Ökonom Fabrizio Pagani
Europa muss den Krisenmodus beenden
Leitet die internationale Kapitalanlagestrategie der Fondsgesellschaft Muzinich: Fabrizio Pagani Foto: Muzinich
Um den Absturz der Wirtschaft zu verhindern, setzte die Europäische Union während der Corona-Pandemie wichtige Defizitregeln außer Kraft. Jetzt muss der Staatenverbund die Zügel wieder anziehen. Welche Maßnahmen notwendig sind, erklärt Ökonom Fabrizio Pagani von der Fondsgesellschaft Muzinich.
Die italienische Regierung hingegen hat kürzlich in einem offiziellen Dokument ihre Absicht bekundet, das Defizit nach 2022 weit über 3 Prozent zu halten.4 Die eigentlichen Verhandlungen haben jedoch noch nicht begonnen. Der Prozess überschneidet sich mit dem politischen Kalender der großen Länder: die Bildung der deutschen Regierung und die Präsidentschaftswahlen in Frankreich im April 2022. Daher diskutieren Ökonomen und Experten für öffentliche Finanzen derzeit offen über mögliche Modelle und Reformvorschläge.
Eine weit verbreitete Expertenmeinung besagt, dass eine Rückkehr zum ursprünglichen Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht möglich ist, auch angesichts einiger technischer...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die italienische Regierung hingegen hat kürzlich in einem offiziellen Dokument ihre Absicht bekundet, das Defizit nach 2022 weit über 3 Prozent zu halten.4 Die eigentlichen Verhandlungen haben jedoch noch nicht begonnen. Der Prozess überschneidet sich mit dem politischen Kalender der großen Länder: die Bildung der deutschen Regierung und die Präsidentschaftswahlen in Frankreich im April 2022. Daher diskutieren Ökonomen und Experten für öffentliche Finanzen derzeit offen über mögliche Modelle und Reformvorschläge.
Eine weit verbreitete Expertenmeinung besagt, dass eine Rückkehr zum ursprünglichen Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht möglich ist, auch angesichts einiger technischer Schwachstellen, die er aufgewiesen hat. Allerdings gehen die Ansichten über die Reichweite und Tiefe der Reformen auseinander.
Es gibt den Vorschlag, wie in einem aktuellen Papier von Bruegel5 hervorgehoben, in den bestehenden Rahmen einzugreifen, indem eine „grüne goldene Regel“ eingeführt wird, die öffentliche grüne Investitionen von den Regeln zu Defizit und Verschuldung ausnimmt. Dies könnte durch Auslegungsvermerke der Europäischen Kommission erreicht werden, ohne die bestehenden Regeln formell zu ändern.
Andere, darunter Joseph E. Stiglitz in einem kürzlich erschienenen FT-Artikel6, argumentieren, dass eine tiefgreifende Reform der Regeln notwendig sei, um die in der großen Finanzkrise gemachten Fehler nicht zu wiederholen. In diesem Sinne schlagen mehrere maßgebliche Wirtschaftswissenschaftler wie Olivier Blanchard7 und Jean Pisani Ferry8, vor, den derzeitigen Rahmen rechtlicher Regeln, der für alle gleich sind, durch einen Mechanismus abzulösen, der sich an den makroökonomischen Grundsätzen der Stabilität öffentlicher Finanzen orientiert und von Land zu Land angewendet wird.
4 Mef Gov per Oktober 2021. Genauer gesagt 3,9 Prozent für 2023 und 3,3 Prozent für 2024. Nota di Aggiornamento Documento Economia e Finanza (NADEF).
5 Ecofin per 10./11. September 2021. Dieses Papier wurde bei der informellen Sitzung in Ljubljana vorgestellt. Z. Darvas und G. Wolff, 2021. „A green fiscal pact: climate investment in times of budget Consolidation“, Policy Contribution 18/2021, Bruegel
6 Financial Times, 22. September 2021. J. Stiglitz, „Europe should not return to pre-pandemic fiscal rules. Given the challenges the EU faces today, a new round of austerity would be calamitous“
7 PIIE, per Februar 2021. O. Blanchard, A. Leandro, J. Zettelmeyer, „Redesigning the EU Fiscal Rules: From Rules to Standards“, Arbeitspapier 21-1.
8 CAE-Eco per 26. Mai 2021. Ph. Martin, J. Pisani-Ferry, X. Ragot, „A new template for the European fiscal framework“.
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