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EZB hebt Zinsen erneut an – das sagen Finanzprofis

Ifo-Präsident Clemens Fuest:
„Die Zinserhöhung der EZB ist gut begründet. Die Inflation bleibt trotz der konjunkturellen Abkühlung hoch. Für das Jahr 2024 hat die EZB ihre Inflationsprognose erhöht, vor diesem Hintergrund ist die Zinserhöhung folgerichtig. Für Deutschland ist die Zinserhöhung angesichts der Schrumpfung der Wirtschaft schmerzhaft. Die EZB macht aber Geldpolitik nicht nur für Deutschland, sondern für den Euroraum insgesamt.“
Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank:
„Die zehnte Zinserhöhung seit Juli 2022 kommt etwas überraschend, zumal die EZB ihre Prognose für die Kernrateninflation und den Konjunkturausblick in diesem und den kommenden beiden Jahren nach unten revidiert hat. Das kann nur als Erfolg des Falken-Lagers verstanden werden, das auf einen weiteren Sicherheits-Zinsschritt im Kampf gegen die zu hohe Inflation gedrungen haben dürfte. Für die Glaubwürdigkeit der EZB-Politik in schwierigen Zeiten ist das sicherlich ein gutes Signal. Damit wird die heutige Zinserhöhung aber auch die vorerst letzte gewesen sein.“
Eckhard Schulte, Vorstandsvorsitzender von Mainsky Asset Management:
„Trotz sich weiter abschwächender Wirtschaftsdaten und fallender Inflation hat die Europäische Zentralbank den Leitzins heute zum zehnten Mal in Folge angehoben. Auch wenn sie damit auf der einen Seite alle Forderungen aus verschiedenen Richtungen nach einer Zinspause ignoriert hat, war die nun bekundete, neutrale Haltung auf dem aktuellen Zinsniveau sicherlich die bessere Alternative zu einem Stillhalten mit der entsprechenden Erhöhungsperspektive vor den nächsten Sitzungen. 'Auf Grundlage seiner aktuellen Beurteilung ist der EZB-Rat der Auffassung, dass die Leitzinsen ein Niveau erreicht haben, das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird.' Damit ist klar, dass dies die letzte Zinserhöhung im Zyklus war. Dies gilt umso mehr, da die EZB die Wachstumsprognosen noch einmal deutlich gesenkt hat. So geht die Notenbank für das kommende Jahr nur noch von einem Wachstum von einem Prozent aus, statt 1,5 Prozent noch bei der letzten Projektion. Die kurzfristige Erleichterung am Markt über das verkündete Ende des Zinserhöhungszyklus darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich durch diesen Schritt zweifelsohne die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen weiter verschlechtern. Die äußerst restriktive Geldpolitik in der Eurozone in Kombination mit den wieder anziehenden Energiepreisen stellt die europäische Wirtschaft vor enorme Probleme und sorgt für ein weiteres Auseinanderdriften gerade im Vergleich zu der positiven Entwicklung in den USA. Der Euro dürfte in den kommenden Wochen unter Druck bleiben.“
Patrick Barbe, Leiter European Investment Grade Fixed Income bei Neuberger Berman:
„Die EZB ist der Meinung, dass der Leitzins ein ausreichendes Niveau hat, um die Inflation zuverlässig auf ihr Ziel von 2 Prozent zu drücken – vorausgesetzt, dass sie dieses hohe Niveau lange genug beibehält. Die niedrigeren mittelfristigen Inflationsprognosen der EZB dürften darüber hinaus dazu führen, dass sich die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe bei 2,5 Prozent stabilisiert. Erste Zinssenkungen dürften erst im kommenden Frühjahr in Frage kommen.“
Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust:
„Die EZB lässt mit der zehnten Zinserhöhung keine Zweifel an ihrer Entschlossenheit bei der Inflationsbekämpfung. Trotz der aktuell stockenden Konjunktur und eines wenig erfreulichen Ausblicks ist die Straffung angesichts einer äußerst hartnäckigen Inflation gut begründet. Kräftige Lohnerhöhungen und Energiepreissteigerungen sind derzeit die wichtigsten Treiber der Inflation. Ein Verzicht auf die Zinsanhebung, eine Pause, hätte die Zinserhöhungserwartungen angesichts des noch hohen Inflationstempos lediglich auf die nächste Sitzung verschoben. Da wäre nicht viel gewonnen gewesen. Nun kann sich die EZB die Zeit nehmen, um die Auswirkungen ihrer Politik auf die Gesamtwirtschaft und die Geldentwertung in den nächsten Monaten zu analysieren. Da zu erwarten ist, dass die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Monaten schwach bleibt und die Arbeitsmärkte in der Währungsunion auf die bisherigen Zinssteigerungen mit geringerem Beschäftigungsaufbau reagieren, dürfte die zehnte auch die letzte Zinserhöhung in diesem Zyklus gewesen sein.“
ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann:
„Die hartnäckig hohe Kerninflation und die viel zu stark steigenden Preise für Dienstleistungen hat den Anhängern einer weiteren Zinserhöhung jetzt im EZB-Rat noch einmal die Mehrheit verschafft. Diese Entschlossenheit in der Inflationsbekämpfung ist vor allem ein Signal an die Lohnpolitik: Tarifverhandlungen sollen sich darauf verlassen können, dass spätestens 2025 die Rückkehr zur Preisstabilität gelingt und die Löhne keine Aufschläge für zukünftige Inflation benötigen. Die EZB betreibt mit ihren Entschlüssen Erwartungsmanagement, das heutige Signal ist wichtig und wertvoll.“