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Anlageexperten zum EZB-Entscheid „EZB will hohe Inflation aussitzen“

Christine Lagarde
Christine Lagarde: Die EZB-Präsidentin hat auf einer Pressekonferenz am Donnerstag den aktuellen Kurs der Euro-Währungshüter noch einmal bekräftigt. | Foto: imago images / Xinhua

Im Ostend nichts Neues, könnte das offizielle Ergebnis der jüngsten EZB-Ratssitzung heißen. An diesem Donnerstag haben die Ratsmitglieder der Europäischen Zentralbank, ansässig im Frankfurter Osten, ihren geldpolitischen Kurs noch einmal bekräftigt: Die Zinsen bleiben auf bisherigem Niveau – der Leitzins weiter bei null Prozent, Übernachtkredite kosten minus 0,25 Prozent und für Geldeinlagen bei der EZB müssen Banken 0,5 Prozent Strafzinsen berappen.

Die Nettokäufe-Anleihekäufe im Rahmen des langfristig angelegten Programms APP sollen im bisherigen Umfang von monatlich 20 Milliarden Euro fortgesetzt werden – so lange, „wie dies für die Verstärkung der akkommodierenden Wirkung seiner Leitzinsen erforderlich ist“, teilt der EZB-Rat mit.

Neue Informationen zum Pandemie-Kaufprogramm PEPP – ob also die Krisen-Anleihekäufe im März 2022 auslaufen oder weiter fortgeführt werden soll – ließen die Ratsvertreter nicht durchblicken. Man wolle so lange in Anleihen investieren, bis die wirtschaftlichen Schwierigkeiten infolge der Corona-Krise nach eigener Einschätzung überstanden seien, heißt es von der EZB. Genaueres soll auf der Dezember-Sitzung entschieden werden.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde äußerte sich auch zur deutlich angezogenen Inflation im Euroraum. Diese sei Ergebnis von Angebotsengpässen, gestiegenen Energiepreisen und Basiseffekten wie etwa der Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland. Man rechne mit einer kurzfristig noch steigenden Geldentwertung, im kommenden Jahr dann allerdings wieder mit ihrem Rückgang, so die Notenbank-Präsidentin.

Dem Thema Inflation galt auch das Hauptaugenmerk der Kommentatoren, die im Anschluss an die Sitzung die Ergebnisse kommentierten.

„Märkte erwarten mehr Tatendrang“

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„Obwohl der Rat eingestehen muss, dass die Inflationsraten noch weiter steigen und sich nächstes Jahr langsamer zurückbilden dürften als ursprünglich angenommen, geht die Zentralbank mittelfristig wieder von Inflationsraten unterhalb der Zielmarke aus“, fasst Johannes Müller, Leiter Macro-Research bei DWS, zusammen.

„Daher betonte Lagarde auch, dass die Markterwartungen für eine Zinsanhebung bereits im nächsten Jahr nicht im Einklang mit der EZB Forward Guidance stünden. Die EZB bleibt damit auf Kurs, was sich mit unseren Erwartungen und denen der meisten Analysten deckt. Die Märkte erwarten derzeit jedoch mehr Tatendrang der Zentralbank, wobei sie sich unseres Erachtens aber vielleicht zu sehr von den Entscheidungen der anderen Zentralbanken haben leiten lassen.“

„EZB will hohe Inflation aussitzen“

Johannes Mayr

Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz, meint: „In den kommenden Monaten wird die EZB mit Blick auf die Inflationsrisiken unter Druck bleiben. Der Anstieg der deutschen Inflationsrate auf 4,5 Prozent im Oktober signalisiert, dass die von der EZB diskutierten Treiber zunächst noch an Stärke gewinnen könnten. Die Notenbank benötigt also einen langen Atem, um durch diese Phase zu kommen. Gleichzeitig birgt das Festhalten am Narrativ des temporären Charakters das Risiko im Fall von stärker steigender Lohndynamik oder weiter steigenden Inflationserwartungen hinter die Kurve zu fallen. Für die Finanzmärkte überwiegen zunächst aber die positiven Effekte von anhaltend niedrigen Realzinsen.“