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Expertin von Robeco Corona-Krise stellt Menschenrechte auf den Prüfstand

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Zensur und Verbreitung falscher Informationen

IT- und Telekommunikationsunternehmen sehen sich überall auf der Welt zunehmend mit Anordnungen von Regierungen konfrontiert, die den Zugang zu ihren Diensten einschränken und Netzwerke stören wollen. Solche Störungen haben Einschränkungen des international anerkannten Rechts auf freie Meinungsäußerung, die Unterbindung des Zugangs zu Notfalldiensten, Zahlungsverkehrs- und Gesundheitsleistungen sowie die Beschränkung von Kontakten zu Familienmitgliedern und Freunden zur Folge.

In einigen Fällen sind solche Anordnungen mit einem zusätzlichen Risiko von Menschenrechtsverletzungen verbunden, wenn dadurch im Vorfeld von Wahlen der freie Informationsfluss behindert wird oder wenn die Anordnungen auf bestimmte Regionen, Bezirke oder ethnische Gruppen abzielen. In der jetzigen Krise erleben wir, dass die Behörden in China, im Iran und sogar in den USA versuchen, von Journalisten und Gesundheitsexperten in den sozialen Medien verbreitete Informationen zu kontrollieren.

Wir erleben aber auch, dass sehr viele falsche Informationen verbreitet werden. Hierzu zählt beispielsweise der Ratschlag, man könne durch Luftanhalten eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus überprüfen, oder die Empfehlung verschiedenster Medikamente, die als Lösung für die Pandemie angepriesen werden. Als Reaktion hierauf verweisen große Plattformen wie Facebook, Google und Twitter Verbraucher auf verlässliche Informationsquellen wie die Gesundheitsbehörden.

Was können Unternehmen tun?

Wenn ein digitaler Regulierungsrahmen für Menschenrechte fehlt, entstehen Risiken für die Unternehmen, in die wir investieren. Den Datenschutz, die Cybersicherheit und gesellschaftliche Auswirkungen von KI betreffende Risiken können sich sehr nachteilig auf ihr Geschäft auswirken. Daher können sich Unternehmen durch einen vorbildlichen Umgang mit diesen Themen von anderen abheben.

Im Rahmen unseres auf Fundamentaldaten beruhenden Investmentprozesses analysieren wir deshalb systematisch, wie Unternehmen mit diesen Themen umgehen. Um die diesbezüglichen Risiken zu bewerten, untersuchen wir nicht nur die Stärke der redaktionellen und die Informationssicherheit betreffenden Richtlinien der Gesellschaften, sondern auch die Vorgehensweise und Ergebnisse, wenn es um Verstöße und Bußgelder geht. Manche Unternehmen handeln in Bezug auf diese Ergebnisse auch transparenter als andere.

Wir verbinden diese Analyse mit anderen wesentlichen Aspekten wie der Unternehmensführung und der Personalpolitik, um die Auswirkungen auf die Werttreiber von Unternehmen in diesen Sektoren zu beurteilen. Risiken in Bezug auf den Datenschutz und die Cybersicherheit sowie gesellschaftliche Risiken mit Blick auf KI lassen sich hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Umsatzerlöse und Kostenfaktoren oft nur schwer quantifizieren. Auf Basis unserer Analyse passen wir daher in erster Linie unsere Zahl für die Kapitalkosten eines Unternehmens an, um einen Schätzwert für Reputationsrisiken, rechtliche und geschäftliche Risiken zu bekommen.

Die Spitze des Eisbergs

Bei unserer Investmentanalyse und unserer aktiven Einflussnahme auf Unternehmen konzentrieren wir uns auf unmittelbar bevorstehende Risiken und Herausforderungen wie Diskriminierung oder Datenschutzverstöße infolge des Aufbaus von Algorithmen. Wir schauen auch auf die Effektivität der Unternehmensführung in Bezug auf digitale Menschenrechte und ihre Auswirkungen auf das Humankapital, aber auch auf die Chancen, die KI bietet. Alle diese Aspekte sind für den finanziellen Erfolg eines Unternehmens von wesentlicher Bedeutung.

Wir bitten Unternehmen, entsprechende Kenntnisse auf Vorstandsebene zu erwerben und belastbare Richtlinien und Prozesse festzulegen, die in unserer zunehmend digitalisierten Welt für die Einhaltung von Menschenrechten sorgen. Wir bitten sie auch um Transparenz, wenn Probleme oder Verstöße festgestellt werden. Um keine Zweifel aufkommen zu lassen: Natürlich ist eine App, die helfen könnte, Covid-19-Fälle aufzuspüren und die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, eine gute Idee. Ihr Erfolg hängt aber davon ab, wie gut die Menschenrechte geschützt werden.

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