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Robert Halver über die US-Wahl Europäer sollten sich nicht zu früh freuen

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Und hören wir bitte auf, uns nur als moralische Supermacht, ein Europa der Herzen zu definieren. In einer autoritärer werdenden Welt, in der sich jeder selbst der Nächste ist, gewinnt man nur mit dem Werfen von Wattebällchen keinen geopolitischen Einfluss. Man darf manchmal auch zeigen, was eine Harke ist. Oft hat man den Eindruck, dass die europäische Hypermoral als Alibi genutzt wird, bloß keine schmerzhaften Entscheidungen zu treffen, selbst wenn sie zur Aufwertung Europa dringend erforderlich sind. Europa will nach innen und außen bloß keinem wehtun. Aber man kann es nicht allen Recht machen.

Da Amerika uns wirtschafts- und handelspolitisch nicht mehr ans Händchen nimmt, müssen wir uns selbst führen. Statt aufgewärmter sozialistischer Ideologie müssen wieder die marktwirtschaftlichen Ärmel aufgekrempelt werden. Wie oft muss man eigentlich noch wiederholen, dass Staatswirtschaft schon immer der Highway to Hell war, auf der der Wohlstand an die Wand fährt.

Wirtschaftskompetenz darf nicht zum Schimpfwort werden. Innovationspolitik, Wettbewerbsfähigkeit, ja, das Leistungsprinzip kann man in einer egoistischen und konkurrenzstarken Welt nicht „links“ liegen lassen. Nicht zuletzt geht es um die wirtschaftlichen Chancen des neuen Megathemas Klimaschutz. Nachdem wir die Digitalisierung haben schleifen lassen, müssen wir aufpassen, dass uns Bidens Vision eines Green America hierbei nicht den Scheid abkauft.

Die EZB alleine kann uns nicht retten. Wenn sie zum Financier der europäischen Staatswirtschaft verkommt, werden (wirtschafts-)politischer Müßiggang und Reformverweigerung auch noch belohnt. Sollte Europa keine Wende schaffen, wird sich die lange Underperformance europäischer Aktien gegenüber der amerikanischen Konkurrenz nicht nur fortsetzen, sondern noch verstärken.

Deutlich wird die Innovations-Underperformance übrigens auch mit Blick auf die Minderentwicklung des TecDAX gegenüber dem US-Technologieindex Nasdaq Composite.

Europa muss die US-Wahl 2020 als finalen Weckruf verstehen. Hoffentlich hat Brüssel die Weckfunktion nicht ausgeschaltet. Denn dann verschlafen wir die Zukunft noch mehr. 

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