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Chef von SPDR ETF Deutschland im Interview „ETFs sind eigentlich keine Passiv-Anlagen“

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Es gibt Trends wie den Wasserstoff-Antrieb, Smart Home oder das Thema Nachhaltigkeit, das Sie ansprachen. Lässt sich das überhaupt sinnvoll per ETF abbilden – sollte man solche Portfolios nicht lieber aktiv zusammenstellen?

Kuhn: Ich meine nicht. Die Frage ist ja, wie viel aktive Auswahl nötig ist. Und es ist auch fraglich, ob man einen Portfoliomanager findet, der immer die guten Aktien rechtzeitig kauft und jene, bei denen es nicht mehr läuft, verkauft. Anleger sollten das Portfolio immer im Blick haben. Wer in einen Index investiert, muss sich eben die Index-Zusammensetzung genau ansehen und entscheiden, ob es das ist, was er im Portfolio haben will. Bei Sektor-ETFs sollte jeder besonders genau hinschauen. Je granularer ein ETF wird, desto genauer sollten sich Anleger den zugrundeliegenden Index ansehen. Für uns auf Anbieterseite ist der wichtigste Teil unserer Produktentwicklung, einen Index zu finden, den wir gut und richtig für unsere Anleger finden.

Wie filtern Sie neue Anlagethemen heraus?

Kuhn: Wir suchen nach langlebigen Indizes, der ETF soll ja nicht nach wenigen Jahren wieder schließen. Daher bilden wir Anlagethemen eher über ganze Sektoren als über thematische ETFs ab. Bei Themen-ETFs ist offen, wie lange der Themenzyklus dauert, sei es Wasserstoff oder Smart Home. Aber ganze Sektoren – der Finanz-, Versorgungs- oder Energiesektor – wird es auch in vielen Jahren noch geben.

Sie würden also eher einen ETF „Neue Energien“ als einen ETF „Wasserstoff“ auflegen?

Kuhn: Ja, genau.

Wie viele ETFs bieten Sie in Deutschland an?

Kuhn: Knapp über 100 sind hier zum Vertrieb zugelassen. Sie teilen sich grob in vier Bereiche: breite Aktien-Indizes, Sektoren, Renten und der Smart-Beta-Bereich, also Dividenden- oder Value-ETFs.

Gibt es Bereiche, die Sie bewusst aussparen?

Kuhn: Aktiv schließen wir nichts aus. Wir betrachten es andersherum: Inwiefern passt ein neuer ETF in unsere Palette? Wir haben zum Beispiel 2019 und 2020 unsere ersten vier Nachhaltigkeits-ETFs aufgelegt. Zwei sind Renten-ETFs, die beiden anderen orientieren sich am S&P 500 beziehungsweise dem Stoxx Europe 600.

Ein passiv anlegender ETF ist zu wesentlich geringeren Gebühren zu haben als ein aktiver Fonds. Im Hintergrund ist trotzdem etwas zu tun. Wie sieht diese Arbeit genau aus?

Kuhn: Ich tue mich tatsächlich schwer, von Passiv-Anlagen zu sprechen, besser wäre „indexbasierte“ Anlagen. ETFs werden schließlich auch gemanagt. Nur wollen unsere Portfoliomanager im Gegensatz zu aktiven Fondsmanagern den Index nicht übertreffen, sondern ihn möglichst genau treffen. Nehmen Sie einen breiten Index wie den MSCI World mit seinen gut 1.600 Titeln. Wenn man bei jeden 5 oder 10 Millionen Euro Zufluss jede einzelne Aktie anfassen würde, wären die Transaktionskosten viel zu hoch. Der wichtigste Punkt bei breiten Indizes ist: mit möglichst wenig Handelsumsatz die Tracking-Güte möglichst hoch zu halten. Außerdem spielen steuerliche Aspekte eine Rolle: Gibt es eine Quellensteuer, oder hat ein Land Finanztransaktionssteuern? Rebalanciert der Index, müssen die Portfoliomanager zudem das ETF-Portfolio wieder an die neue Gewichtung anpassen. Immer sind die Kosten gegen die Tracking-Qualität abzuwägen.

Setzen Sie auf physisch replizierende oder synthetische ETFs?

Kuhn: Alle SPDR-ETFs sind physisch replizierend. Es gibt zwar Bereiche, wo sich mit einem synthetischen ETF eine Outperformance erzielen lässt. Wir haben aber entschieden, dass wir mit physisch replizierenden ETFs unseren Kunden den höchsten Mehrwert bieten. Das ist unser Geschäftsmodell, und wir machen es weltweit so.

 
Über den Interviewten:
Stefan Kuhn ist Managing Director und steht an der Spitze von SPDR ETF Deutschland, dem ETF-Ableger des Vermögensverwalters State Street Global Advisors. 

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