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Eurizon-Manager Paolo Bernardelli „Der Anleihemarkt bietet einen guten Einstiegspunkt“

Paolo Bernardelli, Head of Fixed Income & FX bei Eurizon
Paolo Bernardelli, Head of Fixed Income & FX bei Eurizon | Foto: Eurizon

DAS INVESTMENT: Das Motto „Bonds are back“ ist seit geraumer Zeit auf dem Markt. Haben die Zinssätze bereits ein Niveau erreicht, das für Anleger attraktiv ist?

Paolo Bernardelli: Die absoluten Renditen haben in der Tat nach vielen Jahren ultralockerer Geldpolitik und Negativzinsen wieder ein interessantes Niveau erreicht. Die Neubewertung hatte zunächst die nominalen Zinssätze beeinflusst und wurde in den letzten Monaten von einer parallelen Entwicklung der realen Zinsen begleitet. Angesichts der positiven Realzinsen in den USA und bei Non-Core-Euro-Anleihen bietet der Staatsanleihenmarkt ein interessantes Carry-Niveau.

Darüber hinaus stellen die hohen Kupons, die von neuen Anleihen gezahlt werden, eine Art Schutzwirkung gegen weitere Erhöhungen der Leitzinsen dar. Es hat sich zudem gezeigt, dass Positionen in Kernländern den Anlegern eine gute Absicherung geboten haben, als die Risikoaversion in den letzten Monaten zugenommen hat. Während sie im Negativszenario vor großen Verlusten geschützt sind, können Anleiheinvestoren in unserem zentralen Szenario positive Gesamtrenditen erwarten.

 

 

So gehen wir davon aus, dass die Fed eine Pause im geldpolitischen Erhöhungszyklus einlegen und schließlich in den folgenden Quartalen zu Zinssenkungen übergehen wird. In diesem Szenario würden Anleihen davon profitieren, dass die Gesamtrendite zusätzlich zu den Renditen, die durch ein hohes Carry-Niveau erzielt werden, steigt. Und dies insbesondere im kurzfristigen Bereich der Zinskurve.

Weitere Zinserhöhungen durch die Zentralbanken sind angesichts der Unruhen im Bankenumfeld (SVB, Credit Suisse) in Frage gestellt worden. Wie sehen Sie die Politik der Zentralbanken in den kommenden Monaten?

Bernardelli: Die Unruhen im Bankensektor haben sicherlich die Entscheidungen und die Bewertung der Zentralbanken beeinflusst. In Europa bestätigte die EZB eine Anhebung um 50 Basispunkte, änderte aber seine Argumentationsweise und fügte „die Stärke der geldpolitischen Transmission“ als neuen zu überwachenden Faktor hinzu. Außerdem hob die EZB ihre Forward Guidance in Bezug auf Zinserhöhungen auf, um einen neuen, vollständig datenabhängigen Ansatz zu verfolgen.

In den USA entschied sich die Fed nach der schnellen und starken Einführung von Liquiditätsmaßnahmen zur Unterstützung des Bankensystems für eine Anhebung um 25 statt 50 Basispunkte im März. Mit ihrer Entscheidung haben die Zentralbanken anerkannt, dass die Turbulenzen auf den Finanzmärkten eine unerwünschte Nebenwirkung der für 2022 angekündigten schnellen und umfangreichen Zinserhöhungen waren. Die Geldpolitik befindet sich nun in einem restriktiven Bereich, insbesondere in den USA.

Die Inflation liegt immer noch über dem Zielwert, aber der Druck auf die Preise scheint, wenn auch langsam, nachzulassen. Die Leitzinsen der Fed dürften nahe bei 5 Prozent liegen, während die EZB noch etwas Spielraum nach oben hat, eventuell mit einer weiteren kumulierten Anhebung um 50 Basispunkte in den nächsten Monaten.

Bedeutet dies, dass der beste Zeitpunkt für einen Einstieg in den Anleihemarkt noch bevorsteht?

Bernardelli: Der Anleihemarkt bietet im derzeitigen Umfeld einen guten Einstiegspunkt, da die meisten Zinskurven auf sehr interessanten Niveaus gehandelt werden. Der Carry-Effekt ist vor allem bei kurzfristigen Laufzeiten sehr ausgeprägt, da die Zinssätze nahe dem erwarteten geldpolitischen Zielwert liegen. Die Anleiherenditen befinden sich zwar auf historisch hohen Niveaus, weisen aber auch eine hohe Volatilität auf, die bei einem Mark-to-Market-Ansatz zu Verlusten führen könnte.

Wir empfehlen, bei Qualität und Rating selektiv vorzugehen: Bei den Staatsanleihen bevorzugen wir Core-Länder wie Deutschland und die USA. Obwohl die Spreads für europäische Peripherieanleihen derzeit unter Kontrolle zu sein scheinen, können wir einen Anstieg der Volatilität bei diesen Titeln nicht ausschließen. Ähnliches gilt für den Unternehmenssektor, wo wir in Titel mit Investment-Grade-Rating Möglichkeiten sehen, während wir bei Hochzinsanleihen zurückhaltend sind, da es angesichts der Unsicherheit am Markt für einen Einstieg noch etwas früh sein könnte.

Was bedeutet das konkret für die Anleger, wie sollten sie sich auf dem Rentenmarkt positionieren?

Bernardelli: Anleger sollten die relative Wertentwicklung der Laufzeitstruktur von Staatsanleihen ausnutzen. Da die Treasury- und Bund-Kurve immer noch invertiert ist, bevorzugen wir bei Core-Staatsanleihen kurz- und mittelfristige Laufzeiten, da diese ein sehr hohes Carry-Niveau garantieren. Einige Positionen im langfristigen Bereich dieser Kurve sollten ebenfalls in Betracht gezogen werden, da sie als Schutz gegen negative Szenarien einer harten Landung der Wirtschaft oder Finanzturbulenzen dienen können. Im mittelfristigen Bereich der Anleihekurven kann eine Diversifizierung und Renditesteigerung in Euro-Peripherieanleihen oder im Unternehmenssektor mit besonderem Schwerpunkt auf höher bewerteten Titeln und soliden Emittenten angestrebt werden.

Wir halten an einem zurückhaltenden Ansatz bei Spread-Bonds fest und sind vor allem im High-Yield-Segment vorsichtig, da Unsicherheit und Volatilität weiterhin hoch sind und in den nächsten Monaten noch weiter ansteigen könnten. Ein gewisses Maß an Diversifizierung und Absicherung kann den Portfolios auch durch inflationsgebundene Instrumente hinzugefügt werden, welche die Anleger vor unerwarteter Inflation schützen.

Der Epsilon Fund Euro Bond hat besser als die Benchmark performt. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Bernardelli: Seit seiner Auflegung im Jahr 2007 hat der Fonds, der zu den größten Euro-Staatsanleihen-Fonds gehört, seine Benchmark JPM EMU GBI kontinuierlich um 20 Prozent übertroffen. Die Stabilität des Managementteams, ein konsistenter Anlageprozess und die Ex-ante- und Ex-post-Risikoanalyse sind die drei Schlüsselelemente, welche die Performance der letzten Jahre erklären. Diese drei Säulen werden auch in Zukunft die charakteristischen Merkmale sein.

In den vergangenen Jahren konnte die Überperformance durch ein aktives Durationsmanagement, eine aktive Verwaltung der Positionen zwischen den Euro-Ländern, eine Abflachung der Renditekurve und eine Übergewichtung von inflationsgebundenen Anleihen erreicht werden. Gegenwärtig bevorzugen wir Euro-Staatsanleihen gegenüber der Benchmark, wobei wir stets einen Risikomanagementansatz verfolgen.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Und die letzte Frage: Grüne Anleihen sind in aller Munde. Wie stellen Sie sicher, dass es im Fonds kein Greenwashing gibt?

Bernardelli: Der Fonds investiert in ein Portfolio grüner Anleihen, das von dem spezialisierten Green-and-Sustainable-Finance-Team verwaltet wird und das ebenfalls sehr darauf achtet, Greenwashing zu vermeiden. Wir haben dazu einen speziellen Anlageprozess entwickelt, der den Eurizon-Anlageprozess ergänzt. Bei diesen Anleihen berücksichtigen wir zusätzlich zu den ESG-Kriterien, die in den Eurizon-Anlageprozess integriert sind, weitere Faktoren: Der Auswahlprozess basiert auf einer Due-Diligence-Prüfung, die sich an den von der ICMA definierten GBP-Green Bond Principles und den sich entwickelnden EU-GBS orientiert.

Das Projekt und die Rahmenbedingungen des Emittenten, welche der grünen Emission zugrunde liegen, werden im Detail analysiert und sowohl qualitativ als auch quantitativ bewertet. Insbesondere werden die Anleihen nach ihrem "Grünheitsgrad" eingestuft (von "dunkelgrün" bis "braun"), wobei eine Kombination aus objektiver und subjektiver Bewertung vorgenommen und eine laufende Bewertung des "Grünheitsgrads" durchgeführt wird.

 


Über den Autor:

Paolo Bernardelli ist Head of Fixed Income & FX bei Eurizon Capital. Er begann seine Tätigkeit bei Sanpaolo Asset Management (jetzt Eurizon Capital) im Jahr 1995 als Head of Domestic Bond Funds. Zuvor hatte er verschiedene Positionen als Analyst und Financial Trader bei der Sanpaolo Finance Merchant Bank inne und wurde später zum Head of Arbitrage und Head of Trading bei Sanpaolo Finance Promotio Sim ernannt. Seine berufliche Laufbahn begann Bernadelli bei der Banca Commerciale Italiana, wo er im Bereich Budget- und Finanzanalyse tätig war und auch mit ABI und der Centrale dei Bilanci in Turin zusammenarbeitete. Er schloss 1987 sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität L. Bocconi mit einer Spezialisierung in Verwaltung und Kontrolle ab.

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