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EU-Kleinanlegerstrategie
Efama: Provisionsverbote gefährden Finanzbranche
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EU-Kleinanlegerstrategie Efama: Provisionsverbote gefährden Finanzbranche

Börse in New York NYSE
Börse in New York (NYSE): Die Vorschläge zur EU-Kleinanlegerrichtlinie überzeugen noch nicht alle Produktanbieter | Foto: Imago Images / UPI Photo

Der europäische Fondsverband Efama hat nach eigenem Bekunden die vollständige Analyse der Vorschläge zur Reform der EU-Kleinanlegerstrategie noch gar nicht abgeschlossen, lässt sich aber nicht nehmen, gemeinsam mit weiteren europäischen Versicherungs-, Bank- und Asset-Management-Verbänden die aus seiner Sicht wichtigsten Kritikpunkten zu verkünden.

Konkret heißt es zu den EU-Vorschlägen und den Gründen für die Besorgnis seitens der Verbände, neben Efama noch Amice, EACB, EAPB, EBF, ESBG, Eusipa und Insurance Europe:

„Wir unterstützen nachdrücklich das Ziel, die Beteiligung von Kleinanlegern an den Finanzmärkten zu fördern, und begrüßen die umfassende Arbeit der Europäischen Kommission in diesem Bereich. Insbesondere freuen wir uns über die ermutigende Verlagerung hin zur Digital-by-Default-Kommunikation sowie über die Bemühungen, die Offenlegungen zu straffen und die Finanzkompetenz weiter zu fördern. Wir stellen jedoch fest, dass viele Maßnahmen in den Vorschlägen weitreichend sind und zahlreiche Bedenken aufwerfen.

 

 

 

1. Provisionsverbote stören Finanzsektor

Obwohl die Kommission erklärt hat, dass sie ihren ursprünglichen Plan, Provisionen beim Vertrieb von Anlageprodukten und versicherungsbasierten Anlageprodukten vollständig zu verbieten, wegen möglicher Marktstörungen aufgegeben hat, gibt es in den Vorschlägen viele Verbote der Zahlung von Provisionen, die immer noch erhebliche störende Folgen für den europäischen Finanzsektor und den Zugang der Verbraucher zu Anlage- und Versicherungsschutz haben würden. Wir haben auch erhebliche Vorbehalte gegenüber dem neuen Best-Interest-of-the-Client-Test.

Der vorgeschlagene Ansatz, der sich unverhältnismäßig stark auf die Kosten konzentriert, könnte dazu führen, dass Kunden das billigste Produkt gegenüber anderen, die ihnen potenziell einen größeren Nutzen bieten könnten, bevorzugen. Wir stellen fest, dass ein solches Ergebnis in der Tat dem besten Interesse des Kunden zuwiderlaufen würde.

2. Zu hohe Komplexität und Informationsflut für Anleger

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Die beträchtliche Anzahl neuer Prozesse, Richtlinien, organisatorischer Anforderungen, technischer Offenlegungen und Compliance-Verpflichtungen, die durch die Vorschläge eingeführt werden, weicht von den erklärten Zielen ab, i) die Informationsflut für die Kunden zu reduzieren und ii) den Zugang zu Finanzdienstleistungen zu vereinfachen. Tatsächlich führt die überwältigende Menge an Anforderungen zu einer zusätzlichen Komplexität, die höchstwahrscheinlich die Verbraucher davon abhalten wird, sich zu engagieren, da das lobenswerte Ziel, europäische Sparer zu Anlegern zu machen, durch einen noch längeren, komplexeren und aufwändigeren Anlageprozess behindert würde. 

3. Widerspruch zu maßgeschneiderten Angeboten

Die vorgeschlagene Einführung einheitlicher, quantitativer "Preis-Leistungs"-Benchmarks steht im Widerspruch zum Kernziel des Anlageprozesses, das darin besteht, maßgeschneiderte Lösungen für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden anzubieten. Der Begriff "Wert" umfasst nämlich mehr als nur die Kosten und hat für die verschiedenen Verbraucher je nach ihren Umständen, Zielen und persönlichen Werten unterschiedliche Bedeutungen.

Ein solches Benchmarking wäre nicht nur äußerst komplex in der Durchführung und hätte nur begrenzte Vorteile für die Kunden (ein kosten- statt anlegerorientierter Ansatz), sondern es würde im Wesentlichen einen regulierungsbedingten Preiseingriff in die Kapitalmärkte darstellen. Wir stellen daher die Notwendigkeit, die Rechtsgrundlage und die Folgen einer solchen politischen Entscheidung in Frage, insbesondere im Hinblick auf den Marktwettbewerb.

Darüber hinaus würde ein Preiseingriff durch Benchmarks die Entwicklung innovativer Produkte erheblich gefährden, insbesondere in den vielen neu entstehenden Anlagebereichen, für die es keine historischen Preisdaten gibt, und wäre nicht mit den laufenden Bemühungen zur Förderung eines nachhaltigeren Angebots vereinbar. All dies wird sich eindeutig nachteilig auf die internationale Attraktivität des EU-Kapitalmarktes auswirken.

4. Zu knapper Reform-Zeitplan

Wir sind ebenso besorgt über den nicht realisierbaren Zeitplan für die Umsetzung der neuen Anforderungen. Die Branche braucht ausreichend Zeit, um die neuen Anforderungen in den Millionen von unterschiedlichen Vertragsverhältnissen, die sie mit Kleinanlegern und Kunden unterhält, umzusetzen. Daher muss bei der Festlegung des Zeitplans sorgfältig geprüft werden, zu welchem Zeitpunkt alle erforderlichen Level-2-Spezifikationen und nationalen Bestimmungen veröffentlicht werden.

Die im aktuellen Entwurf vorgeschlagenen Umsetzungsfristen würden es der Branche derzeit unmöglich machen, die Vorgaben zu erfüllen, da bereits jetzt absehbar ist, dass bis dahin nicht einmal die Level-2-Spezifikationen veröffentlicht sein werden. Als Vertreter der Finanz- und Versicherungsbranche sind wir nach wie vor fest entschlossen, einen konstruktiven Beitrag zur Debatte darüber zu leisten, wie Kleinanleger gestärkt werden können. Wir werden diesen Dialog mit den EU-Institutionen fortsetzen und sind sehr daran interessiert, die vorgeschlagenen Maßnahmen weiter zu erörtern, sobald wir unsere Bewertung abgeschlossen haben.“

 

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