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Europa: „Ein Teil der Unternehmensgewinne sind auf Pump“

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Die Börse jubelt


Dennoch laufen die Aktienmärkte, insbesondere Dax und Dow, in unerhörte Höhen. Aber warum nur? Der Markt könnte überzeugt sein, dass die jüngst schwachen Konjunkturzahlen nur ein Zwischentief sind, wie sie es in den Vorjahren ebenfalls waren. Die Lage wird dann nach dem Sommer wieder besser und da die Aktienmärkte in die Zukunft schauen, rechtfertigt dies schon heute das erhöhte Kursniveau.

Oder vielleicht freut sich der Markt einfach nur über die fallenden Rohstoffpreise, die an sich bereits für steigende Gewinne bei den Unternehmen sorgen werden, selbst wenn die Umsätze mau bleiben.

Der wahrscheinlichste Grund ist die Alternativlosigkeit der Aktie. Alle anderen Anlageklassen sind teuer. Anleihen, Immobilien, Gold – auch damit kann man Geld verlieren und auf dem derzeitigen Niveau allemal. Wer sein Geld verzinst wissen möchte, bekommt bei Staatsanleihen schon lange nichts mehr.

Daraufhin wurden Immobilien gekauft und Unternehmensanleihen. Aber diese sind nun ebenfalls, bis auf wenige Schnäppchen, so sehr im Preis gestiegen, dass die Anlage das Risiko nicht mehr lohnt.

Also bleibt die Aktie. In den USA sind die Aktienmärkte zwar nicht mehr billig und in Europa mit erheblichen Unsicherheiten belastet.

Aber verglichen mit den anderen Anlageklassen sind sie billig. Und so reden sich die Investoren jetzt ein, wie schon zuvor bei Unternehmensanleihen und Immobilien, die Aktie sei eigentlich eine ganz seriöse und sichere Anlageform. Was ja auch richtig ist, wenn man ein entsprechendes Nervenkostüm mitbringt.

Bis die Inflation kommt

Die niedrigen Zinsen werden die Aktienmärkte noch treiben, bis das Geld in der realen Wirtschaft ankommt. Die Zentralbanken werden bei einer Inflationsrate deutlich unter 2 Prozent nicht auf den Gedanken kommen, die Zinsen anzuheben.

Europa und die USA befinden sich nach wie vor in der Liquiditätsfalle, in der inflationärer Druck nicht vorkommt. Ziel ist es natürlich, dass das Geld in die Betriebe fließt, dass die Unternehmer wieder investieren, weil die Konsumenten wieder kaufen.

Aber die allgemeine Sektlaune will sich nicht einstellen, da der Wohlstandseffekt, den die steigende Bewertung mit sich bringt, sich bei den Mitbürgern konzentriert, die schon Geld angelegt haben. Und da diese sowieso schon alles haben und kaum mehr einkaufen können, als sie es sowieso schon tun, erhebt sich hier im Zweifelsfalle ein neuer Kopf der Hydra.

Eurokrise bleibt ungelöst

Es bleibt also nur, die Sache mitzumachen, so lange die Musik spielt, wie schon Chuck Prince, in schwieriger Zeit Chef der Citigroup, in legendärer Einfachheit gesagt hat.

Aber anders als Chuck, der im entscheidenden Augenblick weit weg von allen Stühlen war, sollte man sich immer bewusst machen, dass die Eurokrise keineswegs vorbei ist, dass die Konjunktur nach wie vor lau ist, und dass ein guter Teil der Unternehmensgewinne aus einer extrem günstig gewordenen Finanzierung stammt.

Aber so lange die Zinsen niedrig bleiben und sich genügend Marktteilnehmer einbilden, sie hätten zu Aktien keine Alternative, werden die Kurse freundlich bleiben. Herkules hat das Problem gelöst, indem er die Stellen, wo er die Köpfe abschlug, mit Feuer versengte, sodass keine nachwachsen konnten.

Aber was soll das heute und in diesem Fall sein, das Feuer? Bevor man es sich herbeiwünscht, sollte man sich immer überlegen, wen es verbrennt.

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