Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau
Kommt die Eurokrise 2.0?
Jörn Quitzau ist Volkswirt und Leiter des Bereichs Wirtschaftstrends bei der Berenberg Bank. Foto: Berenberg
In Europa steigen die Marktzinsen – wenn auch nicht in allen Ländern gleich. Was das für die Wirtschaft des Kontinents bedeutet, erklärt Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau.
Auch wenn die Zinsen zuletzt wegen Rezessionssorgen wieder etwas zurückgekommen sind: Der Trend zeigte in diesem Jahr bisher klar nach oben. Die Marktzinsen sind gestiegen, allerdings nicht in allen Euro-Teilnehmerländern gleichermaßen stark. Besonderes Augenmerk liegt auf dem hochverschuldeten Italien. Dort sind die Zinsen deutlich stärker gestiegen als in Deutschland. Die Abbildung zeigt die Zinsdifferenz zwischen zehnjährigen Staatsanleihen der beiden Länder. Oder mit anderen Worten: den Zinsaufschlag, den der italienische Finanzminister im Vergleich zum deutschen Finanzminister zahlen muss, wenn er für zehn Jahre Geld am Kapitalmarkt aufnehmen möchte.
Dass Italien und andere Länder jetzt wieder deutlich höhere Zinsen zahlen müssen als Deutschland, ist in der Sprache der EZB eine „Fragmentierung“ der Anleihemärkte. Die Sorge der EZB ist, dass ihre geldpolitischen Impulse nicht in gleichem Maße in allen Euro-Teilnehmerländern ankommen. Letztlich ist aber wohl die unausgesprochene Sorge, dass bei einem zu starken Zinsanstieg Länder wie Italien eines Tages die steigende Zinslast auf ihre horrenden Staatsschulden nicht mehr tragen können. Die EZB hat deshalb vor einigen Wochen angekündigt, die Arbeit an einem „Anti-Fragmentierungsinstrument“ zu beschleunigen.
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Auch wenn die Zinsen zuletzt wegen Rezessionssorgen wieder etwas zurückgekommen sind: Der Trend zeigte in diesem Jahr bisher klar nach oben. Die Marktzinsen sind gestiegen, allerdings nicht in allen Euro-Teilnehmerländern gleichermaßen stark. Besonderes Augenmerk liegt auf dem hochverschuldeten Italien. Dort sind die Zinsen deutlich stärker gestiegen als in Deutschland. Die Abbildung zeigt die Zinsdifferenz zwischen zehnjährigen Staatsanleihen der beiden Länder. Oder mit anderen Worten: den Zinsaufschlag, den der italienische Finanzminister im Vergleich zum deutschen Finanzminister zahlen muss, wenn er für zehn Jahre Geld am Kapitalmarkt aufnehmen möchte.
Dass Italien und andere Länder jetzt wieder deutlich höhere Zinsen zahlen müssen als Deutschland, ist in der Sprache der EZB eine „Fragmentierung“ der Anleihemärkte. Die Sorge der EZB ist, dass ihre geldpolitischen Impulse nicht in gleichem Maße in allen Euro-Teilnehmerländern ankommen. Letztlich ist aber wohl die unausgesprochene Sorge, dass bei einem zu starken Zinsanstieg Länder wie Italien eines Tages die steigende Zinslast auf ihre horrenden Staatsschulden nicht mehr tragen können. Die EZB hat deshalb vor einigen Wochen angekündigt, die Arbeit an einem „Anti-Fragmentierungsinstrument“ zu beschleunigen.
Daraus ergeben sich viele wichtige und teils schwierige Fragen. An dieser Stelle soll es nur um eine Frage gehen: Wer entscheidet darüber, welche Zinshöhe für ein Land wie Italien angemessen ist? Sind es die Finanzmarktakteure, die ihr eigenes Geld (oder das Geld ihrer Kunden) einsetzen und sich nach einer eingehenden Risikoanalyse für oder gegen ein Engagement in italienischen Staatsanleihen entscheiden? Oder können es Politiker und Zentralbanker besser beurteilen?
Bis zur globalen Finanzkrise war die Antwort klar. Die Marktakteure wissen es besser und führen den richtigen Marktpreis (in diesem Fall: Zins) herbei. Wenn in diesem Jahr die „Fieberkurve“ nach oben geht, dann liegt das daran, dass sich die EZB als Nettokäufer vom Staatsanleihemarkt zurückgezogen hat und sich wieder echte Marktpreise gemäß den Risiken, die mit hohen Staatsschulden einhergehen, herausbilden. Das hat mit einer schädlichen „Fragmentierung“ herzlich wenig zu tun. Unterschiedliche Risiken führen eben zu unterschiedlich hohen Prämien – wie bei einer normalen Versicherung.
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