCI World Momentum Factor ETF | IE00BP3QZ825 | Aktien Welt | 79,4 Prozent |
iShares Edge MSCI USA Momentum Factor ETF | IE00BD1F4N50 | Aktien USA | 75,7 Prozent |
Amundi MSCI Europe Momentum Factor ETF | LU1681041460 | Aktien Europa | 63,7 Prozent |
BNPP Easy Equity Momentum Europe ETF | LU1377382012 | Aktien Europa | 30,8 Prozent |