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Ex-Hedgefondsmanager Florian Homm „Nur ein Ecstasy-Junkie sieht noch Chancen des Entkommens“

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Etwas stimmt nicht in unserem Finanzsystem. Wie kommen wir da wieder raus?

Vergessen Sie die Idee, da rauszukommen. Sauber gerechnet liegen in den USA die adjustierte Staats- und Privatverschuldung bei über einer Million Dollar pro Familie. Drei Arbeitnehmer sollen einen Rentner beziehungsweise Pflegefall in Deutschland durchfüttern. Die Japaner geben seit zirka sieben Jahren doppelt so viel aus wie ihre Steuereinnahmen. Die chinesische Verschuldung zur Wirtschaftsleistung ist bald doppelt so hoch wie die Griechenlands. Nur ein Ecstasy-Junkie sieht hier noch Chancen des Entkommens.

Hat die Europäische Zentralbank mit ihren expansiven finanzpolitischen Maßnahmen nicht schon längst ihre Glaubwürdigkeit verloren?

Bei einer EZB-Bilanz, die der von Lehman Brothers vor der großen Pleite entspricht, sollte das so sein. Nur im Markt glauben Teilnehmer an die Allmacht der Zentralbanken. Die Schulden der globalen Zentralbanken entsprechen knapp 40 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Bei 50 Prozent
ging Argentinien pleite. Die Verachtfachung der Zentralbankverschuldung, nur in den USA, seit 2009 ist ein deutliches Alarmsignal. Langsam geht der Spielraum der Zentralbanken zu Ende. Teil unserer Baisse-These ist, dass das Vertrau- en immer mehr schwindet, nicht anders als unter der Weimarer Republik. Das braucht halt seine Zeit.

Was muss nun geschehen?

Dazu ist es zu spät, auch aus demografischen Gründen. Bei sauber konsolidierten Finanzverbindlichkeiten in den USA von 80 bis 200 Billionen (offiziell liegt die Verschuldung bei 20 Billionen) und einem US-GAAP-Haushaltsdefizit von zirka 4 Billionen (gegenüber zirka 400 Milliarden) kann man die Krise verzögern, mehr nicht. Eine Einführung einer nationalen amerikanischen Umsatzsteuer, eine radikale Reformation des Gesundheitswesen, Steuererhöhungen für Reiche und tiefe Einschnitte im Pensionssystem werden der Geldadel, der Deep State, Lobbyisten und Politiker nicht zulassen. Die Krise ist somit vorprogrammiert und unausweichlich.

Sprechen wir über die Finanzmarkttrends der nächsten fünf Jahre: Welches Hauptszenario sehen Sie? Wie wird demnach die Welt 2020 aussehen?

In Europa: zunehmend griechische Verhältnisse. Wachstum im rechten und linken politischen Flügel. Im Frühherbst haut in den USA die Schuldengrenze rein und in Teilbereichen wird die Regierung zahlungsunfähig.

Sollte man zum jetzigen Zeitpunkt bei historischen Niedrigzinsen und gleichzeitig historischen Höchstpreisen bei Immobilien noch in den Markt einsteigen?

Jein! Seit Jahren arbeitet der Geldadel extrem profitabel mit dem Rohstoff Geld zu null Zinsen, mit Renditen zwischen 20 und 100 Prozent. Das sind die sogenannten Carry-Trade-Geschäfte, die ich in diesem Zusammenhang aus Zeitgründen nicht weiter erläutere. Aber, wenn Zins und Tilgung deutlich unter den Mietkosten liegen und man die Zinsen auf 20 Jahre festschreiben kann – warum nicht? Wichtig ist, dass der Kreditnehmer einen antifragilen, nichtzyklischen Job hat. Nullachtfünfzehn-Immobilien zu sehr teuren Preisen. No!

Viel Geld verdienen war für Sie wie ein Leistungssport. Woher kam das und wen wollten Sie damit am meisten beeindrucken?

Mich selbst. Job, Sport, Kohle, diplomatischer Dienst, Autor. Was ich mache, möchte ich richtig machen. Jetzt arbeite ich sinnvoller, für die bessere Seite, also nicht mehr für Mammon, sondern für Jesus und Maria, aber mit der ähnlichen Intensität.

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