Europäische Anleihen Wissenswertes für Euro-Investment-Grade-Anleger
Nach 2022, dem Jahr, in dem ein Jahrzehnt der geldpolitischen Lockerung zu Ende ging, war 2023 das Jahr, in dem die Zinskurve neu bewertet wurde. Das Ende des „Höher für länger“-Mantras der Zentralbanken führte zu einer Versteilung der Renditekurven und zu einer Neubewertung der Realzinsen, die nun zum ersten Mal seit fast zehn Jahren wieder im positiven Bereich liegen.
Somit bewegen sich die Renditen europäischer Investment-Grade-Anleihen heute auf einem sehr attraktiven Niveau von rund 4,6 Prozent (durchschnittliche Rendite bis zur Fälligkeit des Iboxx Euro Corporate Index zum 18. Oktober 2023, Quelle: Bloomberg) im Vergleich zur Null-Prozent-Marke, die während der Covid-Krise zu Buche schlug wurde.
Darüber hinaus sind die Kreditaufschläge attraktiv; die Prämie für Investment-Grade-Anleihen. Die Kreditaufschläge liegen deutlich über ihrem historischen Durchschnitt, sind aber stabil und werden durch solide Fundamentaldaten der Unternehmen, einem geringer als erwarteten Finanzierungsbedarf und Zuflüsse in die Anlageklasse unterstützt.
In diesem Zusammenhang steht der Investment-Grade-Markt wieder im Fokus. Mit höheren Zinssätzen und hohen Aufschlägen bietet er im Vergleich zu anderen Anlageklassen ein attraktives Risiko-Rendite-Verhältnis – ein Sweet Spot für Anleiheninvestoren.
Sanfte Landung ist noch nicht ausgemacht
Obwohl die Annahme einer sanften Landung der Konjunktur nach wie vor zutrifft, gehen wir davon aus, dass sich leichte Anzeichen von Schwäche zeigen und eine gewisse Dispersion der Kreditvergabe eintreten dürfte. Wir haben bereits gesehen, dass wichtige Adressen den Markt mit negativen Kursen überraschen. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung höherer Kreditkosten, höherer Inputkosten und der Ungewissheit in Bezug auf die Nachfrage und die durch die Energiewende erforderlichen Transformationen.
In einem solchen Kontext kann ein entschieden aktiver Managementansatz, der auf Überzeugungen beruht, sich auf die Fundamentalanalyse konzentriert und ESG-Faktoren einbezieht, einen Mehrwert bieten – außerdem lässt sich so das Risiko einer Rezession berücksichtigen. Die Umsetzung der Fundamentalanalyse, verquickt mit einem ESG-Filter, zielt darauf ab, eine Ausrichtung des Portfolios auf hohe Qualität zu erreichen, weil Emittenten mit soliden Bilanzen, guten Kreditkennzahlen und starken ESG-Profilen bevorzugt werden. Diese Emittenten werden sich in einem möglichen Abschwung und einer Ausweitung der Kreditspreads im Falle einer schweren Rezession wahrscheinlich besser schlagen als andere. Letztlich sind wir auch der Ansicht, dass das derzeitige Umfeld ein aktives Management der Portfolioduration erfordert und die Zins- und Kreditstrategien im Licht der sich entwickelnden makroökonomischen Bedingungen kontinuierlich überprüft werden sollten.
Ohne ESG geht es nicht
Die Klimakrise und die sozialen Herausforderungen, die sich aus der Energiewende im globalen Maßstab ergeben, sind nach wie vor ein beherrschendes Thema an den Märkten der Eurozone.
Die Verpflichtungen, die auf europäischer Ebene eingegangen wurde, sind umfänglich: Verringerung der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent bis 2030 (Gesetz „Fit for 55“), ein höherer Anteil erneuerbarer Energien am Stromerzeugungsmix (Ziel: 42,5 Prozent bis 2030) und die Entwicklung von CO2-Preismechanismen. Die europäischen Regulierungsbehörden haben gezeigt, dass sie mit klareren Berichtsrahmen und Forderungen nach verbesserter Offenlegung auf Emittenten- und Anlegerebene eingreifen, zum Beispiel durch die CSRD- und SFDR-Vorschriften. Sogar die Europäische Zentralbank, der größte Akteur auf dem Investment-Grade-Markt, hat einen Plan zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten ihrer massiven Ankaufsprogramme (CSPP und PEPP) ausgearbeitet: Sie richtet ihre Ankäufe auf Emittenten mit einer besseren Klimabilanz aus, die anhand des CO2-Fußabdrucks, der Umwelt und der Dekarbonisierungsziele bewertet werden.
Wie lassen sich ESG-Risiken verringern und solide finanzielle Ergebnisse auf den Anleihenmärkten erzielen?
Unserer Einschätzung nach ist es unabdingbar, Strategien zu entwickeln, die sowohl zur Minimierung von ESG-Risiken als auch zur Schaffung überzeugender finanzieller Ergebnisse auf den Kreditmärkten beitragen. Diese Strategien sollten drei Punkte berücksichtigen:
- Bei der Zusammenstellung des Anlageuniversums sollten bei der Auswahl der Emittenten die ESG-Risiken im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit und dem Verhalten gegenüber den Stakeholdern berücksichtigt werden. In dieser Phase ist es von entscheidender Bedeutung, die bestehenden Chancen rund um die Themen zu nutzen, die die Welt von morgen prägen werden: Klimawandel, Ressourcenverknappung, Demografie und die Unerlässlichkeit einer soliden Unternehmensführung. Zu diesem Zweck ist es wichtig, sich auf spezialisierte und erfahrene ESG-Analysten verlassen zu können, die mit Screening- und quantitativen Instrumenten arbeiten, um qualitative Aussagen über Anleihenemittenten zu treffen.
- Der Investitionsansatz sollte sich auf das Management des Übergangsrisikos konzentrieren und die Auswirkungen des Portfolios auf die Umwelt berücksichtigen. Ein nachhaltiger Ansatz sollte auf eine Verringerung des Risikos des CO2-Fußabdrucks des Portfolios abzielen.
- Vernünftig bewertete ESG-Anleihen sollten Teil des Portfolios sein. Insbesondere grüne Anleihen, deren Zweck die Finanzierung von Projekten mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt ist, spielen eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung von Anleihenemittenten bei ihren Übergangsverpflichtungen zu den Netto-Null-Zielen. Die betreffenden Anleihen sind ein hilfreiches Instrument für Investoren, die die nachhaltige Wirkung ihrer Investitionen erhöhen wollen.
Strategien, die gut positioniert ist, um vom aktuellen Umfeld zu profitieren
In unseren nachhaltigen Anleihenstrategien sind wir entsprechend positioniert, um von den aktuellen Möglichkeiten an den Kreditmärkten zu profitieren.
Die betreffenden Fonds werden aktiv verwaltet. Wir sind am unteren Ende der Zinskurve (3 bis 5 Jahre) positioniert, bleiben aber in den langen Laufzeiten aktiv, die durch die Duration abgesichert sind und sich gut entwickeln können, wenn es zu großen Bewegungen bei den Zinssätzen der Staaten kommt.
Im Einklang mit unserer Überzeugung von einem aktiven Management verwalten wir kontinuierlich die Duration des Portfolios. Zu diesem Zweck beobachten wir sorgfältig die makroökonomischen Bedingungen und erhalten wichtigen Input von unseren internen Wirtschaftsexperten und unserem globalen Anleihenteam. Wir haben die Möglichkeit, die Duration taktisch zu erhöhen.
Wir meiden Sektoren mit hohem ESG-Risiko, wie Öl und Gas sowie fossile Energieversorger, und richten unsere an Investment-Grade-Bewertungen ausgerichteten nachhaltigen Ansätze so aus, dass sie die Einstufung als Artikel 9-Fonds gemäß SFDR erhalten.