

Die Kostenspirale in der Kfz-Versicherung dreht sich immer weiter: Explodierende Ersatzteilpreise, teure Werkstattarbeiten und häufigere Unwetterschäden setzen die Branche massiv unter Druck. Während die Beiträge bereits deutlich gestiegen sind, schreiben viele Anbieter weiterhin rote Zahlen – besonders in der Vollkaskoversicherung.
Prämienschock ist noch längst nicht vorbei
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatte bereits für 2025 vor weiter steigenden Schäden gewarnt. Gleichzeitig mahnt die Finanzaufsicht Bafin eine angemessene Berücksichtigung der Schadeninflation in der Prämienkalkulation an. Für Autofahrer bedeutet das: Der Prämienschock ist noch längst nicht vorbei.
DAS INVESTMENT hat bei führenden Kfz-Versicherern nachgefragt, wie sie mit den aktuellen Herausforderungen umgehen. Von der Kostensteigerung bei Ersatzteilen über die lang ersehnte Reparaturklausel bis hin zu regional differenzierten Tarifen – die Antworten zeigen, wo die Branche steht und welche Strategien die Unternehmen verfolgen.
Die sieben brennendsten Fragen der Branche:
- Wie wirken sich explodierende Ersatzteil- und Werkstattkosten auf die Schadenbilanz aus?
- Welche Erwartungen haben Versicherer an die Reparaturklausel ab 2045?
- Wie stark müssen die Beiträge noch steigen, um wieder profitabel zu werden?
- Welche Maßnahmen planen die Anbieter für die defizitäre Vollkaskoversicherung?
- Wie stark beeinflussen Naturereignisse die Kalkulation?
- Wie setzen die Versicherer die Bafin-Vorgaben um?
- Welche Strategien verfolgen sie gegen die Abwanderung der Kunden?
Die Antworten der Versicherer finden Sie in unserer Bildstrecke.
1. Wie wirken sich die weiterhin stark steigenden Preise für Ersatzteile und Werkstattarbeiten konkret auf Ihre Schadenbilanz aus? Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um diese Kostensteigerungen abzufedern?
HDI: Der inflationären Entwicklung bei den Preisen für Ersatzteile und Werkstattverrechnungssätzen versuchen wir als nachhaltiger Versicherer unter anderem mit dem Thema „Instandsetzung vor Erneuerung“ entgegenzuwirken. Weiterhin planen wir, die Zusammenarbeit mit Partnerwerkstätten weiter auszubauen, um unseren Kunden im Falle eines Kasko-Schadens oder auch geschädigten Dritten einen attraktiven Reparaturservice zu bieten. Beide Maßnahmen können dabei helfen, die steigenden Ersatzteilkosten abzumildern.
2. Welche Erwartungen haben Sie an die langfristige Wirkung der Reparaturklausel, die erst ab 2045 vollen Wettbewerb auf dem Ersatzteilmarkt ermöglichen soll?
Die Klausel wird in Zukunft dazu beitragen, dass durch mehr Wettbewerb die Preise für Ersatzteile gedämpft werden. Bis dahin wird es in Abhängigkeit zu weiteren Faktoren, wie zum Beispiel steigende Arbeitslöhne und Energiekosten, wahrscheinlich auch zu weiteren Preissteigerungen bei Ersatzteilen kommen. Ein Ende der inflationären Entwicklung bei den Preisen für Ersatzteile und Werkstattverrechnungssätzen ist derzeit nicht in Sicht.
3. Die Prämien sind bereits deutlich gestiegen, dennoch schreiben viele Anbieter Verluste. Welche weiteren Beitragserhöhungen halten Sie in den nächsten Jahren für unvermeidlich, um wieder profitabel zu werden?
Ob und welche Beitragserhöhungen in den nächsten Jahren noch notwendig sein werden, lässt sich heute noch nicht sagen.
4. Gerade in der Vollkaskoversicherung übersteigen die Ausgaben weiterhin die Beitragseinnahmen. Planen Sie spezielle Maßnahmen oder Produktanpassungen, um hier die Wirtschaftlichkeit wiederherzustellen?
Neben der Förderung der Einsteuerung in unsere Partnerwerkstätten werden wir die Attraktivität bei der Auswahl höherer Selbstbeteiligungen erhöhen.
5. Wie stark beeinflussen Naturereignisse wie Hagel oder Überschwemmungen Ihre Kalkulation für die kommenden Jahre? Gibt es Pläne, die Prämien regional oder risikobasiert stärker zu differenzieren?
Über die Regionalklasse in der Kfz-Versicherung werden die Beiträge bereits differenziert. Eine weitere Notwendigkeit der Differenzierung sehen wir aktuell nicht.
6. Die Bafin fordert eine angemessene Berücksichtigung der Schadeninflation bei der Prämienkalkulation. Wie setzen Sie diese Vorgaben konkret um und wie kommunizieren Sie dies gegenüber Ihren Kunden?
Wir kalkulieren unsere Tarife weiterhin nach den bewährten aktuariellen Grundsätzen und berücksichtigen dabei die aktuellen Entwicklungen ebenso wie die Einschätzung der Bafin.
7. Ich habe kürzlich von einem Brancheninsider den Hinweis bekommen, dass viele Kfz-Versicherer ihre Neugeschäftstarife aktuell deutlich erhöhen, um einer „Flucht in die Tarifumstellung“ vorzubeugen. Können Sie das bestätigen? Welche Strategien verfolgen Sie, um Kunden trotz steigender Prämien zu halten?
Unsere Kunden schätzen unseren Service und unsere leistungsstarken Produkte. Außerdem steht unser Vertrieb den Kunden mit Rat und Tat zur Seite, um im Bedarfsfall prämienoptimierende Anpassungen zum Vertrag identifizieren zu können. Zu nennen sind hier zum Beispiel die Reduzierung der jährlichen Fahrleistung oder die Vereinbarung einer höheren Selbstbeteiligung. Grundsätzlich stoßen wir aber auch bei vielen unserer Kunden auf Verständnis für die Notwendigkeit von Prämienerhöhungen.