EuGH-Urteil „Millionen Kreditverträge können damit aufgelöst werden“


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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 26. März 2020 (Rechtssache C-66/19) entschieden, dass die von einer deutschen Sparkasse verwendete Widerrufsbelehrung in Kreditverträgen ungeeignet ist, Verbraucher in klarer und prägnanter Form über die Modalitäten für die Ausübung ihres Widerrufsrechts zu informieren. Damit kippt nach unserer Überzeugung die sogenannte Gesetzlichkeitsfiktion. Deshalb könnten nunmehr Millionen Kreditverträge widerrufen werden.
Von besonderer Tragweite ist das Urteil, weil die dem EuGH vorliegende Passage der Widerrufsbelehrung in amtlichen Mustertexten geschrieben steht, die der deutsche Gesetzgeber selbst entworfen hat. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Mustertexte haben Unternehmer diese in Millionen Kreditverträgen verwendet. Wer die Mustertexte verwendet hat, durfte sich dabei bislang noch grundsätzlich sicher sein, dass er den Vertragspartner ordnungsgemäß belehrt. Bislang galten die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht nämlich dann als erfüllt, wenn der Verwender ein amtliches Muster des Gesetzgebers verwendet (sog. „Gesetzlichkeitsfiktion“).
Ohrfeige für den deutschen Gesetzgeber
Doch damit ist nun Schluss. Auch wenn der Bundesgerichtshof (BGH) noch nicht über die Gesetzlichkeitsfiktion in dem jetzt vom EuGH entschiedenen Zusammenhang befunden hat: Dieses Urteil markiert einen Wendepunkt. Der BGH muss und wird nach unserer festen Überzeugung die Gesetzlichkeitsfiktion kippen - und zwar mit Wirkung für die Vergangenheit.
Das Urteil des EuGH wirft kein gutes Licht auf den deutschen Gesetzgeber. Über die Modalitäten und die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts ist ein Verbraucher nach den Vorgaben der EU-Richtlinie 2008/48 in „klarer, prägnanter Form“ zu informieren.