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Privathaftpflicht der Hanse Merkur: Verbessert reicht hier nicht

Die Hanse Merkur hat ihre Privathaftpflichtversicherung modernisiert. Die Pressemitteilung verspricht nicht weniger als „einen neuen Maßstab für Haftpflichtversicherungen“ und nennt den Tarif „zukunftssicher“ und „leistungsstark“. Sind solche Versprechen das PDF wert, in dem sie gedruckt werden? Dafür habe ich mir knapp 100 Seiten an Bedingungen und Produktinformationen genauer angeschaut.
Das Tarifmodell
Die Hanse Merkur bietet drei Tarifvarianten: „Komfort“, „Premium“ und „Premium Plus“. Die schon immer unvermittelbare Variante „Basis“ hat zum Glück ausgedient. Aber auch „Komfort“ bietet nur einen sehr rudimentären Schutz. Die Unterschiede in den Beiträgen sind wiederum zu klein, um den „Premium“-Tarif ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Besser man greift gleich zum „Premium Plus“ – alles andere lohnt sich weder preislich noch inhaltlich.
Unnötig komplex wird es bei der Einteilung der Tarifgruppen: Single, Paar, mit Kind, ohne Kind – insgesamt vier Varianten, die sich psychologisch wie rechnerisch eher als Stolperstein denn als Fortschritt erweisen. Der Unterschied zwischen „Single mit Kind“ und „Paar mit Kind“ liegt bei wenigen Prozentpunkten beziehungsweise knapp sechs Euro. Dafür wird ein Partner oder Kind als „Gefahrenerhöhung“ gewertet – das ist zwar nicht falsch, aber wenig charmant. Zwei Gruppen hätten aus meiner Sicht gereicht – „Single/alleine“ und „Familie/gemeinsam“.
Antrag: moderne Onlinestrecke, aber mit Fallstricken

Die Antragsstrecke ist grundsätzlich gut gestaltet. Beim Alter winkt ab 55 Jahren ein Rabatt von fast 10 Prozent. Dafür gilt aber eine Unversicherbarkeit ab 100 Jahren. Eine Ersparnis von 10 Prozent bei einer Selbstbeteiligung von 150 Euro rechnet sich nicht. Dafür erhöht ein Vorschaden in den vergangenen fünf Jahren den Beitrag direkt um 50 Prozent, ein zweiter um 100 Prozent. Mehr wäre unversicherbar. Für hiervon Betroffene kommt das Produkt somit eigentlich nicht mehr in Frage.
Die Berufsabfrage ist zu umständlich gelöst, vor allem weil sie nur dazu dient, die mit Mehrkosten verbundene Diensthaftpflicht zu klären. Voreingestellt sind Dreijahresverträge, die bei der Prämie allerdings keinen finanziellen Vorteil für Kunden mit sich bringen.
Die Best-Leistungs-Garantie
Was das Bedingungswerk angeht, könnte man sich richtig austoben. Für den besten Tarif gäbe es knapp 50 diskutable Besonderheiten. Der wichtigste Punkt ist die vom Anbieter besonders herausgehobene Best-Leistungs-Garantie, die nur im Top-Tarif inkludiert ist. Im Produktflyer heißt es dazu: „Anpassung Versicherungsschutz im Schadenfall, falls ein Versicherer am deutschen Markt Schutz in höherem Umfang bietet.“ In der Theorie könnte das bedeuten: Wenn es woanders etwas Besseres gibt, zieht die Hanse Merkur mit. So dürften es Kunden und viele Vermittler auch verstehen. Allerdings gibt es starke Einschränkungen, die das schöne Versprechen stark relativieren:
- Nur frei zugängliche Konkurrenztarife zählen. Vema-, Pool- oder Rahmenverträge bleiben außen vor
- Versicherungspflichtige Fahrzeuge sind komplett ausgeschlossen. Das gilt auch zum Beispiel E-Scooter, Drohnen oder Aufsitzrasenmäher
- Kein erweiterter versicherter Personenkreis
- Keine Zusatzbeiträge erlaubt. . Egal ob bei der Hanse Merkur oder dem Konkurrenztarif. Damit zum Beispiel keine Diensthaftpflicht-Erweiterung
- Der Nachweis muss selbst erbracht werden.
Letzteres wird vom Rechercheaufwand regelmäßig unterschätzt. Wer die Garantie nutzen will, braucht eigentlich direkt einen Experten an seiner Seite. Für Ausschließlichkeitskunden ohne Unterstützung dürfte es schwierig bis unmöglich werden.
Gute und schlechte Leistungen
Was mir besonders gut gefällt ist, dass die Versicherungssumme von 50 Millionen Euro auch für viele Unterbereiche gilt, zum Beispiel bei Schlüsselverlust, das ist extrem selten. Was überhaupt nicht mehr geht, ist der Ausschuss innerhalb von Allmählichkeitsschäden für Schimmelbildung, die oft relevant sind und schnell teuer werden können.
Ansonsten werden viele grundsätzlich gute Leistungsversprechen in den Bedingungen relativiert:
- Ehrenamt versichert: Ja, aber zum Beispiel ohne freiwillige Feuerwehr
- Wildtiere: Nur unter bestimmtem Bedingungen und „Einfangen“ zum Beispiel nur für Kleintiere und maximal bis 5.000 Euro
- Schlüsselverlust: Nur gesetzliche Haftung, Folgeschäden nur privat und auf 5.000 Euro gedeckelt
- Bauherrenhaftpflicht: Hängt von der Adresse ab, teilweise auf 500.000 Euro limitiert oder auf Eigenleistungen bis 150.000 Euro
- Bewegliche Mietsachen: Viele Besonderheiten, komplizierte doppelte Verneinungen in Bedingungen
- Nebentätigkeiten bis zu einem Gesamtumsatz von 22.000 Euro: Nur bestimmte Berufe und Gewerbe. Es gibt eine abschließende und vor allem kleine Liste. Dazu eine eingeschränkte Deckung. Das dürfte oft übersehen werden.
Wie das Produkt in Vergleichsportalen abschneidet
Bei einem bekannten Vergleichsportal erhält die Hanse Merkur für diesen Tarif die Bestnote 1,0. Aber Achtung: Diese Bewertung bekommen derzeit 16 Tarife, viele davon mit eklatanten Lücken. Zudem sind die Tarifwerke total unterschiedlich – die gleiche Note täuscht. Verkaufsportale werten, was leicht messbar ist. Komplexe Bedingungstexte fallen durch. Diese Noten sagen demnach nichts über die echte Qualität aus. Wer dagegen relativ im Marktvergleich wertet– wie wohl alle Makler – wird sich wahrscheinlich nicht für die Hanse Merkur entscheiden.
Das Fazit: Pflicht erfüllt, Kür verpasst
Der große Wurf ist es nicht. Die Privathaftpflichtversicherung ist die wichtigste freiwillige Absicherung und könnte Innovationen gebrauchen. Leider gibt es bei diesem Produkt meist nur Mittelmaß, das auch im Vergleich zur Konkurrenz nicht günstiger ist. Die Hanse Merkur hat sich verbessert – keine Frage. Wer dort bereits Kunde ist oder keine anderen Optionen hat, bekommt jetzt einen Tarif, der in weiten Teilen konkurrenzfähig ist. Für Makler und informierte Kunden jedoch ist klar, dass es deutlich bessere Tarife auf dem Markt gibt.
Über den Autor:
Florian D. Schulz ist seit 1999 in der Finanzbranche. Er ist unter anderem Inhaber von Finanzmakler F. Schulz & Team. Mit seinen Mitarbeitern hat er sich früh auf Gewerbe, Industrie & Verbände spezialisiert. Als Experte für Gruppen- und Rahmenverträge ist die Privathaftpflicht im Belegschaftsgeschäft eine wichtige Sparte. Schulz engagiert sich in diversen Vermittlerverbänden, arbeitet als Trainer und Dozent für Fach- und Betriebswirte und auf Firmenveranstaltungen. Er betreibt den privaten Podcast „#FragFinanzFlorian“.