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ETF-Experte im Gespräch „Wir wollen ehrgeizige Umweltziele sehen“

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Jüngst hat der Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung mehr Green-Bond-Emissionen gefordert. Wie reif ist der Markt?

Weyerer: Vor wenigen Jahren waren Green Bonds nur wenigen Investoren überhaupt ein Begriff. Vergangenes Jahr wurden nachhaltige Rentenpapiere immerhin in Höhe eines Nominalwertes von über 250 Milliarden US-Dollar begeben. Auch das ist natürlich nur ein Bruchteil des globalen Anleihemarktes, entspricht aber immerhin einer Versechsfachung gegenüber 2015. Angesichts einer breiteren Aufmerksamkeit und eines unterstützenden regulatorischen Umfelds dürfte das nur der Anfang sein. Insgesamt sind wir bei Green Bonds aber noch weit entfernt von einem reifen Markt.

Ist Europa diesbezüglich Vorreiter?

Weyerer: Der europäische Green-Bond-Markt ist sicherlich am weitesten entwickelt – fast die Hälfte aller Emissionen weltweit werden in Euro oder schwedischen Kronen begeben. Innerhalb Europas wiederum nimmt Frankreich eine starke Stellung ein. Aber auch in den Niederlanden und Belgien finden sich große Emittenten. Deutschland liegt auf Rang zwei, was die Emissionen betrifft, hinkt aber relativ zur Größe der Volkswirtschaft bislang etwas hinterher. Insgesamt bietet der europäische Markt mittlerweile sowohl die Breite als auch die Tiefe, um gut diversifizierte Kernportfolios aufbauen zu können. Derzeit überwiegen noch Sektoren wie Energie und Finanzen, aber in den kommenden Jahren werden einige weitere Sektoren hinzukommen.

Franklin Templeton hat 2019 den ETF Franklin Liberty Euro Green Bond aufgelegt. Wie stellen Sie die Qualität der Green Bonds sicher?

Weyerer: Wir haben uns sehr bewusst für einen aktiven Managementansatz, und gegen eine rein passive Index-Replikation entschieden. Wir glauben, in einem noch jungen und hochdynamischen Markt durch Titelauswahl einen Mehrwert leisten zu können. Zunächst schauen wir uns das gesamte europäische Anleihe-Universum nach fundamentalen Aspekten an. Unser ESG-Team analysiert dann den Emittenten mit Blick auf die Kohlenstoffreduktion und auf Struktur- und Managementfragen: Steht das Unternehmen wirklich für eine grünere Zukunft, oder sind es nur Lippenbekenntnisse?

Wie wichtig sind Zertifizierungen?

Weyerer: 70 Prozent unseres Portfolios müssen in Anleihen investiert sein, die als „grün“ zertifiziert sind. Hier sind die sogenannten Green Bond Principles der Climate Bond Initiative ausschlaggebend. Die Richtlinien beziehen sich allerdings nur auf die Anleihe selbst, nicht auf den Emittenten. Wichtig ist uns, dass wir keine Anleihe kaufen, die als „grün“ zählt, weil sie zertifiziert wurde, aber der Emittent nicht unseren Standards genügt. Des Weiteren können wir bis zu 30 Prozent des Volumens in Klima-Anleihen investieren, denen das Zertifikat zwar fehlt, die aber dennoch einen maßgeblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das gibt uns die Freiheit, selektiv Chancen zu nutzen, ohne an das Zertifikat gebunden zu sein.

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