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EU geht gegen Greenwashing bei Namensgebung von Fonds vor
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Seit Ende November 2024 gelten neue Regeln für die Namen von Fonds mit Nachhaltigkeitsbezug. Diese gehen auf eine neue Verordnung der Europäischen Wertpapier- und Markenaufsichtsbehörde (Esma) zurück.
Die Esma-Leitlinie für neue Fonds ist am 21. November in Kraft getreten (Esma 34-472-440 vom 14. Mai 2024). Die Manager von bestehenden Fonds haben jetzt bis zum 21. Mai 2025 Zeit, um die Namensgebung ihrer Fonds zu prüfen und diese gegebenenfalls an die neuen Anforderungen anzupassen.
Esma-Leitlinie: Bei Fondsanlagen nachbessern – oder Namen ändern
Alternativ können sie Wertpapiere oder andere Investments wie beispielsweise Immobilien, die diese Nachhaltigkeitsanforderungen nicht erfüllen, veräußern. Es gilt dabei ein 80-Prozent-Schwellenwert: Mindestens 80 Prozent der Investitionen eines Fonds müssen die nötigen Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen, wenn im Namen mit Nachhaltigkeitsbegriffen geworben werden soll (siehe unten).
Betroffen sind Fonds, die die Anforderungen der Artikel 8 („hellgrün“) und 9 („dunkelgrün“) der Offenlegungsverordnung erfüllen. Die beiden Artikel definieren verschiedene Nachhaltigkeitskriterien von Fonds. Fondsmanager müssen also sicherstellen, dass ihre Marketingstrategien und Fondsbezeichnungen die Anlagestrategien tatsächlich widerspiegeln. Ansonsten drohen rechtliche Konsequenzen.
Die Esma ist eine unabhängige Behörde der EU; in Deutschland kümmert sich die Bafin als Aufsichtsbehörde um die regelkonforme Umsetzung und Kontrolle der neuen Regeln.
Erklärtes Ziel ist es, irreführende Angaben zu Nachhaltigkeitskriterien bereits im Fondsnamen zu unterbinden. Damit soll „Greenwashing“, das Vorspielen nicht belegbarer Nachhaltigkeitskriterien und -ziele, unterbunden werden. Bislang enthielten Fonds, die nachhaltige Begriffe in ihrem Namen führen, teilweise auch beispielsweise Aktien von Ölkonzernen. Mit der Neuregelung sollen Anleger, deren Fonds im Namen Umweltziele aufführen oder sich auf sozialen Impact beziehen, klar erkennen können, dass ihr Investment diese Versprechen auch hält.
Mindestens 80 Prozent der Fonds-Anlagen mit Nachhaltigkeitsmerkmalen
Der Mindestschwellenwert besagt, dass 80 Prozent des Fondsvermögens so investiert werden müssen, dass sie mit den zugesagten Elementen der Anlagestrategie übereinstimmen. Die 80-Prozent-Grenze bildet die Voraussetzung dafür, dass die genannten nachhaltigkeitsbezogenen Begriffe im Fondsnamen verwendet werden dürfen.
Bei neu aufgelegte Fonds sollte es für Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) kaum Aufwand sein, die Neuregelungen anzuwenden. Anders sieht es bei bestehenden Fonds aus. Die KVGs müssen Unternehmen, in die sie investiert sind, genauer prüfen und gegebenenfalls den Fondsnamen anpassen oder Papiere, die diese Anforderungen nicht erfüllen, verkaufen.
Fondsmanager sollten daher eine gründliche Portfolioanalyse durchführen, um festzustellen, ob die Investitionen den neuen Anforderungen entsprechen beziehungsweise ob diese in das Portfolio passen. Gegebenenfalls müssen sie nicht konforme Anlagen abstoßen und durch geeignete, nachhaltige Investitionen ersetzen. Dieser Prozess erfordert eine sorgfältige Planung und Umsetzung.
Beispiel 1: Ein Fonds, der als „Nachhaltige Energie Global“ vermarktet wird, aber weniger als 80 Prozent seines Vermögens in erneuerbare Energiequellen wie Wind- oder Solarenergie investiert, müsste seine Strategie ändern. Nicht konforme Positionen wie Aktien von Unternehmen mit hoher Kohlenstoffdioxidintensität sind entweder abzustoßen oder durch nachhaltige Alternativen wie Investitionen in Windparks oder grüne Infrastrukturprojekte zu kompensieren.
Beispiel 2: Fondsnamen könnten angepasst werden, um die neuen Anforderungen zu erfüllen: „Nachhaltige Energien Europa“ könnte zu „Energiemix Europa“ werden, wenn der Fonds die 80-Prozent-Schwelle nicht erreicht.
Ein Fonds mit dem Namen „Grüne Zukunft Global“ könnte als Übergangslösung zu „Klimawandel Chancen Global“ werden, wenn er beispielsweise als Transitionsfonds eingestuft wird.
Klare und transparente Kommunikation gegenüber Investoren
Eine Untersuchung von „Morningstar“ vom 21. Juni 2024 kommt zu dem Ergebnis, dass für circa 1.600 Fonds Handlungsbedarf besteht: Sie müssen den Fondsnamen anpassen oder ihr Portfolio bereinigen und sich von nicht konformen Aktien trennen. Im zweiten Fall, so die Analyse, müssten sie Aktien im Wert von circa 40 Milliarden US-Dollar veräußern.
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Die Kriterien, die bei einer Namensänderung zu berücksichtigen sind, sind – wie geschildert – durchaus komplex. Fondsmanager, die sich bei der Umsetzung der Neuregelungen unsicher sind, sollten sich im Vorfeld juristischen Rat holen.
Bei der praktischen Umsetzung kann eine strukturierte Vorgehensweise sinnvoll sein. Fondsmanagern kann diese Checkliste weiterhelfen:
- Namens- und Portfolioanalyse durchführen: Überprüfen, ob die Investitionen die 80-Prozent-Schwelle einhalten
- Namens- und Anlagestrategie abhängig von Analyseergebnissen prüfen: Sicherstellen, dass die Anlageziele mit den Esma-Vorgaben übereinstimmen.
- Überwachungsprozesse implementieren: Interne Systeme einrichten, die überwachen, ob die Richtlinien eingehalten werden
- Personal schulen: Fondsmanager und Compliance-Teams auf die neuen Anforderungen vorbereiten
- Entwicklung Kommunikationsstrategie: Investoren klar und transparent über Fortschritte und Anpassungen informieren
Herausforderung bei der Umsetzung: keine Datenbank
Die Esma schätzt, dass von den knapp 68.000 Investmentfonds, die in der EU verwaltet werden, ungefähr 6.500 überprüft werden müssen, weil sie Nachhaltigkeitsbegriffe im Namen führen.
In der Praxis wird diese Analyse erschwert, weil es keine zentrale Stelle gibt, an der alle Fonds mit Nachhaltigkeitsbezug gelistet sind. Weder Esma noch Bafin haben darüber hinaus eine Übersicht der konkret betroffenen Fonds erstellt. Die ESG-Datenbanken am Markt sind für eine laufende Überwachung in der Regel zu wenig aktuell, nur schwer verfügbar und nur vereinzelt untereinander vergleichbar.
Kritisch ist zu sehen, dass die Esma-Leitlinie die Fondsnamen-Regeln nicht europaweit harmonisiert. Das wäre allerdings wünschenswert gewesen. Denn die nationalen Aufsichtsbehörden müssen sie nicht direkt umsetzen. Es reicht, wenn sie gegebenenfalls ein abweichendes Vorgehen gegenüber der Esma begründen.
Reform der Offenlegungsverordnung könnte weitere Klärung bringen
Deshalb ist eine aktualisierte EU-Offenlegungsverordnung, die klare und für alle Staaten geltende Mechanismen vorgibt, weiterhin wichtig. Die EU-Offenlegungsverordnung von 2021 wird derzeit einer Generalüberholung, einem Review, unterzogen. Eine wichtige Frage ist, ob für die Artikel 8 und 9 künftig weitere Definitionen und Mindestanforderungen vorgesehen werden – oder ob sie abgeschafft und stattdessen konkrete Kategorien für nachhaltig investierende Finanzprodukte eingeführt werden.
Die Branche wartet seit vielen Monaten auf eine Reform der Offenlegungsverordnung. Sie hofft auf ein verständliches, praxistauglicheres Regelwerk für nachhaltige Fonds.
Bis dahin ist die Esma-Leitlinie zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Der Fondsname ist der Begriff, auf den Anlegerinnen und Anleger vermutlich als erstes schauen. Dass für ihn nun strengere Anforderungen gelten, ist gut: Das Greenwashing von Fonds wird erschwert.
![Christian Eder](https://www.dasinvestment.com/uploads/fm/Christian-Eder.jpg)
Über den Autor:
Christian Eder ist Lead of Sustainability (ESG) & Consulting beim Beratungsunternehmen Ypsilon Group. Er ist Diplom-Ökonom (Wirtschaftswissenschaft), hat einen Bachelor in Bildungswissenschaften und ist zertifizierter Systemischer Berater.