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Euro-Bonds: „Die Mehrkosten Deutschlands würden sich auf 47 Milliarden Euro belaufen“

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DAS INVESTMENT.com: Wie stehen Sie zu dem „Nein“ der Bundesregierung zu Euro-Bonds?

Schmitt: Trotz des Neins der Regierung nimmt auch der Zuspruch innerhalb  Deutschlands tendenziell zu. Die Forderungen nach notwendigen Reformen sind richtig, stehen allerdings nicht zwangsläufig in einem Zielkonflikt mit der Einführung der Euro-Bonds. Die Ausgestaltung der Euro-Bonds muss jedenfalls Fehlanreizen vorbeugen, was eine herausfordernde Aufgabe darstellt. Eine Begrenzung des Volumens, die noch zu definieren ist, und über Euro-Bonds finanziert wird, scheint unabdingbar. Die Zuteilung der Emissionsgelder müsste durch eine noch zu gründende europäische Schuldenagentur erfolgen.

Weiterhin könnte eine Differenzierung der Zinskosten nach Bonität des Schuldners – wie die Auf- und Abschläge analog zu den nationalen Anleihen – eingezogen werden. Dadurch würden Anreize geschaffen, dass die Staaten eine solide Haushaltspolitik verfolgen, um die Zinskosten für den über die Euro-Bond-Gelder hinausgehenden Finanzierungsbedarf möglichst gering zu halten.

Diskutiert wird beispielsweise im Brüsseler Institut Thinktank Bruegel eine Schuldenobergrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Für dieses Volumen  – die sogenannten „Blue Bonds“ – dürften Euro-Bonds zu einem tiefen Marktzins begeben werden, deren Haftung die Staatengemeinschaft übernimmt.

Darüber hinaus müssten die Staaten mit national emittierten Anleihen – die „Red Bonds“ – ihren Finanzierungsbedarf abdecken, die von der Europäischen Zentral-bank allerdings auch nicht als Sicherheit für Liquiditätsgeschäfte akzeptiert werden dürften. So würde auch die Schuldenaufnahme der Staaten erschwert werden.

Die Verwendung der Mittel, die durch die Entlastung der hochverschuldeten Staaten in Form der niedrigeren Zinsen entsteht, müssten laut dem deutschen Finanzminister Schäuble „zweckgebunden“ zur Haushaltssanierung eingesetzt und deren Verwendung auch kontrolliert werden.

DAS INVESTMENT.com:
Was würden Euro-Bonds Deutschland kosten im Vergleich zur herkömmlichen Bundesanleihe?

Schmitt: Die Profiteure von Euro-Bonds sind in erster Linie die Staaten mit mangeln-der Kreditwürdigkeit. Staaten hingegen mit hoher Bonität wie Deutschland und Österreich stünden erhöhten Kosten bei der Geldaufnahme gegenüber. Bei den Mehrkosten rechnet das Bundesfinanzministerium für Deutschland mit einem Aufschlag von rund 0,8 Prozent bei aktuellen Bundesanleihen. In ähnlicher Größenordnung liegt der Aufschlag für Anleihen, welche die EU-Kommission derzeit zur Finanzierung ihres Anteils am Rettungsschirm begibt.

Mit einem deutlich höheren Aufschlag rechnet das ifo-Institut. Demzufolge müsste Deutschland in der jetzigen Finanzierungsstruktur einen markanten Aufschlag von 2,30 Prozent hinnehmen. Die jährlichen Mehrkosten würden sich auf 47 Milliarden Euro belaufen.

DAS INVESTMENT.com: Die Einführung von Euro-Bonds angenommen: Muss es dann überhaupt noch Anleihen einzelner Mitgliedsstaaten geben?

Schmitt: Das Modell der Euro-Bonds kann nur bis zu einem noch zu definierenden Prozentsatz von den jeweiligen Staaten in Anspruch genommen werden. Somit wäre nur ein Teil des Refinanzierungsbedarfs abgedeckt. Der restliche Bedarf wäre weiterhin über nationale Anleihen zu finanzieren, die die Staaten in eigener Verantwortung und zu Marktkonditionen emittieren.

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