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Eurokrise: Die Büchse der Pandora ist geöffnet

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Da es aber in dem aktuellen finanzwirtschaftlichen System bislang nur ein einziges Ereignis dieser Art gab, sind die Antworten nicht aus der Erfahrung bestimmbar und unterliegen daher großen Schwankungen, die ausschließlich von der Stimmung an den Finanzmärkten abhängt.

Am Beispiel des Kurses der italienischen Staatsanleihe BTPS 3,75 % 1/3/2021 in den vergangenen 12 Monaten lassen sich diese Stimmungsschwankungen gut erkennen: Kursschwankungen von 10 oder 20 Prozent nach oben oder nach unten in sehr kurzen Zeiträumen kennen Anleger eher von volatilen Phasen auf den Aktienmärkten.

Solche Bewegungen entsprechen ganz sicher nicht den Erwartungen der traditionell eher konservativen Anleger in Staatsanleihen. Damit sind Staatsanleihen - auch nach der finanzwissenschaftlichen Definition von Risiko = Volatilität - eine risikobehaftetes Investment geworden.

Neues Forschungsfeld

Analysten versuchen sich nun in makroökonomischen Modellen, die die beiden Größen, Wahrscheinlichkeit eines Schuldenschnitts/Zahlungsausfalls und die Höhe eines möglichen Verlustes, abwägen.

Dabei herrscht eine erhebliche Unsicherheit über wichtige Parameter: Ab welchem Niveau beispielsweise kann man von Überschuldung sprechen? Wie sieht die zukünftige Schuldenentwicklung aus? Wie hoch fällt künftig das Haushaltsdefizit aus, die private Sparquote, die Außenhandelsbilanz, das Volksvermögen et cetera.

Selbst wenn man diese Entwicklungen schätzen kann, herrschen nur sehr ungenaue Vorstellungen darüber, ab welchem Punkt ein Schuldenschnitt oder ein Zahlungsausfall folgt und wie hoch dann der zu erwartende Verlust ist. Daher gibt es keine nachhaltigen Modelle, die es ermöglichen, eine faire Risikoprämie für eine Staatsanleihe zu bestimmen.

Hat man aber keine Vorstellung eines fairen Preises für eine Anlage, hat ein Investment in Staatsanleihen immer einen spekulativen Charakter.

Mutter aller Bemessungsgrundlagen fehlt

Doch selbst wenn man eine faire Risikoprämie für eine Anlage in eine italienische, spanische oder auch finnische Staatsanleihe bestimmen könnte: Das größte Problem bleibt die Referenzgröße einer risikofreien Kapitalanlage.

Was ist überhaupt ein „risikofreies Investment“? Seit der Lehman-Pleite ist es nicht mehr wie früher der Interbankenmarkt mit seinen „Swap-Rates“. Zahlreiche Banken haben Probleme mit ihren Anlagen und ihrer Refinanzierung und sorgen sich ganz allgemein um ihr Eigenkapital.

Im Anschluss an die Lehman-Krise verloren die Staatsanleihen der sogenannten Peripherie-Länder im Rahmen der Griechenland-Krise den Rang einer risikofreien beziehungsweise -armen Anlage. Mitte November 2011 hatte selbst Frankreich, immerhin eins der größten Kernländer der Eurozone, diesen Status zeitweise nicht beibehalten können.

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