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Dezember-Zinssitzung EZB erwartet milde Rezession von kurzer Dauer

EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei der Pressekonferenz zur EZB-Dezember-Sitzung in Frankfurt/M.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei der Pressekonferenz zur EZB-Dezember-Sitzung in Frankfurt/M.: Der jüngste Zinsentscheid war mit einer Anhebung um 50 Basispunkte eindeutig von den Falken geprägt. | Foto: Imago Images / Panama Pictures
Konstantin Veit

Die Europäische Zentralbank hat auf ihrer Dezember-Sitzung den Zinssatz um weitere 50 Basispunkte auf 2 Prozent angehoben und damit ihren Leitzins an das obere Ende der Konsensschätzungen für eine neutrale Konfiguration für den Euroraum gebracht, die zwischen 1,25 und 2 Prozent rangieren.

Die EZB machte deutlich, dass sie mit einer deutlichen Anhebung der Zinssätze bis in den restriktiven Bereich hinein rechnet, um einen Rückgang der Inflation zum mittelfristigen Ziel von 2 Prozent zu gewährleisten – derzeit liegt die Inflation im Euroraum bei etwa 10 Prozent. Die neuen von Experten des Eurosystems (EZB und europäische Notenbanken) erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen gehen davon aus, dass die Inflation während des gesamten dreijährigen (bis 2025 reichenden) Projektionszeitraums über der von der EZB definierten Preisstabilität liegen dürfte. Ein vom Markt eingepreister Zinsgipfel von 3,25 Prozent erscheint angesichts der immer noch großen Unsicherheit über die Inflationsdynamik und im Vergleich zu anderen wichtigen Industrieländern wie Großbritannien oder den USA daher als wenig überraschend.

Die EZB geht bei ihrer geldpolitischen Straffung sehr behutsam vor. Sie ist bestrebt, eine Situation zu vermeiden, wie sie bei der Bank of England eintrat, als diese ihren Anleihebestand aus geldpolitischen Gründen reduzieren wollte, aber stattdessen aus Gründen der Finanzstabilität ungewollt Anleihen erwerben musste.

Die wichtigste Auswirkung der EZB-Bilanznormalisierung wird eine beträchtlich höhere Emission von Anleihen am Markt sein. Wir erwarten vor diesem Hintergrund, dass sich das Nettoangebot an europäischen Staatsanleihen im Jahr 2023 mehr als verdoppeln wird. Zusammen mit den Maßnahmen zur besseren Kontrolle der Geldmarktsätze und zur Aufrechterhaltung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus dürfte dies zu einer weiteren Lockerung der Sicherheitenknappheit führen und dazu beitragen, dass sich ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen den Preisen für europäische Zins-Swaps und den Preisen für Kernstaatsanleihen einstellt.

Wann wird die EZB die Zinsen nicht mehr anheben?

EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte auf der EZB-Pressekonferenz, dass es keine Leitlinien für die Zinssätze gibt und die EZB weiterhin von Sitzung zu Sitzung entscheiden will, wobei die Inflationsdynamik den künftigen Zinspfad bestimmt. Lagarde machte jedoch auch deutlich, dass die vor der Sitzung vom Markt vermutete Endrate von 3 Prozent nicht als ausreichend restriktiv angesehen wird. Zugleich öffnete sie die Tür für weitere Zinserhöhungen um 50 Basispunkte bei den kommenden geldpolitischen Sitzungen.

 

Angesichts der Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit der Inflationsentwicklung sind wir von Tempo und Umfang der EZB-Zinserhöhungen nach wie vor wenig überzeugt. Den Endzins, den der Markt derzeit einpreist, sehen wir hingegen als plausibel an, insbesondere nach der leicht falkenhaften Haltung auf der Dezembersitzung. Eine weitere Zinserhöhung um 50 Basispunkte auf der nächsten Sitzung im Februar scheint beschlossene Sache zu sein, trotz der vielen Unsicherheiten am Markt.

Wie sieht es mit der Bilanz aus?

Die EZB teilte mit, dass der EZB-Rat die Leitzinsen zwar weiterhin als primäres geldpolitisches Instrument betrachtet. Es erscheine zugleich als ratsam, die Bilanz im Laufe der Zeit maßvoll und vorhersehbar zu normalisieren. Die Zentralbank stellte auch klar, dass die Instrumente zur Sicherung der ordnungsgemäßen Transmission der Geldpolitik – insbesondere die flexiblen Reinvestitionen im Rahmen des Pandemie-Notkaufprogramms und das neue Transmissionsschutzinstrument – weiterhin zur Verfügung stehen werden.

Zwar schloss die EZB den Verkauf von Anleihebeständen nicht aus, doch offenbar will sie sich auf eine allmähliche, geordnete und passive Reduzierung ihrer regelmäßigen Reinvestitionen im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) konzentrieren, eine Strategie, die durch die relativ günstige Laufzeitenstruktur ihres Anleiheportfolios unterstützt wird.

Ab März 2023 sollen die APP-Reinvestitionen bis zum Ende des zweiten Quartals um durchschnittlich 15 Milliarden Euro pro Monat zurückgehen. Das weitere Tempo soll im Laufe der Zeit festgelegt werden. In unserer Basisprognose gehen wir davon aus, dass dieser passive APP-Ablauf mit einem Reinvestitionsplan von 50 Prozent über das zweite Quartal 2023 hinaus fortgesetzt wird. Zum Vergleich: Die EZB-Bilanz beläuft sich derzeit auf rund 8,5 Billionen Euro.

Was ist mit den von Experten erstellten Prognosen?

Die EZB hat auch neue vierteljährliche, in Zusammenarbeit mit Experten des Euroraums erstellte makroökonomische Projektionen veröffentlicht, darunter die ersten Schätzungen für 2025. Für das Jahr 2023 wiesen die Dezember-Projektionen – wenig überraschend – eine deutlich höhere Inflation und ein geringeres Wachstum auf als die Projektionen vom September. Für die Jahre 2024 und 2025 müssen die Projektionen die Auswirkungen der Inflation (etwa auf die Löhne) mit den nun deutlich restriktiveren finanziellen Bedingungen in Einklang bringen, die sich aus der Verringerung der geldpolitischen Unterstützung für die Nachfrage ergeben.

Die EZB räumte ein, dass die Wirtschaft des Euroraums im laufenden und im nächsten Quartal schrumpfen könnte, sie geht aber davon aus, dass eine Rezession relativ mild ausfallen und von kurzer Dauer sein dürfte. Die Wachstumszahlen für 2024 und 2025 gehen im Wesentlichen von einem Wachstum aus, das nahe am Trend des Euroraums liegt.

Die Zahlen für die Kern- und Gesamtinflation 2024 wurden im Vergleich zum September nach oben revidiert und liegen damit solide über dem Zielwert, während die ersten Inflationsprojektionen für 2025 näher am Preisstabilitätsziel der EZB von 2 Prozent liegen. Mit einer Gesamtinflationsrate von 2,3 Prozent und einer Kerninflationsrate von 2,4 Prozent deuten diese Projektionen jedoch darauf hin, dass die EZB im Verlauf ihres derzeitigen Straffungszyklus noch einiges zu tun hat.

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