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Aktualisiert am 23.12.2010 - 16:05 UhrLesedauer: 6 Minuten

Eugen Weinberg: „Wir haben eine neue Rohstoffblase“

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DAS INVESTMENT.com: Welches Ausmaß hat das Ganze denn angenommen?

Weinberg: Zur Jahrtausendwende war der Einfluss von Anlegern noch nicht zu erkennen. Sie hatten insgesamt 5 Milliarden Dollar am Rohstoffmarkt investiert. Jetzt sind es weit über 200 Milliarden, vielleicht sogar 300 Milliarden Dollar geworden.

DAS INVESTMENT.com: Und die Zeche zahlt der Verbraucher.

Weinberg: So ungefähr. Das viele Geld, das in den letzten Jahren in den Rohstoffmarkt strömte, hat das Preisniveau von Rohstoffen insgesamt angehoben. Denn die langfristig orientierten Anleger, gar nicht so sehr die kurzfristigen Spekulanten, setzen größtenteils auf steigende Rohstoffpreise und bleiben auch lange dabei, unabhängig davon, wie sich die Fundamentalbedingungen verändern. Aber irgendwann holt sie die Realität ein. Das war vor allem 2008 sehr gut zu sehen.

DAS INVESTMENT.com: Die Spekulationsblase?

Weinberg: Genau. Oder glaubt einer ernsthaft, dass ein Preisanstieg von 70 Prozent binnen fünf Monaten gefolgt von einem Rückgang von 80 Prozent binnen der nächsten fünf Monaten fundamental, also mit den Veränderungen des physischen Angebots und der Nachfrage zu erklären sind. Ich frage mich nur, wie das die vielen anderen Rohstoffanalysten übersehen konnten und warum sie erneut die gleichen Argumente und Methoden wie vor der Blase anwenden. Vielleicht haben wir wieder eine Blase.

DAS INVESTMENT.com: Sie haben uns aber vor einem Jahr gesagt, eine Blase würde nur einmal platzen.

Weinberg: Damit war ich offenbar zu optimistisch. Die Zentralbanken und die Regierungen weltweit haben mit dem billigen Geld und den vielen Konjunkturmaßnahmen zum gegenwärtigen Preisanstieg der Rohstoffe erheblich beigetragen. Wir haben jetzt dieselben Merkmale der Blase wie 2008, nur etwas geringer ausgeprägt. Anleger und Händler interessieren sich nicht mehr für fundamentale Daten. Sie wollen nur noch wissen, warum die Preise weiter steigen. Oder gar schlimmer, sie wollen vermeiden, dass die steigenden Preise eine Auswirkung auf ihre Portfolios haben und kaufen deshalb Rohstoffindizes oder andere Derivate.

DAS INVESTMENT.com: Rechnen Sie nun mit fallenden Rohstoffpreisen?

Weinberg: Die Blasen sind deshalb so heimtückisch, weil sie sich oft über Jahre hinziehen und meist erst im Nachhinein als solche erkannt werden. Dennoch glaube ich, dass wir spätestens im Sommer eine massive Korrektur insbesondere bei den Metallen und Öl sehen werden. Das Timing wird auch von der Preisentwicklung und der Anlegerstimmung abhängen. Wir haben im Jahr 2008 vorhergesagt, dass der Ölpreis bis zum Sommer auf bis zu 150 oder sogar 170 Dollar steigen und danach zusammenbrechen wird. Es dauerte schließlich bis Mitte Juli, bevor der Ölpreis den Rückwärtsgang eingelegt hat. DAS INVESTMENT.com: Was wird denn der Auslöser für den Rückgang sein? Weinberg: Es gab keinen erkennbaren Auslöser für das Platzen der Blase im Jahr 2008. Jetzt reicht es aus, dass der Geldstrom in die Rohstoffmärkte abbricht. Denn dem physischen Angebot stehen zurzeit zwei große Treiber auf der Nachfrageseite gegenüber: die robuste physische Nachfrage und die ständigen Investmentzuflüsse. Die Preise werden stets von der Differenz zwischen dem Angebot und der Nachfrage bestimmt, der sogenannten Grenznachfrage. Diese könnte auch negativ werden, wenn die Anlegernachfrage einmal wegbricht. Dann wird das physische Überangebot sichtbar und die Preise werden sinken.
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