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Euro-Krise: Wenn Moral auf Prinzipien trifft

Hubert Thaler
Hubert Thaler
Einmal mehr profitiert Deutschland vom Euro: Staatsschulden ohne Zinsendienst, nachdem die günstige Gemeinschaftswährung die deutsche Exportwirtschaft gen China angekurbelt hat und sich ausländische Touristen endlich deutsche Stadtreisen leisten konnten. Das schafft Jobs. Trotzdem: Der deutsche wirtschaftliche Erfolg verpflichtet nicht, die von den Eurozonennutznießern auf Pump gebuchten Berliner Hotelbetten mit Geldgeschenken via EZB oder Eurobonds zu bezahlen oder zumindest dafür zu bürgen.

Hier haben die Apologeten der Prinzipien Recht. Moralisch ist die Hilfe falsch, ökonomisch ist sie in der aktuellen Situation dagegen richtig. Das ist das Dilemma des „Moral Hazard“. Die angelsächsischen Wirtschaftswissenschaftler Nourel Roubini und Niall Ferguson zeigen in einem aktuellen Essay wenig Verständnis für die deutsche Schule der Moralphilosophie und plädieren für eine ökonomisch umfassende Refinanzierung der europäischen Bank- und Staatsschulden. Also für zeitlich begrenzte Eurobonds oder wie man die Solidarhaftung auch immer nennen mag, um die ökonomischen Fehler in Europa in den 30er Jahren nicht zu wiederholen.

Solch ein Instrument könnte die Spekulationen um die Tragfähigkeit des Euro grundsätzlich beenden. Denn aus der Vogelperspektive steht die Eurozone im Vergleich zu den USA, Großbritannien und Japan hervorragend da. Geringere Staatsschulden, eine ausgeglichene Handelsbilanz, eine nach wie vor weitestgehend von einzelnen Nationalstaaten unabhängige Zentralbank und mit dem Euro die weltweit zweitwichtigste Handelswährung. Nur die Zinszahlungen der Eurozone für Staatsschulden sind mit Abstand am Höchsten.

Mittelfristig steht ein noch größerer „Moral Hazard“ – ein Leben auf Pump – einzelner Nationalstaaten trotz des Fiskalpaktes im Raum. Den Bürokraten in Brüssel fehlen schlicht die Zähne, um bei den nationalen Budgetverhandlungen Zähne zeigen zu können. Hier muss über gesunde föderale Strukturen und klare Regeln, wie in der Schweiz und in den USA, ein gesundes Gegengewicht zu einem einseitig ausgerichteten, dysfunktionalen zentralen Dirigismus geschaffen werden.

Und dies beinhaltet auch die Trennung der unsäglichen Schicksalsgemeinschaft von Staaten und nationalen Geschäftsbanken. Sei es über Basel Ausschuss-Regeln bei den Risikogewichten für Staatsanleihen oder durch nationale Staatsgarantien für Tagesgelder bei Banken. Eine adäquate Bankenaufsicht ist gut in Brüssel aufgehoben. Die toxische Allianz aus Nationalstaaten und Geschäftsbanken kann damit langsam abgebaut werden, wenn beide Akteure ohne regulatorische Bevorzugung ihre Refinanzierung über den Kapitalmarkt sichern müssen.

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