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Europäische Aktien „Das Glas ist halb voll“

Uwe Zöllner, Manager des Franklin European Dividend Fund
Uwe Zöllner, Manager des Franklin European Dividend Fund
Deutsche Aktien standen zuletzt unter Druck. Wird der einstige Börsenstar DAX zu alter Stärke zurückfinden?

Deutschland muss sich daran gewöhnen, nicht mehr der europäische „Superheld“ zu sein. Viele Jahre lang war die deutsche Wirtschaft Vorbild für andere EU-Länder. Während andere Länder mit Problemen kämpften, war Deutschland erfolgreich. Unser Land hat vieles richtig gemacht, wir hatten aber auch in vielerlei Hinsicht Glück. Als Exporteure von Maschinen, Autos und Chemikalien profitierte unsere Wirtschaft vom Aufschwung in den Schwellenländern. Jetzt kühlt sich die Wirtschaftslage in den Schwellenmärkten ab. Die Nachfrage nach deutschen Produkten sinkt und das spiegelt sich in den Aktienkursen von Exportunternehmen wider.

Was den DAX betrifft, stimmt es, dass der Durchschnittsdeutsche sich nicht für Marktbewegungen interessiert. Es besteht allerdings Sorge in Hinsicht auf die Wirtschaft insgesamt. Bisher hat Deutschland keinen Konjunkturrückgang erlebt, die Schlagzeilen sind aber zunehmend pessimistisch geprägt und die Verbraucherstimmung wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach in nächster Zeit nicht verbessern.

Das könnte sich möglicherweise sogar als Segen für die deutsche Wirtschaft erweisen, die schon immer Maßnahmen, wie haushalts- oder geldpolitische Interventionen, abgelehnt hat. Stattdessen wurde immer dem Ansatz „einsparen, einsparen, einsparen und Strukturreformen“ gefolgt. Das hat funktioniert und bis jetzt hat Deutschland keine ernsthaften Probleme gehabt. Ich denke, jetzt ist die Zeit der stärker ausgeprägten „pragmatischen“ und „flexiblen“ Stimmen in der Wirtschaftspolitik gekommen.

Wird die Eurozone in eine Rezession abrutschen?

Nun, Italien befindet sich bereits in der Rezession. und Deutschland ist nahe dran, hat aber bisher aufgrund seiner Sparpolitik und durchgeführter Strukturreformen keine ernsthaften Probleme. In Frankreich sieht es nicht gut aus. Strukturreformen sind hier unvermeidlich. Spanien und Portugal haben ihre Hausaufgaben jedoch bereits erledigt. Ich denke nicht, dass die Wirtschaftssituation in der Eurozone so schlecht werden wird, wie wir es 2011 und 2012 bereits erlebt haben. Einen echten wirtschaftlichen Aufschwung werden wir aber wohl erst 2015 oder 2016 erleben. Bei Franklin Templeton schauen wir aber weniger auf solche volkswirtschaftlichen Trends. Vielmehr identifizieren wir preiswerte Qualitätsunternehmen und warten, bis sie ihr Potenzial entfaltet haben.

Fällt es nicht dennoch schwer, Anleger davon zu überzeugen, ihr Geld in europäische Dividendenfonds zu investieren?

Wir glauben, dass es im kommenden Jahr besser laufen wird. Die Reformbemühungen in Italien stimmen optimistisch; sie könnten sich auf den gesamten Euroraum auswirken. Rein aus Anlegersicht werden viele Unternehmen des sogenannten „alten Kontinents“ in Hinsicht auf Indikatoren, wie Gewinn je Aktie oder Eigenkapitalrendite, immer noch unter den Höchstständen von 2007 gehandelt. Es besteht also immer noch Raum für Wachstum.

Müsste ich beschreiben, ob das Glas halb voll oder halb leer ist, würde ich sagen, es ist halb voll. Natürlich muss sich aus globaler Sicht noch einiges verbessern, das Wachstum in den Schwellenmärkten muss zulegen. Falls die dringend erforderlichen Reformen in der Eurozone aber umgesetzt werden, werden auch die Bewertungen europäischer Unternehmen letztendlich steigen.

Ein schwacher Euro könnte die Konjunktur in der Europäischen Union sehr unterstützen. Die Gemeinschaftswährung war jahrelang - entgegen dem gesunden Menschenverstand - äußerst stark. Seine Abwertung - oder vielmehr die Neujustierung seines Werts - kann nicht nur Deutschland sehr zugute kommen, sondern auch schwächeren südeuropäischen Ländern, die ebenfalls von Exporten außerhalb der Eurozone abhängig sind. Das nächste Jahr könnte daher ein recht gutes werden. Wenn wir an einen wesentlichen Faktor des Wirtschaftswachstums in der EU in der Vergangenheit denken, dann sind da die Exporte, die einen hohen Beitrag zu diesem Wachstum geleistet haben. Das führte zu höheren Investitionen, was wiederum die Beschäftigtenzahlen verbesserte. Und das führte zu einem Anstieg der Konsumausgaben. Ich denke, dieses Mal wird es nicht anders sein.