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Eurokrise: Die Lösung ist für manche unbequem

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Eine stärkere Differenzierung zwischen Staatsausgaben

Die den Peripherieländern auferlegte Sparpolitik kann in ihrer aktuellen Form ebenfalls nicht funktionieren. Die Euroländer haben die Kontrolle über ihre Geldpolitik und über ihre Währung bereits abgegeben. Nimmt man ihnen nun auch noch die Haushaltspolitik weg, bleibt ihnen kein einziges der Instrumente mehr, mit dem Staaten normalerweise ihre wirtschaftlichen und auch sozialen Ziele umsetzen.

Die Wiedereinführung fiskalischer Zurückhaltung ist sicherlich lobenswert. Allerdings sprechen sich immer mehr Wirtschaftswissenschaftler für eine stärkere Differenzierung innerhalb der öffentlichen Ausgaben aus. Sie unterscheiden vor allem zwischen Ausgaben, die dem Erhalt eines übermäßig aufgeblähten Staatsapparats dienen, und solchen, die der Finanzierung von Produktivinvestitionen dienen, welche künftige Einnahmen ermöglichen.

Diese Differenzierung fehlt heute: Staaten, die Hilfe in Anspruch nehmen, wird lediglich ein Defizitabbau auferlegt. Dabei entsteht die Gefahr, dass in erster Linie Produktivinvestitionen eingespart werden, weil Einschnitte in nichtproduktiven Ausgabenbereichen politisch wesentlich schwieriger zu realisieren sind.

Eine notwendige Restrukturierung der Schulden

All dies kann zweifelsohne nicht funktionieren, wenn die Maßnahmen nicht mit einer tiefgreifenden Restrukturierung der Schulden des jeweiligen Landes einhergehen. Es gibt heute schlichtweg kein überzeugendes Szenario, auf dessen Basis die Länder ihre Schulden bedienen könnten.

Mit den in den zurückliegenden Jahren angehäuften Verbindlichkeiten wurde in erster Linie Konsum finanziert. Im Klartext: Die Schulden wurden nicht zur Erwirtschaftung künftiger Einnahmen eingesetzt, die dann zur Tilgung zur Verfügung ständen.

Hinzu kommt, dass der Zinssatz, den diese Länder auf ihre Verbindlichkeiten zahlen, höher ist als die Wachstumsrate ihres BIP. Das Verhältnis zwischen Verschuldung und BIP verschlechtert sich, und die Länder geraten in einen Teufelskreis.

Der Begriff Peripherieländer umfasst üblicherweise Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und Irland. Irlands Situation unterscheidet sich allerdings stark von der Situation der anderen Länder. Das Land ist wettbewerbsfähig, verfügt über einen deregulierten Arbeitsmarkt und der Rechtsstaat ist anerkannt.

Der Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Wohlstand und der Anerkennung des Rechtsstaats wurde in empirischen Studien nachgewiesen. Die wesentlich schwächere Akzeptanz des Rechtsstaats in Griechenland macht es umso schwieriger, das Land auf den Weg einer nachhaltigen Erholung zu bringen.

Irlands einziges Problem ist seine übermäßige Verschuldung, die der Entscheidung zuzuschreiben ist, die Banken des Landes nicht fallen zu lassen. Island, das auf die Rettung seiner Banken verzichtete und nicht Mitglied der Eurozone ist, erholt sich hingegen bereits wieder.

Die Alles-oder-nichts-Strategie der EZB

Wichtig ist schließlich noch eins: Wenn diesem Plan der Erfolg verwehrt bleibt, wird die aktuelle EZB-Politik nicht nur unnötig, sondern auch unverantwortlich gewesen sein. Indem sie den Preis des Geldes künstlich niedrig hält und diverse unkonventionelle Maßnahmen einsetzt, reduziert sie künstlich den Wert des Geldes.

In einer Marktwirtschaft, in der die Preise wichtige Signale aussenden, führt dies zwangsläufig zu erheblichen Verzerrungen und einer falschen Kapitalallokation. Es wird später extrem schwierig sein, die Folgen hiervon zu korrigieren. Dass die Zentralbanken der anderen großen Industrieländer eine ebenso unverantwortliche Politik praktizieren, ist hier nur ein schwacher Trost.

Jetzt nach zwölf Jahren (in denen sich die Ungleichgewichte verschärft haben) Kriterien aufzustellen, die die Eurozone von Anfang an hätte erfüllen müssen, könnte sich als vergebliches Unterfangen erweisen. Ein Vorgehen ohne Zustimmung der Bürger birgt zudem eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie in Europa. Der demokratische Prozess war bereits bei der Euro-Einführung ausgesetzt worden, und es beunruhigt, dass dies zunehmend auch bei der Bewältigung der Krise geschieht.

Die Lösung einer Krise, an deren Anfang eine undemokratische Maßnahme stand (Euro-Einführung), darf nicht darin bestehen, den demokratischen Prozess erneut außer Acht zu lassen.

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