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EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II: Worauf 2017 noch zu achten ist

Gebäude der EU-Kommission in Brüssel
Gebäude der EU-Kommission in Brüssel | Foto: Schmuttel / pixelio.de

Wesentliche Unsicherheiten bestehen bei denjenigen in Punkten, bei denen die Firmen bis zum späteren Jahresverlauf nicht wissen, was die Aufseher wirklich von ihnen wollen. Trotzdem sollten sie beim Umsetzungszeitplan zu Mifid II von den Aufsehern keine Zugeständnisse erwarten. Bei diesen Themen besteht noch Klärungsbedarf:

OTC Derivate-Handel

Eine der Top-Prioritäten der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ist die Fertigstellung des aufsichtsrechtlichen technischen Standards (RTS) zur Festlegung, welche außerbörslichen (OTC) Derivate dem obligatorischen Plattform-Handel unterliegen. Hier wird der Schwerpunkt darauf liegen, wie einheitlich die US- und EU-Vorschriften sein werden, und wie Liquidität und transatlantische Plattform-Äquivalenz dadurch beeinflusst werden. Die ESMA dürfte in den nächsten Monaten Konsultationen durchführen und den aufsichtsrechtlichen technischen Standard im zweiten Halbjahr 2017 fertigstellen. Der exakte Zeitplan für die Umsetzung ist noch unklar. Sollte der endgültige aufsichtsrechtliche technische Standard nicht früh genug vor dem 3. Januar 2018 festgelegt werden, könnten Finanzfirmen gewissen zusätzlichen Spielraum in diesem Bereich fordern.

Research

Nationale Aufseher sind ebenfalls gefordert, da die Mitgliedstaaten die nationale Umsetzung der Vorschriften bis zum 3. Juli erstellen müssen. Zu den bekanntesten Vorschriften, die europäische Mitgliedstaaten individuell interpretieren werden, gehören jene im Zusammenhang mit der Entkopplung des Research von der Ausführung. Den Vorschriften zufolge müssen Vermögensverwalter entweder das Research aus eigener Tasche zahlen oder über einen identifizierbaren Aufwandsposten ihren Kunden in Rechnung stellen. Von allen nationalen Aufsehern hat die britische Financial Conduct Authority (FSA) bisher die meisten Details geliefert, wie sie ihre nationalen Vorschriften zu Research und anderen Bereichen definieren will. Die übrigen Mitgliedstaaten folgen nun, da der Juli-Termin rasch näher rückt. Die Finanzfirmen sollten insbesondere auf die Entscheidungen der französischen und deutschen Aufsichtsbehörden achten, die von der Entscheidung der britischen FCA abweichen könnten.

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Selbst wenn die ESMA und die Mitgliedstaaten die Vorschriften fertig gestellt haben, besteht weiterer Klärungs- und Problembehandlungsbedarf. Realistischerweise entfällt die entscheidende Aufgabe, den Finanzfirmen eine detailliertere und konkretere Umsetzungsorientierung zu geben, auf die ESMA. Die Menge der zu betrachtenden Szenarien ist umfangreich. Während einige Klarstellungen bereits erfolgten, arbeitet die ESMA wohl an vielen anderen Aspekten, beispielsweise, wann ein Instrument auf einem Handelsplatz gehandelt werden sollte - bedeutsam für Handelsverpflichtung, Instrument-Identifikationsnummer, Algorithmus-Handel und multilateralen versus bilateralen Handel.

Der lange Arm von Mifid II

Zusätzlich zu all diesen Dingen gibt es erhebliche Unsicherheit im Hinblick auf die Auswirkungen von Mifid II außerhalb Europas. Viele Nicht-EU-Gesellschaften dürften feststellen, dass sie aufgefordert werden, Geschäfte anders zu betreiben sowie neue und zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen, wenn sie es mit einer EU-Gegenpartei zu tun haben. Eine weitere wichtige Frage ist, ob die EU gewissen Jurisdiktionen gleichen Status gewähren wird und wenn ja, welchen. Sollte dies fehlen, werden viele EU-Gesellschaften von der Handelsverpflichtung betroffene Aktien und Derivate nicht auf Handelsplätzen außerhalb der EU handeln können. Es ist auch nicht klar, ob und welche Transparenz-Vorschriften gelten, wenn die Filiale einer EU-Bank in einem Drittland Geschäfte mit einem lokalen Kunden außerhalb europäischer Arbeitszeiten tätigt. Die Antworten auf viele dieser grenzüberschreitenden Fragen haben offenbar entscheidende Wettbewerbsauswirkungen für EU-Gesellschaften.

Selbst mit diesen erwarteten Klarstellungen dürfte es weiterhin ein erhebliches Ausmaß an Unsicherheit vor dem Einführungstermin geben. Es ist wahrscheinlich, dass einige Stimmen am Markt eine Verschiebung oder eine gewisse Nachsicht bei bestimmten Anforderungen fordern werden. Aber es wäre unklug, darauf zu wetten, dass die Aufseher das Einhaltungsdatum weiter verschieben werden.

Wenn man von dem jüngsten Beispiel bei der Frist für die Anforderungen bezüglich der Nachschussmargen (Variation Margining) für nicht dem Clearing unterliegende OTC-Derivate-Handelsgeschäfte ausgeht, werden europäische Aufseher zu Recht darauf hinweisen, dass ihnen die rechtliche Befugnis fehlt, Mifid II zu verschieben. Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Maße sie einen pragmatischen und Risiko-basierten Ansatz wählen werden, wenn sie ihre aufsichtsrechtlichen Befugnisse nach dem Umsetzungstermin wahrnehmen, bevor Ruhe eingekehrt ist. Aber es ist davon auszugehen, dass sie streng sein werden, wenn Finanzfirmen nicht nachweisen können, dass sie sich wirklich nach Kräften bemüht haben, die Vorschriften zu erfüllen.

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