Die Kurse steigen und steigen und du hast einen ETF gefunden, bei dem die Zuwächse sogar noch viel höher ausfallen als bei allen anderen?
Hier zu investieren und an den enormen Wertzuwächsen teilzuhaben? Das ist auf den ersten Blick verlockend. Aber kann Geld verdienen wirklich so einfach sein oder hat das Ganze doch einen Haken?
Wie groß die Faszination ist, die von sogenannten Leveraged ETFs ausgeht, zeigt sich jeden Monat anhand unserer Klickstrecke „Die beliebtesten ETFs“, einer Auswahl derjenigen börsengehandelten Indexfonds, die in unserer Fonds-Suche im Laufe des Monats am häufigsten angeklickt wurden.
Einer der Spitzenreiter, der bereits in vielen Monaten die meisten Leute interessiert hat, ist der Amundi Nasdaq-100 Daily (2x) Leveraged, ein klassischer Hebel-ETF auf den Tech-Index Nasdaq 100, der über fünf Jahre auf eine Wertentwicklung von mehr als 350 Prozent kommt.
Aber was genau sind das für ETFs, die solche überproportionalen Gewinne bieten? Wie gehebelte ETFs funktionieren und auf welche Gefahren du unbedingt achten musst, erfährst du hier.
Was sind gehebelte ETFs?
Gehebelte ETFs sind eine spezielle Art von ETFs, die Derivate wie Optionen und Futures nutzen, um ihre Rendite im Verhältnis zu einem bestimmten Referenzindex zu steigern. Der Begriff „gehebelt“ bezieht sich darauf, dass diese ETFs versuchen, die Bewegungen des zugrunde liegenden Index überproportional zu verstärken.
Optionen? Futures? Was ist das denn schon wieder?
- Optionen sind eine Art von Derivaten, die dem Inhaber das Recht, aber nicht die Verpflichtung geben, ein bestimmtes Wertpapier (wie Aktien) zu einem vorher festgelegten Preis (dem Ausübungspreis) bis zu einem bestimmten Datum zu kaufen (Call-Option) oder zu verkaufen (Put-Option). Der Käufer zahlt dem Verkäufer der Option eine Prämie für dieses Recht. Optionen werden häufig für Spekulationen, Absicherungen oder als Teil komplexerer Handelsstrategien verwendet.
- Futures sind standardisierte Finanzverträge, die den Käufer dazu verpflichten, eine bestimmte Menge eines Vermögenswerts zu einem vorher festgelegten Preis zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu kaufen, oder den Verkäufer dazu verpflichten, diesen Vermögenswert zu diesem Preis zu verkaufen. Futures werden oft auf Rohstoffe wie Öl, Gold, landwirtschaftliche Produkte oder Finanzinstrumente wie Aktienindizes abgeschlossen. Sie werden oft als Absicherungsinstrumente gegen Preisbewegungen verwendet, sind aber auch bei Spekulanten beliebt.
Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass du dir bei gehebelten ETFs Geld vom Emittenten leihst, um mit höherem Einsatz auf die Kursentwicklung eines ETFs zu spekulieren.
Wie also funktionieren gehebelte ETFs in der Praxis?
Das zeigen wir am besten an einem Rechenbeispiel.
Stell dir vor, du investierst 100 Euro in einen ETF und bekommst dafür genau einen Anteil. Wenn du das Geld in einen herkömmlichen ETF investierst und der Kurs um 50 Prozent steigt, ist dein Anteil nun nicht mehr 100, sondern 150 Euro wert.
Bei gehebelten ETFs ist diese Rechnung nicht ganz so eindeutig, da der Wertzuwachs (oder der Verlust) hier nicht nur vom Kurs, sondern auch vom Hebel abhängig ist. Gängig sind etwa Hebel, die dazu führen, dass sich Kursänderungen doppelt so stark auswirken. Wenn du deine 100 Euro aus unserem Beispiel also nicht in einen herkömmlichen ETF, sondern in einen investierst, der die Entwicklung mit doppeltem Faktor nachvollzieht, dann würdest du nicht nur 50 Prozent, sondern direkt 100 Prozent Gewinn machen, hättest jetzt also 200 Euro.
Diese Verdopplung funktioniert allerdings auch in die andere Richtung, sodass ein Kursrücksetzer von 50 Prozent für dich einen Totalschaden bedeutet.
Berechnung: Die Tücken der Pfadabhängigkeit
Diese einfache Rechnung gilt jedoch nur auf Tagesbasis, langfristig sieht es nochmal anders aus. Das bedeutet: Wenn der Kurs eines Index im Laufe eines Monats um 10 Prozent steigt, muss die Rendite deines gehebelten ETFs nicht zwingend um 20 Prozent steigen.
Doch warum ist das so?
Neugierig geworden?
Die Hauptursache hierfür ist die sogenannte Pfadabhängigkeit. Damit gemeint ist, dass die Performance eines gehebelten ETFs nicht nur von den aktuellen Marktbewegungen abhängt, sondern auch von der Reihenfolge dieser Bewegungen. Dies ist besonders relevant, da gehebelte ETFs täglich neu justiert werden, um ihr Hebelziel zu erreichen. Die Konsequenz dieser täglichen Neuausrichtung und der prozentualen Berechnung ist, dass die langfristige Performance des ETFs erheblich von der Summe der täglichen Renditen abweichen kann, besonders in volatilen Märkten.
Am deutlichsten wird das Phänomen anhand eines Beispiels, bei dem wir nicht nur die prozentuale Veränderung, sondern auch den Punktestand des Index, in diesem Fall des Dax, mit berücksichtigen.
Stell dir vor, der Dax steht bei 10.000 Punkten. Ein gehebelter ETF, der mit einem Faktor zwei arbeitet (also die Bewegungen des Dax verdoppelt), beginnt bei 100 Euro. Am nächsten Tag steigt der Dax um 2 Prozent auf 10.200 Punkte. Entsprechend dieser Steigung steigt unser gehebelter ETF auch – und zwar um 4 Prozent (doppelt so stark wie der Dax), von 100 Euro auf 104 Euro.
Am Tag darauf fällt der Dax zurück auf sein ursprüngliches Niveau von 10.000 Punkten. Das bedeutet eine Abnahme um 1,96 Prozent von den 10.200 Punkten. Unser ETF, der die Bewegungen des Dax verdoppelt, fällt also um 3,92 Prozent, und zwar von 104 Euro auf 99,92 Euro.
Obwohl der Dax am Ende der beiden Tage also wieder genau dort steht, wo er angefangen hat, hat der gehebelte ETF verloren. In unserem Beispiel ist der Unterschied zwar nur marginal, bei einem anhaltenden Seitwärtstrend oder in volatilen Märkten können sich über mehrere Handelstage hinweg auf diese Weise allerdings signifikante Verluste aufsummieren.
Spekulationen und kurzfristiger Anlagehorizont
Die Erklärungen und Rechenbeispiele zeigen bereits: Wenn man in gehebelte ETFs investieren möchte, sollte man sich ausführlich mit der Thematik auseinandersetzen und wissen, worauf man sich einlässt.
Insgesamt kann man sagen, dass sich gehebelte ETFs nur für erfahrene Anleger mit hohem Risikobewusstsein eignen. Da ihre Performance aufgrund der Pfandabhängigkeit im Laufe der Zeit stark variieren kann, sollten sie zudem nur für kurzfristige Handelsstrategien und nicht als langfristige Anlage verwendet werden. Mögliche Einsatzbereiche sind beispielsweise taktisches Trading, Hedging-Strategien, branchenspezifische Wetten, kurzfristige Marktineffizienzen oder ereignisbasiertes Trading.
Für Einsteiger und als langfristige Anlage zur Altersvorsorge sind sie ganz eindeutig nicht geeignet. Von den scheinbaren Traumrenditen über mehrere Jahre solltest du dich da nicht blenden lassen. Denn selbst wenn der Hebel-ETF über ein Jahr betrachtet zugelegt hat, kann es je nach Einstiegszeitpunkt sogar passieren, dass du einen Totalverlust erleidest.
Chancen gehebelter ETFs
- Hebelwirkung für höhere Renditen: Der Hauptvorteil besteht darin, dass Anleger die Möglichkeit haben, von kleinen Bewegungen des zugrunde liegenden Index überproportional zu profitieren.
- Vielfältige Handelsstrategien: Gehebelte ETFs ermöglichen es Anlegern, verschiedene Handelsstrategien umzusetzen, darunter Spekulation auf kurzfristige Marktbewegungen.
Risiken gehebelter ETFs
- Hebelwirkung erhöht Verlustrisiko: Die Hebelwirkung kann nicht nur die Gewinne, sondern auch die Verluste verstärken. Ein kleiner Rückgang des zugrunde liegenden Index kann zu erheblichen Verlusten führen.
- Verluste durch langfristige Haltedauer: Aufgrund der täglichen Neugewichtung der gehebelten ETF-Positionen können sie bei längerer Haltedauer erhebliche Abweichungen von der erwarteten Rendite aufweisen.
- Komplexe Instrumente: Gehebelte ETFs verwenden komplexe Finanzinstrumente wie Derivate, was das Verständnis und die Überwachung für den durchschnittlichen Anleger erschweren kann.
- Konstante Überwachung erforderlich: Aufgrund der täglichen Neugewichtung müssen Anleger gehebelte ETFs sorgfältig überwachen, um sicherzustellen, dass die gewünschten Anlageziele erreicht werden.