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Europäische Aktien „Wir setzen stark auf den Aufschwung in Europa“

Edwin Lugo, CFA Senior Vice President bei Franklin Templeton und Portfoliomanager des Franklin European Small-Mid Cap Growth Fund.
Edwin Lugo, CFA Senior Vice President bei Franklin Templeton und Portfoliomanager des Franklin European Small-Mid Cap Growth Fund.
DAS INVESTMENT.com: Sind europäische Aktien bereits überkauft? Wie schwer sind unterbewertete Aktien inzwischen aufzutreiben? Welche Kennzahlen belegen Ihres Erachtens, dass Aktien überkauft beziehungsweise nicht überkauft sind?

Edwin Lugo: Manche Segmente der europäischen Aktienmärkte sind fraglos teuer. Hohe Bewertungsniveaus haben beispielsweise Transportwerte und hochwertige globale Maschinenbauer erreicht, insbesondere solche mit US-Engagement. Insgesamt ist es sicher schwieriger geworden, unterbewertete Unternehmen ausfindig zu machen, doch es gibt noch viele Gelegenheiten, etwa bei kleinen europäischen Investment- und Privatbanken, irischen und spanischen Immobilienwerten und Personaldienstleistern mit Europageschäft.

Den Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV) zufolge ist Europa mit 12 für die nächsten zwölf Monate immer noch günstiger bewertet als die USA und die meisten asiatischen Länder mit 14. Auf absoluter Basis würden wir ein europäisches KGV über 16 als teuer erachten.

DAS INVESTMENT.com: Sie gehören zu den „aktiveren“ Fondsmanagern in der Kategorie der europäischen Aktienfonds. Ist das Zufall oder Überzeugung?

Lugo: Aktiver sind wir durch unseren Investmentansatz, der auf das Vertrauen in Unternehmen mit soliden Bilanzen und geringen Risiken für das langfristige Geschäft und die Bewertung beruht. Die Allokation unseres Portfolios erfolgt bewertungsorientiert.

DAS INVESTMENT.com: Zu Ihrer Einzeltitelauswahl: Interessiert es Sie überhaupt, ob eine Aktie in der Benchmark erfasst ist oder nicht?

Lugo: Bei der Auswahl eines Unternehmens achten wir nicht auf die Benchmark. Hinzu kommt, dass unser Portfolio rund 35 Titel umfasst, der MSCI European Small-Mid Cap Index dagegen über 1000 Unternehmen. Eine engere Nachbildung des Indexes ist für uns daher ohnehin schwierig.

DAS INVESTMENT.com: Berücksichtigen Sie beim Portfoliomanagement Richtwerte wie den aktiven Anteil oder den Tracking Error?

Lugo: Nein.

DAS INVESTMENT.com: Was halten Sie vom aktiven Anteil, einer eher unbekannten Größe? Sollte er für Anleger und Instrumente wie Fact Sheets eine größere Rolle spielen, vor allem da das aktive Fondsmanagement nach wie vor unter dem Druck steht, seinen Mehrwert gegenüber passiven Anlagen nachzuweisen?

Lugo: Ein Anleger muss die langfristige Bilanz des Managers kennen. Er muss wissen, dass das Anlageverfahren wiederholbar ist und wie es sich in unterschiedlichen Marktbedingungen verhält. Der aktive Anteil sollte auf Fact Sheets angegeben werden, damit der Anleger entscheiden kann, ob der Manager langfristig Mehrwert bietet. Kann der Anleger den Manager nicht bewerten, sollte er sich an passive Anlagen halten, denn langfristig sorgen die Märkte für zufriedenstellende Erträge.

DAS INVESTMENT.com: Mit welchen Positionen und Branchen weichen Sie derzeit am stärksten von der Benchmark ab? Geben Sie bitte zwei, drei Beispiele und erläutern Sie Ihre Beweggründe.

Lugo: Übergewichtete Sparten sind Industrie- und Finanzwerte. Der Industriesektor ist für uns so interessant, weil es in diesem Segment viele Arten von Nischenunternehmen mit starken Bilanzen und fähigen Managementteams gibt, die in ihrem Bereich führend sind. Ein gutes Beispiel dafür ist der in Irland und Großbritannien tätige irische Baustoffhändler Grafton.

Als wir uns 2011 in dem Unternehmen engagierten, überzeugte uns dessen Stellung in der Branche. In Irland ist es die Nummer eins und in Großbritannien rangiert es an vierter Stelle. Grafton vertreibt in Irland über mehr als 150 Filialen Baustoffe an private und gewerbliche Endkunden und in Großbritannien über mehr als 400 Vertriebsstellen ausschließlich an gewerbliche Kunden. Über den Gesamtzyklus stimmen die Preise für Graftons Produkte, und seine umsichtige Bilanzpolitik ist in der Branche beispielhaft.

Während der Finanzkrise gehörte Grafton zu den wenigen Unternehmen aus diesem Sektor, die ihre Bilanz nicht durch ein Bezugsangebot stützen mussten. Außerdem übernahm 2011 CEO Gavin Slark das Ruder. Er hat eine solide Erfolgsbilanz für Kostensenkung und Unternehmenswachstum. Und schließlich war die Aktie damals äußerst ansprechend bewertet, denn in Irland und Großbritannien herrschte Rezession. Ob Grafton in der Benchmark vertreten war oder nicht, es war ein tolles Unternehmen zu einem guten Preis. Deshalb griffen wir beherzt zu und bauten eine maßgebliche Position in der Aktie auf.

Im Finanzbereich sind wir vor allem aufgrund unserer ausgeprägten Überzeugung vom Immobiliensektor in Irland und Spanien übergewichtet. Die Preise für Gewerbe- und Wohnobjekte sind in beiden Ländern von den 2007 verzeichneten Höchstständen um 40 Prozent bis 80 Prozent zurückgefallen. Unserer Ansicht nach dürften viele dieser hochwertigen Immobilien über die nächsten fünf Jahre stark im Wert steigen, während sich Europa allmählich erholt. Heute haben wir uns entschlossen, uns mit den besten Akteuren der Branche zusammenzutun. Dazu gehören Stephen Vernon und Pat Gunne von Green REIT, die auf langjährigen Markterfolg in Irland zurückblicken und durch gute Verbindungen Zugang zu maßgeblichen Transaktionen haben.

In Spanien sind unsere Partner Luis und Manuel Pereda vom Familienunternehmen Grupo Lar, das schon über 20 Jahre auf dem spanischen Immobiliensektor tätig ist. Selbst zu den derzeit gedrückten Preisen können wir mit diesen Objekten noch 6 Prozent bis 8 Prozent Rendite erzielen. Dafür sprechen die geringen Risiken eines weiteren Einbruchs der Immobilienmärkte. Zumindest sind wir sicher, dass wir uns nicht auf einem Gipfel befinden. Ein weiterer Pluspunkt ist die Erfahrung der Beteiligten und ihr Fokus auf konservativen Bilanzen.

DAS INVESTMENT.com: Lob und Tadel: Wie reagieren Ihre Anleger auf Ihre Abweichungen von der Benchmark?

Lugo: Wir hören, dass wir sehr zyklisch engagiert sind und stark auf einen Aufschwung in Europa setzen. Das stimmt, denn viele der preiswerteren Unternehmen stammen tendenziell aus Bereichen, die noch versuchen, aus der Erholung in Europa Kapital zu schlagen. Dazu gehören Personaldienstleister, für die die Arbeitslosigkeit noch sinken muss, Investmentbanken, deren Handelsvolumen in Europa weiter unspektakulär ist, und Immobilien in europäischen Randstaaten, die nach wie vor Schwäche zeigen.

Bei uns richtet sich die Allokation des Portfolios ganz nach der Bewertung. Wir haben keine makroökonomische Top-down-Perspektive. Wir kaufen, wo es billig ist, um langfristig höhere Renditen zu erzielen. Infolgedessen ist unser Portfolio in der Regel in günstigeren und unpopuläreren Sektoren übergewichtet.

DAS INVESTMENT.com: Welche Abweichung Ihres Portfolios von der Benchmark war bislang die „erfreulichste“?

Lugo: Das war zuletzt unsere Übergewichtung in Irland und Griechenland von 2011. Sie kam der Performance in den Jahren 2012 und 2013 zugute, als klar wurde, dass die Eurozone nicht auseinanderbrechen würde.

DAS INVESTMENT.com: Was ist der Referenzindex für Ihren Fonds?

Lugo: Der MSCI European Small-Mid Cap Index.

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